Kapittel 11

[179] Worüm Fritz Triddelfitz sick den Puckel utkäuhlen let, un worüm Marie Möllers em de Waschschöttel äwer den Kopp göt. – Palmsünndag. – Franz süht wat anners, as wat hei süs seihn hett, un Bräsig smitt wegen de grote Waterfrag' en Daler in den Kling'büdel un schenkt Mining en Dutzend bunte Taschendäuk. Dat de Weg von de Kirch ut bet an den Trualtor rendlicher is as von den Ballsaal ut. – Wo Mining abslut 'ne Erzieherin warden sall, bet de Paster de Sak wedder in de Richt bringt.


De drei Johr, de Axel nah sines Vaders Dod' in sine Garnison mit Landwirtschaft, Heldendahten un Leiwsangelegenheiten henbröchte, würden in Pümpelhagen un Ümgebung justement grad' so mit eben dese drei Ding' nützlich verwendt. Von de Landwirtschaft verstunn sick dat von sülwst; äwer de Heldendahten un de Leiwsangelegenheiten wiren hellschen tau Schaden kamen, wenn sick Fritz Triddelfitz in sine Fierabendstunden dor nich en beten mit bemengt hadd.[179] Sin Verhältnis mit Marie Möllers was ut dat mütterliche ganz bi Lütten in dat swester- und bräuderliche un von dor, von ehre Sid wenigstens, ganz in dat zärtliche äwergahn, un obschonst dat noch ümmer up Schinken un Mettwust sine reellen Grundlagen hadd, so mengten sick bi Marie Möllers doch allmählich allerlei unsäkere, himmelblage Hoffnungen von Preister un Köster, Brudkranz, Pachtung un Sülwstherrschaft dor mang, dat de Sak mit de Wil 'ne bedenkliche Wendung kreg, un bi Fritzen steg allmählich de Furcht up, dat Hawermann em achter dat Viktualiengeheimnis kamen künn un dat sin Tanten un sin Mutting un sin Vatting em mal in 'ne gaude Stun'n vörkrigen künnen, wat hei för dumme Ding' bedrew, un dat denn sin Sak ok 'ne ekliche Wendung nemen künn. – Kort, mit de Leiwsgeschichten was't man so so, un obschonst hei sick dat gor nich äwelnamm, sinen verleiwten Haken uterdem hir un dor antauslahn, taum Bispill bi de lütten Druwäppel, un ok, wenn sin Tanten em nich up den Deinst paßte, bi Lowise Hawermann, so müßt hei sick, wull hei ihrlich gegen sick handeln, doch ingestahn, dat all sin Leiwsglück doch mutterseelenallein up Marie Möllers henutlep. Ok de Pümpelhäger Heldendahten legen gänzlich in sin Rebeit; hei hadd sei anfangs blot gegen de Hawjungs utäuwt un ok man heimlich, denn wenn Hawermann dat hadd tau weiten kregen, hadd de grote Ruhm, den hei sick mit sinen Handstock an de Jungs ehren Puckel verdeihnt hadd, woll en häßlichen Lack kregen, nu äwer, as allens gaud aflopen was, würd hei drister un wagte sick in 'ne böse Stun'n ok mal an en Pirdknecht, un de verdammte Kirl was so utverschamt, dat hei em gor nich as Respektsperson estimieren würd un em den Puckel all tau Lüttmiddagstid, un tworst an den heiligen Palm-Sünndagmorgen, so mör slog, dat Marie Möllers em den ganzen Sünndagnahmiddag de Schullerbläder käuhlen müßt. Un dat Fitalste bi den ganzen Kram was noch, dat Marie Möllers bi jeden kollen Ümslag, den sei em up den Puckel läd, em ok einen üm sin Gewissen slog, indem dat sei em all ehr Wolldahten vörhöll un em ganz drist un ut den[180] stiwen Arm nah sine endlichen Afsichten un taukünftigen Utsichten frog un em tauversichtlich versäkern ded: sei glöwte an sine Leiw', un sine Utsichten wull sei tru mit em deilen. – Dit was em denn nu sihr eklich, denn hei glöwte sülwst mihr an sinen Apptit tau Schinken un Wust as an sine Leiw', un sin beten Utsichten wull hei leiwerst för sick allein behollen. Hei stamerte denn allerlei taurecht, wat sei nich för vull annemen wull, ok nich kunn; un je käuhler sin Puckel würd, desto käuhler würd ok ehr Verhältnis; hei wull sei up anner Gedanken bringen, sei let sick up nicks in, sei makte em noch ümmer Ümsläg, äwer ümmer unsachter würd ehre Hand. »Triddelfitz«, säd sei endlich, as hei dörchut nich Hals gewen wull, »wat sall ick eigentlich von Sei denken?