Kapittel 33

[487] Ick frag' jeden Landmann, wat hei sick noch up dat Frühjohr 1846 besinnen kann, un wat sick dunn nich Maidag en Kuhnhahn staats 'ne Kreih in den Roggen versteken kunn? – Von en Weltunnergang, Kurzen un Triddelfitzen. – 'ne slimme Tid för den lütten Mann in de Stadt un up den Lan'n, un wo dat saubere Kleeblatt de Tid nutzt. – Axel ward en beten drister knepen un makt nah sine Meinung en sihr gaud Geschäft. – Wo David an dat Paket Kassenanwisungen rüken möt, un Pomuchelskopp den Faut, den hei in Pümpelhagen set't hett, abslut nich taurüggtrecken will. – Der Vater is ßu klug!


Hawermann höll sick also för sick allein un satt up sine Stuw oder gung in den Goren, wenn bi Fru Pastern Besäuk was; un dat was velfach de Fall, denn de ein Hälft von Rahnstädt glöwte de anner Hälft, de Fru Pastern ehr Hus in den Bann dahn hadd, en hellischen Schäw tau riten, wenn sei dor flitig taum Besäuk gung. So kamm dat denn ok, dat de Rekter Baldrian un Kopmann Kurz dagdäglich bi de Fru Pastern vörsproken, denn ehre beiden Frugenslüd' hadden ehr tau Hus so 'ne indringliche Predigten äwer Hawermannen sine Unschuld hollen, dat sei unmäglich mit ehren Twifel bestahn kunnen. Von butwarts kamm Jung'-Jochen mit sine Fru un Mining un ok Paster Gottlieb mit Lining oftmals up den Nahmiddag rinne; äwer Bräsig kamm alle Näs'lang un makte Fru Pastern ehr Hus tau sinen Dubenslag, wo sin oll unschüllig Hart ut- un inflog, den Kropp vull Nigligkeiten, de hei in Rexow un Pümpelhagen un Gürlitz bi Weg' lang för sinen ollen Fründ insammelt hadd. Hei berichte'te em, wat de Ird all drög wir – dat heit taum Ackern; äwer den Öltwig hadd hei nich ümmer in den Snabel, wenn von Pomuchelskoppen un Axeln de Red' was, denn let hei em in sinen Iwer fallen, un ut de Duw würd 'ne vullstännige Kreih. Hei let sick nich afwisen, wenn hei sick up de Flüchten makt hadd, un säd't Hawermannen ümmer grad in't Gesicht: hei kem, üm em up anner Gedanken tau bringen, un wenn't em nich glücken ded, namm hei't nich äwel un kamm den annern Dag wedder un wüßt wedder vel von Witterung un Wirtschaft tau vertellen.[488]

