[28] Resatha. Ichaboth. Ruth.
RESATHA.
Wolt yhr nicht gern hören gute mehre?
ICHABOTH.
Jo / wenn nur was guts verhanden were
Ists nicht etwas von der fraw Susannen?
RESATHA.
Jo / ytzund vor kleiner weil vergangen
Hört ich sie zu yhren meiden sagen
Wie sie ytzund bald nach mittem tage
Sich wolt baden unden in dem garten
Drumb so muss wir vleissig nu drauff warten
Sölch gelegenheit mit nicht versehen
Dann wer weis? wens mer also möcht gschehen
Weil gleich ytzt yhr herr auch nicht verbanden
Sonder / wie yhr wist / ist uberlande
Drumb so künn wir auch so viel dest feiner
Warten yhr / und ist die gfar auch kleiner
ICHABOTH.
Ihr sagt recht / drumb wolln wirs gluck versuchen
Und im garten heymlich uns verkriechen
Ob uns unser sache möcht gelingen
Und das glück uns lust / und freud möcht bringen
Vidua hæc in itinere illis occurrit.
RUTH.
Lieben herrn / hört an mein nötig klage
ICHABOTH.
Ytzund nicht / sparts auff einn andern tage
Dann wir habn auff dissmal nicht der weilen
RUTH.
Ja mein sach wil aber haben eilen
Sonst man mich bringt ytzund umb das meine[29]
RESATHA.
Immer fort / und last sie stehn aleine
RUTH.
Soll ich dan also das mein verlieren?
Herr mein got lass dirs dein aug anrhüren
Siech / wie ich ytzunder werd verkurtzet
Mein gerechte sach wird mir umbgsturtzet
Weil ich keinen schutz von den kan haben
Die mich sollen ytzt vor gwaldt handhaben /
Diß ist der werlet lauff
Wer vleissig siecht darauff
Der findet wie gewalt
Allzeit das recht behalt
Reichtumb wird fur gezückt
Armut gar unterdrückt
Wer nicht hat gut und hab
Musz allzeit sein schabab
Gunst gilt bey yederman
Wer diser viel kan han
Der hat ein gwunnen spiel
Unrecht schadt yhm nicht viel
Freundschafft und groß geschlecht
Macht vieln yhr sach gerecht
Ist einr ein schlechter man
Offt muß er unrecht han
Widwen und arme kindt
Allnthalbn verlassen sindt
Fur sündt man das nicht richt
Wenn yhn gleich unrecht gschicht
[30] Wie wol nu aber ist das glück
Der armen hie auff erden
Das man sie bschwer / und unterdrück
So wirdts doch anders werden
Denn got sich yhrer not nimt an
So sie zu yhm vertrawen han
Er hats yhn gwiß versprochen
So yemands yhn ein leyd zufürt
Sein aug yhm wirdt damit berürt
Es bleibt nicht ungerochen
Darumb getrost und wacker seit
Die yhr hie werd geplaget
Eur leid sol kürtzlich werdn zur freud
Wenn yhr das creutz nur traget
Gedültig und mit sanfftem mut
Nur got eur sach bevelen thut
Der wils zum besten wenden
Wenn er ersiecht die rechte zeit
Verzagt nur nicht es ist nicht weit
Er wirdt sein hülff euch senden
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