« Un dorbi stellte sei, de süs achter sinen Rücken handtiert un red't hadd, sick prall vör em hen un set'te de Hän'n in de Ribben un namm em sick tau sinen Schrecken nu von vören vör. – »Mariken«, säd hei bestutzt, »wo so?« – »Wat, wo so? – Sall ick Sei dat noch düdlicher seggen?« rep sei, un ehre Ogen verluren ganz den säuten, zärtlichen Utdruck von vördem, »bün ick 'ne Perßohn, de sick an de Näs' rümmer trecken lett?«, un dorbi gung sei nah achterwarts un smet em den kollen Ümslag in dat Genick, dat dat man so knallen ded. »Auh! Dunnerwetter!« rep hei, »dat deiht jo weih!« – »So? dat deiht Sei weih? Glöwen Sei, dat mi dat nich weih deiht, wenn ick seih, dat en Minsch, de so vel Gauddahten von mi kregen hett, mi bedreigen will?« – »Mariken, ick bidd Sei, wo meinen Sei dat?« – »Wo ick dat mein? So mein ick dat!« – swapp! smet sei em wedder so'n Ding up den Puckel. »Will'n Sei mi seggen, woran ick bün?« – »Gotts ein Dunner! dat brennt jo as dat helle Füer!« – »Dat sall dat ok! Un brennt Sei dat nich in't Gewissen, wenn Sei en arm Mäten mit allerlei Verspreken un Utsichten unner de Ogen gahn un nahsten taurügg trecken willen?« – »Herre Gott doch, Mariken, ick bün doch nu irst nägenteihn Johr olt.« – »Na, un wat denn?« – »Je, un denn möt ick doch irst annerswo deinen un denn –« – »Na, un denn?« – swabb! kamm wedder eins[181] in't Gnick. – »Gotts ein Himmeldunnerwetter, so nemen S' sick doch bi mi in acht!« – »Nemen Sei sick man vör mi in acht! Na, un denn?« – »Je, denn möt ick doch irst 'ne Pachtung hewwen, un dat kann all noch gaud en teihn Johr wohren.« – »Na, un denn?« frog Marie Möllers mit 'ne ganz infamtige Utdrücklichkeit wider. – »Je, un denn«, stamerte Fritz. Triddelfitz endlich in Angst herute, »denn warden Sei mi denn doch tau olt.« – Sin Mariken Möllers stunn irst as angedunnert stiw dor, dat helle Gift schot ehr ut de Ogen, sei bögte dunn sick so vör em äwer, namm den Water-Ümslag, den sei grad in de Hand hadd, un slog em den grad up dat Mul, dat em de Sauß üm de Uhren spritzte: »Tau olt? Du Näs'water! Tau olt, seggst du?« un langte nah de Waschschöttel mit Water, stülpte em de noch taum Äwerfluß äwer den Kopp un lep ut de Dör rute. Un as Fritz nu dor stunn un pruste un snöw, ret sei de Dör wedder up un rep herinne: »Kumm du mi man wedder in de Spiskamer!«

De Leiw' hadd hirmit nu, wenigstens vörlöpig, ehre Endschaft kregen un dormit tauglik ok dat Viktualien-Vergnäugen, un as Fritz Triddelfitz klatschennatt dor stunn un in sinen bedräuwten Nahgedanken dat befunn, dat de ganze Geschicht nich mit sine Ansichten von Leiw' un ok nich mit en einzigstes von sine Romanenbäuker tausamenstimmen ded, säd hei in gerechte Verdreitlichkeit de sülwigen Würd', de hei bi sinen Amtsantritt seggt hadd, as hei in'n November-Regen Weg' betern let: »Dat heww ick mi ganz anners dacht! – Man gaud«, set'te hei hentau, »dat de Oll nich tau Hus is, de hadd süs woll den Lärm hart.«