Un in den Frühjohr 1846 was ok vel von Witterung un Wirtschaft tau vertellen. De Winter was warm un weik west, un dat Frühjohr brök so tidig an, as sick vördem knapp einer tau entsinnen wüßt; in den Februwori gräunte Gras un Winterkurn hell up, un de Klewer slog ut, un de Acker was drög taum Bestellen, un de Landmann gung in Bedenken dorup herümmer, wat dat all dortau Tid wir, un wat hei Arwten seien süll oder nich. – »Korl«, säd Bräsig, »du sollst sehen, dies wird 'ne klätrige Geschicht, das Frühjahr ist zu schön, und wenn ein Vogel des Morrns zu zeitig singt, denn frißt ihn des Abends die Katz, du sollst sehn, in den Aust werden uns die Augen snurrig aufgehn. Die schönen Frühjahrs hal der Deuwel!« – Un tau Palmsünndag kamm hei mit 'ne upbläuhte Rappblaum in de Hand bi Hawermannen in de Dör un läd sei vör em up den Disch: »Da siehst du mir, da hast du mir! Ich hab ihr auf deinen Rapp in Pümpelhagen gepflückt. – Du sollst sehn, Korl, in acht Tagen blühn die Luggerdors; aber's is Essig, von oben bis unten voll Käwers!« – »Ih, Zacharias, dat hewwen wi all oft hatt, un wi hewwen schönen Rapp bugt.« – »Ja, Korl, die swarzen; aber die grisen – ich habe dich die Probe zu deiner Unterhaltung mitgebracht –«, un nu langte hei in de Tasch un halte 'ne lütte Tüt herute, äwer as hei sei upmakte, was nicks dorin. – »Das sag' ich man, Korl! Diese ollen schulschen grisen Käwers sünd solche olle heimliche Hun'n, die gar nich zu berechnen sind, und der Schaden, den sie anstiften, auch nich. – Du sollst sehn, Korl, dies ganze Jahr wird en Klackeierkuchen, allens geht auf Stun'ns die Natur kunträhr. – Wo? Sonst Jahrs soll sich Maidag 'ne Kreih in den Roggen verstechen können? Über Jahr versticht sich en gadlicher Kuhnhahn darin. – Nein, Korl, die Welt hat sich umgedreht, und auf Fläg' haben die Pasters schon von der Kanzel gepredigt, daß sich der Mond mang die Sonne und die Erde drängen würd und daß die Sonne denn zu neg' an die Erde käm und allens versengen müßte, daß dies der Anfang von den Jüngsten Tag sei und daß die Leute nu Buße tun müßten.« –[489] »Ach Gott, Zacharias, dat is jo all dummes Tüg.« – »Sag' ich auch, Korl, und mit die Buße hat das auf Fläg' siecht ausgehau't, denn zu Lütten-Bibow haben die Tagelöhner die Arbeit niedergelegt und haben ihr bischen Habseligkeiten an die Juden verkauft un saufen nu den ganzen Tag, indem sie ihr Eigentum hier noch verzehren wollen. Mein Gottlieb Paster wollt auch so was vorbringen, ich stach mich aber achter Lining, und die hat's ihm ausgered't. Aber keinen guten Gang geht's nich, Korl.« – »Dat wi en slichten Aust krigen, glöw ick allein; äwer gistern was Kurz bi mi, de red't jo vel von dat schöne Winterkurn, wat äwerall up den Felln stünn.« – »Korl, ich hätt dir for verständiger taxiert. – Kurz! ich bitt dir: Kurz! – Was en solten Hiering bedeuten tut, das versteht er, denn er is en gelernter Kaufmann; aber wenn er Winterkorn taxieren will, denn muß er zeitiger aufstehn, denn dazu gehören Ökonomiker, gelernte Ökonomiker. Und das ist das man, was ich sage, Korl, jedwerein fuschert uns in unsern Kram, un de ollen Städter sünd so klug as de Immen. Ja, wenn einer die Ackerei so pour Paster la tante betreibt, daß er sein Vergnügen dran haben will, à la boncœur, habe nichts dagegen; wenn er aber sei nen Vorteil drin sucht! – na! – Kurz! In die Sirupstunn un in die Karten kann er kucken, wenn er aber in en Roggenfeld kuckt, denn is es vor seine Augen verborgen. – Aber was ich sagen wollt, Korl, in der zukünftigen Woche ziehe ich mit Sack und Pack zu dir.« – »Ne, Bräsig, ne! wenn dit en slimm Johr ward, denn büst du bi de jungen Lüd' nödig, un de jung' Paster versteiht gewiß noch tau wenig von de Wirtschaft, as dat hei di missen kann.« – »Ja, Korl, dumm is er man noch, und wenn du meinst – denn ich habe mich dir ganz begeben –, denn bleib ich noch bei ihm. Abersten nu adjes! Ich weiß nicht, mich is so snurrig in die Mag', ich will doch mal bei die Frau Pastern vorsprechen, was sie nich en lütten Kümmel for mich hat.« Dormit gung hei ut de Dör, stek äwer glik den Kopp wedder rinne: »Beinah hätte ich ganz von Pümpelhagen vergessen, na, das is da 'ne Wirtschaft auf Stun'ns, da kann sich einer Händ' un Füß'[490] dran wärmen. Gestern traf ich deinen Triddelfitzen an der Scheid, und obschonst er ein entfamter Windhund is, rohrte er beinah. ›Herr Entspekter‹, sagt er, ›sehn Sie, die ganze Nacht lieg ich und lass' mir die Wirtschaft durch den Kopf gehen und zermaudbarst mi in vollständiger Slaflosigkeit, und wenn ich mir allens aufs schönste ausgedacht habe und stelle die Leute des Morrns an, sehn Sie, denn kommt der Herr mit dem Arm in der Binde raus und reißt mich die ganze Wirtschaft inzwei, und schickt mich den einen Tagelöhner hierhin und den andern dahin, daß sie in dem Felde herumlaufen as de Hühner, wenn ihnen der Kopp abgesnitten is, und ich lauf denn achter her, daß ich sie wieder zusammenkrieg', und habe ich sie wieder auf en Hümpel, denn reißt er sie mich nachmittags wieder auseinander.‹ – Korl, dies muß doch 'ne große Satisfikatschon for dich sein – nämlich, daß es ohne dich nich geht.« – Dormit makte hei de Dör tau un gung af; äwer nah en beten kamm hei wedder taum Vörschin: »Korl! was ich noch sagen wollt – die Hälften Pferd' in Pümpelhagen sünd müd'; vor ein paar Tag' stunn die eine Mergelkuhl ganz vull – da stunnen die ollen Mähren denn so andächtig dor, Kopp un Uhren dal, grad as die Bauern in der Kirch. Und das ist nicht von wegen der Vielheit von Arbeit, die sie tun, nein, das ist bloß von wegen der Wenigkeit von Futter, was sie kriegen, denn was dein junger Herr war, hat kein Überslägnis über das, was er in den Scheunen hat, und hat über Frühjahr noch drei Last Hawern und zwei Last Erbsen an die Juden verkauft, un nu's sein Kurnbähn so blank, as hätt ihn der Bull lickt. Un nu muß er selbst Hawern köpen; aber die armen Schinder, die's Brod verdienen, kriegen ihn nicht, das meist kriegen die ollen Vollbluttantens, die nichts tun und den lieben Gott den Tag abstehlen. – Es ist doch eine große Ungerechtigkeit in der Welt! – Na, adjes, Korl!«, un nu gung hei würklich.

