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[318] Ps. 17, 15.
Herr, vergnüge mit der Welt,
Den, der auf dieselbe hält,
Gieb ihm allen Schatz der Erden,
Hoheit, Wollust, Ehr' und Freud',
Und lass' mir in Schmach und Leid
Nur dafür den Himmel werden;
Denn ich gern hier nichts will sein,
Krieg' ich dort nur Alles ein.
Wer nur dieses Leben sucht,
Ist auch werth nur dessen Frucht;
Hat er nur des Bauches Frommen,
Hat er seine Leibeshüll'
Und ihm gleicher Kinder Füll',
Die nach ihm sein Gut bekommen,
Herr, der läßt dir deine Stern'
Und derselben Reichthum gern.
Ich dagegen finde nicht,
Dem mein Herz ohn' dich verpflicht;
Täglich sterben, ist mein Leben,
Kummer ist mein Trank und Brod
Und mein Gut Beschwer und Noth;
Dieses heißt nach dir mich streben,
Denn was Andre unterdrückt,
Ist, was mich hinauf stets rückt.
Ach, wie fröhlich wird mein Geist,
Wenn er sich der Zeit entreißt
Und in dein unsterblich Leben
Einen Blick verrichten mag,
Wenn ich denk' an jenen Tag,
Da ich hier soll Abschied geben,
Und wie vieler Freuden voll,
Gott, dein Antlitz schauen soll!
[319]
Setzt mich meine Sünde zwar
Gleich den Andern auf die Bahr',
Werd' ich endlich doch erwachen
Und in deinem Heilesrock,
Jesu, wie die schönste Tock'
Wiederum hervor mich machen,
Wenn mich deines Lebens Bild
Mit verjüngter Kraft erfüllt.
Dann wird mir der Unschuld Schein,
Dann, ach, werd' ich satte sein
Von dem Manna, von den Strömen
Deiner Liebe, Gnad' und Güt'.
Liebster Gott, lass' mein Gemüth
Hierher sein' Erquickung nehmen,
Bis ich einmal von der Erd'
Selbst dahin gelangen werd'.
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