Hawermann was desen Morgen mit Franzen nah Gürlitz tau Kirchen gahn, un wenn hei süs all ümmer desen Gang in stillen, framen Gedanken antreden ded, so was hüt sin Hart bet baben vull von Dank för unsern Herrgott sine trüge Vadershand, de em un sin Kind so wid führt hadd, denn an desen Palmsünndag-Morgen süll sin Döchting insegent warden. Hei gung still un vör sick hen den drögen Fautstig entlang, denn 't hadd de Nacht en beten röst't, sin Og lag up de[182] smucke Gegend, wo de Snei noch in witten Stripen an de Grabenburten un in den Schatten von de düstern Fichten lagg un wo de gräune Roggensaat in den hellen Sünnenschin all vörweg von Ostern red'te un von Uperstahn predigte. De Schorstein-Rok lagg up de lütten Dörper, un de Sünn drückte em dal, as süll dit Teiken von Minschen-Mäuh un Sorg' de helle Welt nich verdüstern, as wir süs nich Platz naug för all dat fierliche Klingen von de Kirchenglocken, dat von sid un wid äwer Feld un Wald klung. – »Ach, wenn sei doch desen Dag erlewt hadd!« säd de oll Mann lud, as glöwte hei sick allein. – »Wer?« frog Franz en beten zag, as fürcht hei unbescheiden tau sin. – »Mine arme Fru, de Mutter von min leiwes Kind«, säd de olle Mann sacht un kek den jungen Mann mit so'ne fründlichen, uprichtigen Ogen an, as wull'n sei seggen: Les du man ümmer tau in uns un wider nah binnen in't Hart, wi willen di Antwurt gewen, un de mag jo woll lang' naug in di wedderklingen. – »Ja«, säd hei, »mine gaude Fru! Äwer, wat segg ick? Sei süht hüt mihr as ick an ehr Kind, un sei deiht hüt mihr as ick för ehr Kind, un ehre Gedanken sünd höger as de blage Hewen, un ehre Freud' quellt reiner as de goldene Sünn.« – Franz gung still neben em, hei schugte sick, den Inspekter tau stüren; de oll Mann, den hei leiw hadd, kamm em hüt so ihrwürdig vör, sine witten Hor läden sick so rein üm de breide Stirn as de witte Snei up de Ird, von sin frisches Angesicht un ut sine hellen Ogen sprok so'ne Tauversicht, ok von Uperstahn, as ut de junge Roggensaat, un dat allens glänzte in eine Sünn von Leiw', dat de junge Mann sick nah 'ne Wil nich länger hollen kunn, hei fot den Ollen sine Hand: »Hawermann, min leiw' Hawermann, Sei hewwen gewiß vel Truriges erlewt.« – »Nich mihr«, was de Antwurd, »as anner Lüd' ok, äwer naug, üm tidlewens doran tau denken.« – »Willen Sei 't mi nich vertellen? 't is kein Niglichkeit, de mi driwwt.« – »Worüm nich?« Un hei vertellte em sine Geschicht; äwer Pomuchelskoppen sinen Namen näumte hei nich dorbi, un slot sine Vertellung, indem dat hei von sin Kind red'te: »Ja, so as sei[183] einmal min einzigste Trost was, so is sei nu mine einzigste Freud!«