Dat was en truriges Bild, wat Bräsig von den Taustand in Pümpelhagen makt hadd; äwer in de Würklichkeit was dat dor noch vel leger bestellt, denn von den Influß, den de[491] ewige Geldnot up Axeln sin Gemäud utäuwen ded, hadd hei nicks nich seggt, un dat was dat Slimmste. 'ne ewige Verlegenheit makt den Minschen nich blot verdreitlich, sei makt em ok hart gegen sine Unnergewenen, un uns' Axel verföll denn nu ok in den ollen Fehler, dat hei glöwte, hei künn up keinen gräunen Twig kamen, wil't sine Lüd' tau gaud hadden, un dat hadd em Pomuchelskopp all ümmer seggt. Hei namm ehr nu hir wat un dor wat; un wenn sine angeburne Gaudmäudigkeit mal de Äwerhand kreg, denn gaww hei ehr wedder hir wat un dor wat; äwer allens ruckwis', un dat hett kein Ort. – In de Irst hadden de Lüd' äwer de verdreihten Anstalten in de Wirtschaft lacht, äwer dat is ümmer de Anfang, ut dat Lachen ward bald ein Murren, un ut dat Murren warden Vörstellungen un Klagen. Unner Hawermannen sin Regiment hadden de Daglöhners ümmer ehr Kurn un Geld tau richtiger Tid kregen, nu süllen sei dorup täuwen, bet wat dor was; dat smeckt slicht. Un wenn sei ehren Herrn mit Klagen kemen, denn würden sei ansnauzt, dat smeckt slichter. – Unfreden was allentwegen.

