Scena Quarta.

[28] Resatha. Ichaboth. Ruth.


RESATHA.

Wolt yhr nicht gern hören gute mehre?

ICHABOTH.

Jo / wenn nur was guts verhanden were

Ists nicht etwas von der fraw Susannen?

RESATHA.

Jo / ytzund vor kleiner weil vergangen

Hört ich sie zu yhren meiden sagen

Wie sie ytzund bald nach mittem tage

Sich wolt baden unden in dem garten

Drumb so muss wir vleissig nu drauff warten

Sölch gelegenheit mit nicht versehen

Dann wer weis? wens mer also möcht gschehen

Weil gleich ytzt yhr herr auch nicht verbanden

Sonder / wie yhr wist / ist uberlande

Drumb so künn wir auch so viel dest feiner

Warten yhr / und ist die gfar auch kleiner

ICHABOTH.

Ihr sagt recht / drumb wolln wirs gluck versuchen

Und im garten heymlich uns verkriechen

Ob uns unser sache möcht gelingen

Und das glück uns lust / und freud möcht bringen


Vidua hæc in itinere illis occurrit.


RUTH.

Lieben herrn / hört an mein nötig klage

ICHABOTH.

Ytzund nicht / sparts auff einn andern tage

Dann wir habn auff dissmal nicht der weilen

RUTH.

Ja mein sach wil aber haben eilen

Sonst man mich bringt ytzund umb das meine[29]

RESATHA.

Immer fort / und last sie stehn aleine

RUTH.

Soll ich dan also das mein verlieren?

Herr mein got lass dirs dein aug anrhüren

Siech / wie ich ytzunder werd verkurtzet

Mein gerechte sach wird mir umbgsturtzet

Weil ich keinen schutz von den kan haben

Die mich sollen ytzt vor gwaldt handhaben /


Chorus Secundus.

Diß ist der werlet lauff

Wer vleissig siecht darauff

Der findet wie gewalt

Allzeit das recht behalt


Reichtumb wird fur gezückt

Armut gar unterdrückt

Wer nicht hat gut und hab

Musz allzeit sein schabab


Gunst gilt bey yederman

Wer diser viel kan han

Der hat ein gwunnen spiel

Unrecht schadt yhm nicht viel


Freundschafft und groß geschlecht

Macht vieln yhr sach gerecht

Ist einr ein schlechter man

Offt muß er unrecht han


Widwen und arme kindt

Allnthalbn verlassen sindt

Fur sündt man das nicht richt

Wenn yhn gleich unrecht gschicht


Proportio.

[30] Wie wol nu aber ist das glück

Der armen hie auff erden

Das man sie bschwer / und unterdrück

So wirdts doch anders werden

Denn got sich yhrer not nimt an

So sie zu yhm vertrawen han

Er hats yhn gwiß versprochen

So yemands yhn ein leyd zufürt

Sein aug yhm wirdt damit berürt

Es bleibt nicht ungerochen


Darumb getrost und wacker seit

Die yhr hie werd geplaget

Eur leid sol kürtzlich werdn zur freud

Wenn yhr das creutz nur traget

Gedültig und mit sanfftem mut

Nur got eur sach bevelen thut

Der wils zum besten wenden

Wenn er ersiecht die rechte zeit

Verzagt nur nicht es ist nicht weit

Er wirdt sein hülff euch senden

Quelle:
Paul Rebhun: Ein Geistlich Spiel von der Gotfürchtigen und keuschen Frauen Susannen. Stuttgart 1967, S. 28-31.
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