So kemen sei nah den Pasterhus'. De lütte Fru Pasturin was mit de Tid en beten öller un en beten kumpletter worden, un so fix as vördem gung dat mit dat Küseln un Dreihn nu ok nich mihr, un hüt lep sei nu irst recht keinen in den Weg, un ehr Handwarkstüg, de Wischdauk, lagg unbeacht't in sine Eck un langwilte sick up sine eigene Hand as en Mops in'n Dischkasten; denn hüt kamm noch de anstahnde geistliche Fierlichkeit dortau, de ehr dat Herümburren verbeiden ded, denn dortau was sei as Pasterfru denn doch de Negste. Äwer ganz kunn sei't denn doch ehre lütten Bein nich schenken, sei müßt taum wenigsten, wenn ok nich in'n Küsel herüm, doch en beten hirhen un dorhen gradut lopen, denn mal nah ehren Paster, üm em de Böffkens ümtaubinnen un em en Glas Win tau bringen, denn mal nah Lowise, üm ehr de Halskrus' en beten in de Richt tau bringen un ehr en herzlich Wurd tautauflustern; un as nu gor Jung'-Jochen mit Fru Nüßlern un de beiden lütten Druwäppel un Bräsig ankemen, wir sei binah wedder in den Küsel rinne geraden, wenn de Köster nich en Inseihn brukt un taum letzten Mal lüddt hadd. De beiden lütten Druwäppel würden hüt ok insegent, un as de Gesellschaft nu tauh Kirch gung un as Fru Pastern de drei leiwlichen Kinner vörup, Lowise in de Midd, en Koppsdeil höger as ehre beiden lütten Mäumen, den Stig äwer'n Kirchhof gahn sach, säd sei tau Hawermannen, un de runnen Tranen lepen ehr ut de fründlichen Ogen: »Hawermann, unser Kind hat keine goldenen Ketten und Broschen um und an sich, wie das heutzutage törichter Brauch ist; und das schwarzseidene Kleid, lieber Hawermann, ist auch schon dreißig Jahre alt, ich hab's zuletzt auf meinem Kirchgang getragen, und ein glücklich Herz hat einst darin geschlagen, denn in dem Herzen wohnte mein Paster – es ist mir nachher zu eng geworden, denn, sehn Sie, ich wurde schon damals etwas stark, aber es ist so gut wie neu, und daß unten etwas angesetzt ist, ist gar nicht mal zu sehn. Und, Hawermann,[184] das Geld, was Sie mir zum Kleide geschickt haben, habe ich in Luisens Sparbüchse getan; Sie nehmen's doch nicht übel? Ich wollte doch so gerne mein altes Kleid einst wieder in seinem vollen Glücke sehn.« – Un Bräsig treckte Hawermannen vör de Kirchdör an den Rock, un as de sick ümkihrte, säd hei un sach ganz rührsam ut: »Korl, 's is markwürdig, 's is ganz markwürdig mit so 'ner Kunfirmatschon! Süh, as ich die drei kleinen Mätens da so vor mir hingehen sah, fiel mich meine eigene ein, un daß das entfamtige Schafhüten bei meinen seligen Vater damit seine Endschaft kriegte und ich in die Wirtschaft kam. Just so as die drei kleinen Mätens gung ich damals mit zwei Mitkollegen, Korl Brandten un Krischan Guhlen, in die Kirche, bloß daß wir keine schwarzseidenen Kleider anhatten, ne, Krischan hatt en grünen, Korl en braunen un ich en grisen Rock an, un staats daß die kleinen Mätens en Blumenstrutz in der Hand haben, hatten wir en Bitschen was Grünes in de Ärmelaufsläg stechen, un staats daß sie in eine Reih gingen, gingen wir ein achter'n annern as de Gäus' in Gasten. – Ja, 's war just so.«

As de Gemein de Gesäng' sungen hadd, höll Paster Behrens sine Predigt. Hei was vel öller worden in sinen Utseihn, äwer sine Bost was kräftig, sine Gedanken wiren klor, un ut sine Würd' redte en mildes, nahsichtiges Gemäud, un uterdem is dat gewiß, dat dat Öller keinen Stand weniger schaden deiht as den Preisterstand, wenn de Mann, de in em steiht, em rechtschaffen verwacht hett. De Gemein hürt nich blot up sine Würd', sei süht ok up sinen langen trugen, ihrenwirten Lewenslop, un för dat, wat hei seggt, steiht hei vör ehr as en Bispill dor. – So was't denn ok mit desen Paster.

Nu würd dat Examen losgahn, de jungen Mätens läden ehre Ümslagdäuk af, Lowise slog mit weinenden Ogen den Arm üm ehren Vader un ehre Plegmutter, Fru Nüßlern küßte so leiw un tru ehre beiden lütten Twäschen, Jung'-Jochen wull wat seggen, säd äwer nicks, un de drei Kinner treden ut den Pasterstauhl an den Altor. – »Mich soll doch wundern«, säd Bräsig tau Franzen, de bi em stunn, »was das Kropzeug seine[185] Lex woll weiß; ich glaub', was meine Pät is, Mining, bleibt hacken.« Un dorbi snow hei sick de Näs' un wischte sei sick, staats unnen, baben tüschen de Ogen.