Axel tröst'te sick mit den nigen Aust un mit de nigen Innahmen; äwer leider Gotts hadd Bräsig richtig prophezeit: as de Aust anstunn, was dat up de Feller hellige Dag, un as hei tau Schün bröcht was, wiren de Fäker halw vull, un de ollen erfohrenen Landlüd' säden tau de jungen Anfängers: »Nemt jug in acht! Sport in de Tid, denn hewwt ji't in de Nod! Dat Kurn, dat lohnt nich.« – De Rat was gaud; äwer wat hülp hei Axeln? – Hei müßte Geld hewwen, hei let also in den Harwst döschen för Gewalt tau Saatkurn un taum Verkop. Un tau verköpen was dat Kurn för en schönen Pries, denn de Kurnjuden segen vörut, wo't kamen müßt, un köfften up Spekulatschon, un dordörch kamm tau de natürliche Nod noch 'ne künstliche. De ollen Daglöhners tau Pümpelhagen schüddten mit de Köpp, wenn de Reisenwagens mit den Roggen von den Hoff führten: »Wo sall dat warden! Wo sall dat warden! Wie behollen jo kein Brodkurn.« – Un de Husfrugens stunnen tausam un wrungen de Hän'n: »Kik, Vaddersching,[492] des' lütte Hümpel, dat sünd min Tüften all, un all krank, wo säln wi den Winter von lewen?« – Un so was de Nod allentwegen, un äwer dat gesegnetste Land was sei kamen as de Deiw äwer Nacht, keiner hadd doran dacht, keiner hadd Vörpahl slahn, denn keiner wüßt sick so wat tau entsinnen. – Am slimmsten was't äwer in de lütten Städer, un dor was't am slimmsten bi den lütten Handwarksmann. – För den Arbeitsmann würd dörch Arbeit sorgt, un de Kinner gungen mit den Snurrbüdel von Dören tau Dören, un nahsten würden Suppenanstalten inricht't; äwer de arm Handwarksmann? – Arbeit hadd hei nich – keiner let wat maken –, un dat Snurren verstunn hei nich, led ok sin Ihr un Reputatschon nich. – Ach, ick bün mal bi 'ne ordentliche, flitige Börgerfru tau dunnmalen in de Stuw kamen, dat Middageten stunn up den Disch, un de hungrigen Kinner stunnen dorüm herümmer, un as ick in de Dör kamm, smet de Fru en Dauk äwer de Schöttel, un as sei rute gahn was, ehren Mann tau raupen, böhrte ick dat Dauk tau Höcht, un wat funn ick? – gekakte Tüftenschell. Dat was dat Middag. –

In so 'ne Tiden sitt uns' Herrgott in den Hewen un sicht't de gauden Minschen von de slichten, dat jedwerein sei düdlich unnerscheiden kann; de gauden behöllt hei bi sick in't Säw', dat hei sine Freud' doran hett un dat sei Frucht dragen sälen, de slichten fallen unner dörch mit Dresp un Trems un Radel, dat sünd ehre ungerechten Wünsch', ehre snöden Afsichten, ehre slichten Gesinnungen, un wenn sei utsei't warden, dat sei Frucht dragen sälen, denn sleiht dat Unkrut mit ehr tau Höcht, un vör de Welt is't frilich en stolz Bläuhen, äwer wenn de Aust kümmt un de Seiß dörch dat Feld geiht, denn föllt ehr Kurn licht up de Haken, un de Herr wend't sick af von dit Feld, denn dat steiht schrewen: »An ihren Früchten sollt Ihr sie erkennen«.

