Von den vier Jahreszeiten, und erstlich

Siebentes Kapitel.

[375] Vom Frühling.


Es wird dieß ganze Jahr nicht mehr denn Ein Mond seyn, und noch dazu nicht neu. Dieß ist euch nun wohl[375] mächtig leid, euch Andern, die ihr von Gott nichts glaubt, die ihr sein heiligs himmlisch Wort und Die dran halten, steiniget? Geht aber meinthalben an den Galgen: es wird drum doch kein andrer Mond seyn als den uns Gott im Anbeginn der Welt erschaffen, und eben durch dieß seyn theures Wort den Menschen bey Nacht zu Leucht und Führung am Himmel aufgerichtet hat. Daß Gott! damit sag ich noch nicht, daß er der Erd und deren Würmern kein Ab- und Zunahm seines Lichtes, jenachdem er der Sonnen nah oder fern ist, sehn ließ: denn warum? Darum etc. Laßt auch nur hinfort für ihn zu beten ab, daß ihn Gott vor den Wölfen woll hüthen; denn's kommt ihm heuer doch keiner zu nah, da steh ich für. Zur Sach also: in dieser Jahreszeit werdet ihr noch einmal so viel Blumen sehn als in den drey andern zusamengenommen, und man wird Den keinen Narren schelten, der um die Zeit mehr Thaler, denn Kanker das ganze Jahr in Vorrath legt. Die Greyfen, Stuhl- und Senftenträger auf den hyperboräischen Bergen in Savoyen und Delfinat, wo der Schnee ewig liegen bleibt, werden um diese Jahreszeit kommen, und gar nichts davon inne werden, wenn Avicennä Meinung gilt, der lehrt daß Frühlings Anfang dann wär, wann der Schnee von den Bergen fiel. Glaubts Ueberbringern dieses. Ja, zu meiner Zeit da schrieb man Ver, wenn die Sonn ins erste Viertel des Widders ging. Ists jetzund anders, zahl ich die Straf, und Hand aufs Maul.

Quelle:
Rabelais, Franz: Gargantua und Pantagruel. 2 Bände, München, Leipzig 1911, Band 2, S. 375-376.
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