Franz antwurte em nich; för em was allens üm em rümmer unnergahn, hei sach blot ein Gesicht, dat Gesicht kennte hei, äwer em was, as hadd hei 't seindag' nich seihn; hei sach blot eine Gestalt, un dese Gestalt was süs munter herümmer sprungen, äwer nu flog dörch ehr en lisen, wunnersamen, fierlichen Schudder; hei sach blot ein Por Hän'n, un de hadden sick süs fröhlich em entgegen reckt, äwer nu reckten sei sick nah baben, nah en Högern rup, un em was't, as wenn uns' Herrgott sick hadd runne winken laten un stunn nu bi de bäwernde Gestalt un dat einfache swarte Kled, in dat mal en glücklich Hart slagen hadd, un wis'te em en reines Minschenhart un sprok: sorg' du för din, dat dat mit dit tausam stimmt. Em was't, as hadd hei vör lange Tid eine wunderschöne Gegend in hellen Sünnenschin seihn un wir dorin herümmer sprungen un hadd an nicks dorbi dacht as an sin lustig Behagen un wir nu nah 'ne lange Tid wedder kamen un sach de Gegend in stillen Mahnschin, un sei wir em nich einkennig, un äwer Holt un äwer Barg, äwer Strohdack un Kirchturn lagg de dichte Sleuer von den Abenddak, up den de stille Mahnschin sick weigte, dat hei blot desen sach un nich de lustige Gegend von vördem; em was't, as wenn 'ne lise Luft dörch de bäwelsten Telgen von de Böm schudderte un wundersame Würd' tau em red'te; em was't, as wenn sine Seel ut deipen Grund de Hän'n nah baben utreckte üm Erbarmen, as wenn dat deipste Mitled mit sick sülwst äwer em kem, dat sin Hart tau arm wir, üm 't tau verschenken. Un dit deipe Mitled mit sick sülwst, dit heimliche Sehnen nah en beteres Hart, dat as en Mahnschinstrahl, ut Ahnung un Schummerlicht wew't, in uns föllt, näumen wi Minschenkinner »Leiw'«.

Bräsig stunn bi em un flusterte em af un an en por Würd' tau, de Franz nich hürte un de hei, wenn hei s' hürt hadd, för dummes Tüg rekent hadd un woräwer hei sick mäglich[186] argert hewwen würd, un doch hadden den ollen Entspekter sine Würd' ehren Grund in dat sülwige Gefäuhl, wat äwer em sülben kamen was, blot dat dit nich so himmelblag un rosenrod mihr was as sin un dat dat Öller dit en beten gris farwt hadd. – Bräsig stunn Judas-Martern ut, dat sin Pät Mining hacken bliwen kunn, bi jede Antwurd, de Mining richtig gaww, kamm en dicken Süfzer ut den Pasterstauhl achter her, dat Paster Behrens, wenn hei von de nimodsche Ort Preisters west wir, hadd up den Gedanken kamen künnt, hei hadd en utbannigen Sünner in Buß un in Asch bröcht. – »Gott sei Lob un Dank!« säd dese Sünner halwlud', »Mining weiß ihr«, un stödd nah 'ne Wil Franzen an: »Nu kommt's, passen Sie Achtung, nu kommt's«, un stödd Hawermannen up de anner Sid an: »Korl, du sollst sehen, Mining kriegt sie. – Mining kriegt die große Wasser frag'. – Ich hab' sie gewußt, Krischan Guhl konnt sie nich, un ich mußte sie sagen; nu hab' ich sie abersten auch vergessen un weiß bloß den Anfang: ›Wasser tut's freilich nicht, sondern der Geist Gottes‹ ...« Un as Mining de Antwurd, ahn tau hacken, hersäd, bedte de Oll de ganze Waterfrag' nah, un as de Köster grad mit den Kling'büdel kamm, smet hei en harten Daler rinne, as wull hei sick dormit von sine Angst losköpen. Un dreihte sick üm un drückte Fru Nüßlern de Hand un rep binah lud': »Madam Nüßlern, haben Sie woll uns' klein Kropzeug gehört?« un snow so drist an de Näs' rümmer, dat Fru Pastern em in ehren Sinn för de Stürung von de heilige Handlung 'ne gehürige Kapp tausned.