Männigein grep sick in dese Not an un gaww mit vullen Hän'n trotz de eigene Verlegenheit, un de Landrat von Ö ... un de Kammerherr von E ... un de Pächter H ... un ok uns' oll Moses un noch vele annern blewen in unsern Herrgott sin[493] Säw' un drogen schöne Frucht in desen slimmen Tiden, Pomuchelskopp äwer föll dörch un Slus'uhr un David, un legen mang ehren Dresp un Radel un seten tausam tau Gürlitz in den Herrnhus' un planisierten, wo sei ehr Swin mit dit grote Landsunglück fett maken wullen. Un David un Slus'uhr wüßten't ganz genau, wo't anfungen warden müßt, wenn sei blot man naug Geld hadden, denn wullen sei't an de Bedrückten un Bedrängten, an de Hungrigen un de Frierenden utleihnen tau hoge Tinsen; äwer dat Kaptal, äwer dat sei för den Ogenblick tau kummandieren hadden, hadden sei all in dit saubere Geschäft steken, un nu gungen sei den Herrn Rittergaudsbesitter an, dat hei dortau Geld rute rücken süll, hei süll ok an den schönen Verdeinst mithollen. Dat wull äwer de vörsichtige Herr nich, dat kamm tau sihr in alle Lüd' Mund un kunn em en Blam maken; hei säd also, hei hadd nicks, un wat hei hadd, müßt hei behollen, dat hei sin Veih un sin Lüd' dörchbringen ded. – »Mit dat Veih«, säd Slus'uhr frech, »dat gäw ick tau; äwer mit de Lüd'? – Dauhn S' mi den Gefallen un verstellen S' sick nich! – Ehr Lüd' snurren nu all in den ganzen Lan'n herüm, un eben, as wi vör den Pasterhus' vörbi führen deden, stunnen Ehr Husfrugens un de Kinner up den framen Preister sinen Hoff, un Ehr oll Fründ Bräsig stunn bi twei grote Emmer vull Arwtsupp, un de junge Fru Pastern kellte sei in de Henkelpött.« – »Lat ehr! lat ehr!« säd Pomuchelskopp, »ick will keinen an en gaud Wark hinnern. – Sei mägen't woll hewwen; ick heww't nich, un Geld heww ick ok nich.« – »Sie haben aber die Pümpelhäger Wechsels«, säd David. – »Je, meinen Sei, dat de betahlen kann? De hett noch weniger bugt as wi annern all, un dat Beten hett hei all utdöscht un verköfft.« – »Dat is't jo grad«, säd Slus'uhr, »nu is't Tid. So 'ne schöne Gelegenheit kümmt so licht nich wedder, un hei kann Sei't nich mal äwel nemen, denn Sei sünd jo sülwst in Verlegenheit un hewwen de Wessels an mi un Daviden verköpen müßt. Nu maken S' wider kein Sperenzien, nu schüdden S' den Bom, nu sünd de Plummen rip.« – »Wie hoch is de Masumm?« frog David. –[494] »Je«, säd Pomuchelskopp un gung an sin Schapp un kratzte sick achter de Uhren, »Wessels heww ick hir up elbendusend Daler.« – »Ih, Snack!« säd Slus'uhr, »dat möt jo mihr sin.« – »Ne, mihr is't nich. Achtdusend heww ich vör annerthalben Johr, as hei mi dorüm bitten ded, in't Gaud indragen laten.« – »Denn hewwen S' en dummen Streich makt, de möten S' irst künnigen, un denn känen S' lang' klagen«, säd de Notorius, »äwer't schadt nich! Gewen S' de Elbendusend man her, mit de kän wi em in desen schönen Tiden naug ähgsten.« – Muchel wull irst noch nich recht ran; äwer Häuhning kamm in de Dör, un wat de wull, wüßt hei recht gaud; hei gaww also de Wessels an Slus'uhren un Daviden. –

Nu gung dat olle Spill wedder in Pümpelhagen los, Slus'uhr un David kemen un seten Axeln up den Brennen as dat Plackfewer, un sei foten em an, ditmal äwer scharper, un von Prolongieren was ditmal keine Red'. Hei süll un müßt betahlen, un hei hadd keinen Schilling, nich mal 'ne Utsicht, Geld tau krigen. Dat kamm em äwer den Hals as Nikodemus in de Nacht, un taum irstenmal steg so'n rechten düstern Gedanken in em up, as künn dit en afkort't Spill sin, as wir sin fründliche Nahwer tau Gürlitz de eigentliche Ursak von sine Verlegenheit un as müßt de 'ne besondere Afsicht dorbi hewwen, de Wessels dörch dese beiden Halunken inkassieren tau laten; äwer wat för ein, dat blew sinen Ogen verborgen. – Äwer wat hulp dat Denken un dat Grüweln, hei müßt Geld hewwen, un von wen? – Hei wüßt keinen, un ümmer kihrten sine Gedanken trotz den Verdacht, de in em upstegen was, bi sinen Nahwer Pomuchelskoppen in. De müßt helpen; wer süs? – Hei set'te sick tau Pird un red nah em räwer.