Un wenn nu einer dat Band, wat Bräsigen an lütt Mining anknüppen ded, en beten up Jensid von lütt Mining nahgahn wir, denn hadd hei sin En'n woll an Fru Nüßlern ehren Harten anschört't funnen, wo 't mit en groten Krüzknuppen anbunnen was, de för ümmer hollen süll, un frilich ganz anners un vel ruwweriger utsach as de rosenrode sidene Sleuf, de Franz an Lowise Hawermannen ehr lütt Hart anknüppen wull un de em för dit schöne Hart noch vel tau slicht un tau hart düchte. De Leiw' is allentwegen in de Welt, äwer[187] sei nimmt snurrige Gestalten an, sei flüggt as Engel up Rosenflüchten un krüppt mit en Puckel hin'n un vör up höltern Tuffeln rümmer, sei redt mit »Zungen« as de Apostel an den irsten Pingstdag un sitt dor as en unmünnig Kind, wat de Schaulmeister mit de Fibel up't Mul slagen hett, sei verschenkt Demanten un Kronen, un oll Entspekter Schecker würw üm min Tanten Schäning ehre Hand mit en fetten Kuhnhahn.

As de Insegnung vör sick gahn un an de jungen Christen dat Abendmal utdeilt was, gung Paster Behrens in sinen Bichtstauhl, un an den Pasterstauhl pust'te in sinen blagen Liwrock Zamel Pomuchelskopp vörbi, de hüt ok sinen Gustäwing hadd insegen laten, un gung den Paster nah un ret de Dör tau den Bichtstauhl up un stellte sick dorvör, staats rinne tau gahn – »daß 's doch alle Leut sehn, was er for en Schafskopp is«, säd Bräsig tau Hawermannen – un nödigte den Paster tau'n Lepel vull Rindfleischsupp un en Stück Braden un 'ne Buddel Rodspohn so lud, as wir hei up den Johrmark – »daß 's doch alle Leut hören, was er for ein abgesagter Jesuwiter is«, säd Bräsig –, äwer de Paster bedankte sick un säd, hei wir för hüt tau sihr angrepen un uterdem hadd hei sülwst Besäuk. Pomuchelskopp gung af un smet äwer de linke Schuller en Blick nah den Pasterstauhl un makte ganz uterwählte Anstalten, recht vörnehm uttauseihn, äwer de gungen all in de Kratz, as hei Bräsigen sin venynsches Gesicht tau seihn kreg, denn Bräsig was en tau slichten Christ – as de Fru Pastern seggt hewwen würd, wenn sei 't seihn hadd –, dat hei nich sogor in unsern Herrgott sinen eignen Hus' sine bösen Gedanken ut sin Gesicht herute lüchten let. – Ach, wo würd äwerst sin oll Gesicht ganz anners utseihn, as de lütten Mätens in ehre seligen Tranen nu ok nah em henkemen, üm em ok de Hand tau gewen un den Mund taum Küssen tau beiden, as sei 't bi ehr Öllern un Plegöllern dahn hadden! Wo hoch treckte hei de Ogenbranen in de Höcht un de Stirn in Schrumpeln, dat hei sick en recht väterlichen Anstrich gew! Äwer 't gelung em man bi Lowising un Lining, denn[188] as sin lütt Kind Mining kamm, dunn würd em so snurrig, as wir hei sülwst noch en Kind, un hei föt sei rundting üm un flustert' ehr in de Uhren: »Laß man sin, Mining, laß man sining, ich schenk dich auch was!« Un wil hei nu up en Sturz nich wüßt, wat, un hei grad sinen Snuwdauk tau Hand nemen müßt, säd hei: »Ich schenk dich auch en Dutzend Snuwdäuk – recht bunte«, denn hei wull sin Salt sihr gaud maken.

Jeder von de Gesellschaft hadd nu sinen Glückwunsch anbröcht, un jeder hadd von de roden, frischen Lippen den framen Dank weg küßt, blot twei wiren dorbi tau Schaden kamen, Jung'-Jochen hadd man ümmer en halwen Kuß kregen un Franz gor keinen. Jung'-Jochen was dor natürlich sülwst schuld an, un hei hadd dor recht gaud wat bi dauhn kunnt, denn worüm set'te hei sick so dwatsch in de Eck, dat sin lange linksche Mundsid in de Ecke rinne stunn un de lütten Mätens mit de korte rechteaffunnen warden müßten, wat doch man för halw rekent warden kunn? Un Franz? De dacht nich doran, de was noch nich up de Ird, de was noch in den Himmel, un irst, as allens ut de Kirch gung un hei binnen in de Kirchendör mit Lowise tausamen drop, föll't em in, ehr de Hand tau gewen un wat tau seggen, wat hei buten vör de Kirchendör nich mihr wüßt. – Ja, hei was in Leiw'! Dat schöne Gesicht in deipe Andacht hadd 't em andahn – un för ümmer andahn!

't is mäglich, dat mi hir 'ne sihr frame Fru oder 'ne sihr züchtige Jumfer – ick mein hir nich blot de ollen, ick mein ok de in de bedenklichen Johren – bi min Vertellen en Stein in den Weg smiten ward un mi fröggt: »Wo? Hadd de jung' Minsch sick nich en anner Flag utsäuken kunnt, wenn hei sick mit so'n irdisches Geschäft, as dat Verleiwen is, bemengen wull?« – Un ick würd seggen: »Geehrte Madam un insonders geehrtestes Fräulein, de jung' Minsch was noch so dämlich in so'ne Saken, de Sei so schön genau all ut frühere Erfahrungen kennen, dat hei dat Verleiwen gor nich för en irdisches Geschäft höll. Un wo sall sick äwerall en jungen[189] Minsch denn verleiwen? Blot sommers in Schummern in 'ne Flederlauw' un winters in en Kotteljon up en Ball? Dor führen vele Weg' nah Rom, äwer tau de Hochtid noch gor tau vel mihr, un de sine Brudfohrt antrett, deiht kläuker, hei fängt von de Kirch ut an nich von den Ballsaal ut, hei hett den Trualtor denn dicht in de Neg' un kann rendlich an den Altor treden, twischen Ballsaal äwer un Trualtor, dor liggt 'ne lange, smutzige, stöwige Strat, un männigein möt mit smutzige Schauh un Stäweln in den Ehstand treden. – Nicht wahr, geehrteste Madam? – Und 's is viel sicherer, geehrtes Fräulein!«

Ein einfach Middageten würd in den Pasterhus' tau sick namen, Bräsig was sihr munter un sach ut as Sünnenschin nah den Regen, ok de oll Paster was sihr upgerümt, denn hei wüßt mit Salomonen, dat allens sine Tid hett, »Steine sammeln und Steine zerstreuen«; äwer in den Ganzen klungen de Kirchenglocken noch mit herin, un irst de Koffedisch treckte bi Fru Pastern un Fru Nüßlern dat Mund- und Tungenregister an. De oll Herr Paster namm nah de Anstrengung von den Morgen glik nah Disch en por Ogen vull up sinen Sofa, Hawermann was mit sin Döchting un sin beiden Swester-Kinner en beten in de Luft gahn, dat dat heimliche Upwaken von dat Frühjohr sick as en sachtes, weikes Trostmiddel in de jungen, upgeregten Seelen leggen müggt, un Franz was mitgahn, ok wegen dat heimliche Upwaken von dat Frühjohr, äwer von dat, wat in sine eigene Bost gräunen un bläuhen wull. Jochen Nüßler hadd 'ne Eck funnen, de binah ebenso bequem was as sine Pachteck achter sinen eigenen Aben, Bräsig gung mit korte Beinen un lange Pip in de Stuw' up un dal un stellte sine Fäut ganz unnatürlich utwards, denn sörre de Tid, dat hei sine Pangschon kreg, hadd sine Gangort en ganz annern Swung kregen, un hei wis'te sine nüdlichen Fäut girn breitlings, dat de Lüd' doch segen, wo dat em kein Deuwel tau befehlen hadd un dat hei in sine eigene Schauh stünn un dat dat langjöhrige Klutenpedden em nich den Akkih namen hadd, as hei sick för en öllerhaften[190] Herrn schickt, de von sine Inkünften lewt; Fru Pastern un Fru Nüßlern seten unner de Billergallerie up den Sofa.