Muchel namm em ungeheuer fründlich up, so recht herzlich, as müßten de slimmen Tiden Nahwerslüd' enger tausam bringen un ein den annern in dese Not tru bistahn. Hei stähnte grote Stücken von sinen slichten Aust un klagte Stein un Bein äwer sine Geldverlegenheit, so dat Axel tauirst gor nich mit sin Gewarw ruterrücken kunn un sick vör sick sülwst schämte, den Mann, de in so'ne Not was, mit en Anliggen tau kamen.[495] Äwer Nod breckt Isen, hei frog em tauletzt, worüm hei em dat andahn hadd, dat hei sine Wessels an de beiden Blaudsugers afgewen hadd, un Pomuchel folgte de Hän'n äwer de Mag' un kek den jungen Mann mit so'n leidigen Blick an un säd: »Ach, Herr von Rambow, in der großen Not. – Sehn Sie!«, un hei slot sin Schapp up und wis'te 'ne Schuwlad', worin en por hunnert Daler inliggen müggten, »sehn Sie, das ist alles, was ich habe, und ich muß doch für meine Leute und mein Vieh sorgen, und da dacht' ich, Sie würden vielleicht überflüssiges Geld liegen haben.« – Äwer, frog Axel, worüm hei sick denn nich sülwst an em wend't hadd. – »Das ist mir entgegen«, säd Muchel, »Sie kennen den Spruch: Geld verbindet Fremde und scheidet Freunde, und wir sind doch so gute Freunde.« – Ja, dat wir woll so, säd Axel, äwer des' beiden hadden em so gruglich drängt, un hei wir in de schrecklichste Verlegenheit. – »Das haben sie getan?« rep Pomuchelskopp ut, »das sollen sie aber nicht! Ich hab's ihnen zur Bedingung gemacht, mein lieber Herr Nachbar soll nicht gedrängt werden. – Sie werden schon prolongieren – das kost't Ihnen vielleicht 'ne Kleinigkeit, aber darauf kann's unter solchen Umständen nicht ankommen.« – Dat wüßt Axel ok, äwer so licht let hei sick ditmal nich begäuschen, dortau was sine Lag' tau slimm, hei fot noch mal nah un bed von Himmel tau Irden, wenn de Herr Gaudsbesitter kein Geld hadd, denn süll hei em mit sinen Kredit helpen. – »Lieber Gott, gern«, säd Muchel, »aber bei wem? wer hat jetzt Geld?« – Wat Moses nich helpen künn, frog Axel. – »Den kenne ich gar nicht«, was de Antwurt, »ich habe nie Geschäfte mit ihm gemacht. – Ihr Vater stand ja mit ihm in Verbindung, und Sie selbst kennen ihn ja. – Ja, wenden Sie sich mal an den.«

Dat was de letzte Trost, den Axel kreg; glatt as en Aal wünn sick de fette Gaudsbesitter dörch sine Fingern, un as hei tau Pird satt un nah Hus' red, was allens düster üm em rümmer, äwer in em was't noch düsterer.

David un Slus'uhr kemen wedder, sei knepen em up dat Utverschamteste, un wat hei ok seggen ded von Pomuchelskoppen[496] sine nahsichtigen Bedingungen, sei wullen nicks dorvon weiten, sei wullen nicks wider as Geld.

Hei reis'te hir rümmer un dor rümmer, hei kloppte hir an un dor an; äwer't was nich, 't was nahrends nich; un afängstigt un afspaddelt kamm hei tau Hus, un dor begegenten em denn de stillen Ogen von sine Fru, de düdlich naug verraden deden, dat sei allens ahnen ded; äwer ehr Mund sweg, un de Lippen knepen sick tausam, as süll en schönes Bauk, in dat männig Trostwurt stünn, för em up ümmer verslaten sin. Sörre de Tid, dat Hawermann up so'ne schändliche Wis' furtkamen was un sei dat grote Unrecht künnig worden was, wat sei ehren Mann tau Leiw em andahn hadd, sprok sei nich mihr mit em äwer sine Angelegenheiten; helpen kunn sei em jo nich, un so gaww sei em taum wenigsten keine Gelegenheit, mit nige Unwohrheiten sick sülwst un annere Lüd tau bedreigen. – Äwer ditmal was hei ogenschinlich in tau grote Unrauh, un sin fohriges, verdreitliches, hastiges Wesen verröd sine Not düller as jichtens vördem, un as sei eins Abends tau Bedd gung un noch lang ehr Kindting ansach, dunn gung ehr dat dörch Kopp un Hart, hei wir doch de Vader von ehr Leiwstes up Irden, un hei würd ehr so jammern, dat sei bitterlich üm em weinen müßt un sick vörnamm, den annern Morgen mit Fründlichkeit up em intaureden un willig ehren Deil von sine sülwst verschüllte Last up sick tau nemen.

Äwer as de Morgen kamm, kamm Axel mit Fläuten un Singen de Trepp hendal un rep nah Triddelfitzen un säd den Bescheid, un rep nah Krischan Degeln, hei süll anspannen un süll sick up mihrere Dag' inrichten, un kamm bi sine Fru in de Dör mit en Gesicht, worin nicks von Unrauh, woll äwer von Sekerheit tau lesen was, so dat sei ganz stutzig würd un mit ehr Vörnemen taurügg höll. – »Du willst verreisen?« frog sei. – »Ja, ich habe eine Geschäftsreise vor und werde wahrscheinlich auch nach Schwerin kommen. Hast du was an die Schwestern zu bestellen?« – Sei hadd blot Grüß tau besorgen, un nah en beten säd Axel ehr adjüs un satt up den Wagen un führte nah Swerin. Hei hadd sine Fru wedder man[497] halw de Wohrheit seggt; hei hadd gor keine annere Geschäftsreis' as nah Swerin, as nah sine Swestern. – In de Nacht was em dat infollen, sine Swestern hadden jo Geld, sin Vader hadd ehr en lütt Hus mit en Goren un föfteihndusend Daler utset't, un dat Kaptal stunn tau 41/2 Prozent un dorvon lewten sei; frilich man in swacken Ümstän'n, äwer de Kammerrat hadd't nich anners maken künnt un hadd dorup rekent, dat de Swagers un vör allen Axel ehr späderhen en beten unner de Arm gripen süllen. Dit Kaptal was nu Axeln in de Nacht infollen, dit kunn hei grad bruken, dit kunn em grad helpen, un hei kunn't eben so gaud as frömde Lüd' ehr vertinsen; äwer hei wull ehr denn 5 Prozent vull gewen, un wenn't nu ok för den Ogenblick fast stünn, dat müßt doch mit den Düwel los tau krigen sin, un wenn't em ok wat kosten süll. Dese Utsicht hadd em so upmun tert. –

As de jung' Herr nah Swerin kamm un sin Anliggen bi de Swestern vörbringen ded un äwer dat slichte Johr klagte, würden de ollen armen Wörm so weikmäudig un tröst'ten an em rümmer, as hadd de ganze Welt sick an em vergahn, un as Albertine, de so wat de kläukste von ehr was un de Geldangelegenheiten tau besorgen hadd, ganz lisen von Sekerstellen an tau reden fung, föllen de annern beiden, vör allen Fidelia, ehr in de Red': dat wir 'ne Engherzigkeit, ehr Brauder wir in Not, un dat wiren up Stun'ns vele Landlüd', un ehr Brauder wir ehr Stolz un ehr einzigste Anholt, dat hadd ehr selige Vader noch kort vör sinen En'n seggt; un as Axel nu versprok, dat Geld in't Gaud indragen tau laten, dunn gaww sick ok Albertine, un en grotes Freuen kamm äwer de ollen gauden Mätens, dat sei ehren leiwen Brauder helpen künnen. – Ok mit dat Losmaken von dat Geld hadd hei Glück, en por Juden hürten dortau, un de funn hei, un en beten vel Verlust hürte dortau, un dorin gaww hei sick; den drog hei natürlich, sine gauden Swestern müßten ehre föfteihn Dusend Daler vull behollen un süllen von nu an ok fiw Prozent hewwen.

Hei kamm in de Woch' nah Nijohr 1847 fidel tau Hus, un[498] en por Dag' dorup, as David un Slus'uhr wedder ankemen un em so recht stäkern wullen, tellte hei ehr dat Geld up den Disch, bed sick sine Wessels ut, makte ehre langen Gesichter en Diener tau, den sick beid' in de Würd' äwerset'ten: »Meine Herren, scheren sie sich.« –

»Wat's dit?« frog Slus'uhr, as sei up den Wagen seten. – »Gott schtraf mich!«, rep David, »er hat Geld. – Haben Sie gesehen? – Hat er noch gehabt 'ne ganze Paket von de Kassenscheins.« – »Ja, äwer wo hei't taum Dunnerwetter woll her hett?« – »Na, woll'n mal Zodick fragen.« – Zodick was en armen Vedder von Daviden, den hei ümmer as Kutscher mitnamm, den sin eigentlich Geschäft äwer was, dat hei de Lüd' up de Gäuder uthorchen müßt. – »Zodick, hast du gesehen, hast du gehört, wo er ist gewesen hin?« – »Nu, nach Schwerin ist er gewesen, hat der Kutscher gesagt.« – »Nach Schwerin? Was tut er mit Schwerin?« – »Hat er geholt das Geld«, säd Zodick. – »Aus Schwerin? – Hab' ich doch immer gesagt zu meinem Vater: die Edelleut stehen sich einander bei. Hat er's doch gewiß von dem raichen, von dem Vetter.« – »So?« frog Slus'uhr un halte en Paket von de Kassenanwisungen ut de Tasch un stödd Daviden dormit unner de Näs', »dor rük an! – Rückt dat nah Eddellüd'? – Dat rückt nah Knuwwlok, von jug verdammten Juden hett hei't. – Äwer't is egal. – Wi möten nah Pomuchelskoppen. – Hahaha! Wo dat oll lütt wrampig Dirt woll vör Arger rümmer hüppen ward.« –

Un dorin hadd hei recht, Pomuchel kamm ut Rand un Band, as hei hürte, dat em de Slag nich gelungen was: »Dat säd ick woll, dat säd ick woll: dat wir noch nich Tid; äwer Häuhning, Häuhning! Ji hewwt mi so drängt!« – »Du büst en Schaapskopp!« säd Häuhning un gung ut de Dör. – »Nu man frisch nahgefat't!« säd Slus'uhr, »nu helpt dat nich, nu künnigen S' em man tau Johanni de Achtdusend, de Sei hewwen indragen laten.« – »Ne, ne«, weimerte Pomuchelskopp in de Stuw rümmer, »dat is de einzigste Faut, den ick in dat schöne Gaud rinne set't heww, wenn hei mi nu betahlt, denn bün ick jo[499] üm all min Pött. – Un hei hadd noch mihr Geld?« frog hei Daviden. – »Er hatt' noch 'ne große Paket un 'ne kleine Paket.« – »Na«, säd Slus'uhr dortüschen, »Sei hewwen Ehren Willen as de Hund in den Sod; äwer so vel will ick seggen, hei müßt doch heil un deil mit den Dummbüdel kloppt sin, wenn hei nu noch nich Lunt rüken ded, dat Sei achter den Kram steken, un wenn hei irst Müs' markt hett, denn is 't ganz egal, ob Sei em nu künnigen oder nah en por Johr.« – »Kinnings, Kinnings«, rep de olle ihrwürdige Gesetzgewer un stampte im pust'te as 'ne Dampmaschin in de Stuw up un dal, »wenn hei 't ok würklich marken deiht, hei kannn mi jo doch nich missen; ick bün jo sin einzigste Fründ, de em helpen kann.« – »Na, denn helpen S' em nich. – Johanni is de beste Tid, denn hett hei kein Innahm.« – »Wat wull hei nich, hei hett jo dat Wullgeld un dat Rappgeld.« – »Ach du leiwer Gott! un denn hett hei Tinsen tau betahlen, un dat meist ward hei woll wedder vörweg hewwen.« – »Ne, dat kann ick nich, dat kann ick nich; den Faut, den ick einmal in dat Gaud set't heww, den kann ick nich wedder taurügg trecken«, dorbi blew uns' oll Minschenfründ. –

»'t is en wohren Jammer mit en Minschen«, säd de Herr Notorjus, as sei nah Hus führten, »de wat dörchsetten will un sick denn vör de Middel schugt. – Passen S' up, uns' schönen Geschäften in Pümpelhagen sünd tau En'n. – Ick süll blot mit de Ollsch staats mit em tau dauhn hewwen, de Ollsch geiht dörch.« – »'ne gewaltsame, grausame gescheute Frau«, säd David. – »Je, 't helpt uns man nich, uns' Melkkauh in Pümpelhagen steiht drög. – Un 't würd doch noch all gahn, wenn Sei man nich so'n Däskopp wiren, David. – Wat? Sei süllen Ehren Ollen nich dortau krigen känen, dat hei sin säben Dusend Daler künnigen ded? – Denn kün'n wi beid' schön wedder strippen.« – »Gott du gerechter!« rep David, »er tut's nich. Da geht er hin zu den alten Hawermann, und da sitzen sie, und da reden sie, und wenn ich sag': Tatterleben, kündig'! dann sagt er: kündig' du dein Geld, ich kündige mein.« – »Denn is hei all in de Kindheit, un en Minsch,[500] de so wid is un sinen Vurtel nich mihr wohrnimmt, möt unner Kuratel stellt warden.« – »Na, wissen Sie – ich hab schon daran gedacht; aber wissen Sie – es ist so – na, so – so – und denn wissen Sie: der Vater is ßu klug.«

Quelle:
Fritz Reuter: Gesammelte Werke und Briefe, Band 5, Rostock 1967, S. 487-501.
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