»Ja, liebe Nüßlern«, säd de Fru Pastern, »Gott sei Dank! So weit wären wir nun mit den Kindern. Luise ist nun siebenzehntehalb Jahr alt und Ihre beiden noch ein halb Jahr älter; mein Paster sagt's, und ich weiß es auch, sie haben gut was gelernt, und wenn ihnen noch hie und da etwas nachgeholfen wird, so können sie alle Tage als Erzieherinnen ihr Brot verdienen.« – Bräsig blew stahn, treckte de Ogenbranen hoch in En'n un puste 'ne Dampwolk gegen den Sofa ut, vör de sick sogar Jung'-Jochen verfirte. »Ach Gott«, rep Fru Nüßlern ut, »un dat verdanken de ollen Gören blot Sei un den Herrn Paster!« un fot de Fru Pasturin ehre Hand, »leiwer Gott, min Korl-Brauder seggt't, un ick segg't ok, wi känen woll dortau dauhn, dat sei ehr däglich Brod hewwen un dat sei orndlich un rendlich in Kledung gahn un dat sei nich leigen warden un folgen, wenn ehr einer wat heit, kortüm in so'ne Saken, de sick von sülwst so för't Hus hüren; äwer tau dat, wat en Minschen eigentlich taum Minschen makt, dor sünd wi doch nich kumpawel. – Nich wohr, Jochen?« – Achter'n Aben kamm en bistimmenden, behaglichen Ton herute, as kem hei von en ollen trugen Hushund, den de Puckel kratzt ward. – »Hüren Sei, Fru Pastern, Jochen seggt't ok.« – »Ach, ich habe nichts dazu getan«, säd de lütt Fru Pastern, üm den Dank aftauwehren, »das heißt bei Ihren beiden; mit Luise war das allerdings anders, denn da war ich denn doch die Nächste dazu. – Aber – was ich sagen wollte – wir haben noch nie darüber gesprochen, sollen denn vielleicht Ihre Kinder oder eine von den beiden, etwa Mining, Erzieherinnen werden?« – »Wat?« frog Fru Nüßlern un kek de Fru Pastern an, as hadd de ehr vertellt, Mining hadd Utsichten, Pabst tau warden, un as de Fru Pastern ehre Ansicht widlüftiger utenanner setten wull, würden ehre Würd' unner'n fürchterliches Lachen begrawen: »Hah – hah – hah! Schpaß! – Schpaß! – Jung'-Jochen hast's gehört? Was uns' lütt Mining is, soll die Kinder belernen! Hah – hah – hah!« – Dat was[191] Bräsig; äwer hei kamm schön an. Fru Pastern satt dor as 'ne Popp, de up Draht treckt is, ehr rodes Gesicht namm vör Arger en ganz blaglichen Schin an, un unner dat lila Gesicht wackelte de lila Huwenband hen un her: »Wat lachen Sei, Bräsig? Lachen Sei villicht äwer mi? Lachen Sei doräwer, dat ick mein, Mining sall Erzieherin warden? Oh, Herr Inspektor!«, un sei set'te sick noch düller in Positur, »ich bin auch einmal Erzieherin gewesen, und es ist etwas anderes, Kinder zu erziehn, als Hofjungen abzuprügeln.« – »Ja, aber! Nehmen Sie 's nich vör übel, Frau Pasturin. – Hah – hah – hah! – uns' Mining 'ne Schaulmamsell!« – Äwer de Fru Pasturin was in den Strom rinne geraden un swemmte nu, ahn sick an wat tau kihren, up sine Flauten wider: »Und es ist ein großer Unterschied, ob einer was gelernt hat oder ob er nichts gelernt hat, und ein Mensch wie Sie kann keine Erzieherin werden!«

In den Ogenblick, as sei dese Würd' utstött hadd, tred ehr Paster in de Dör, de von Bräsigen sin Lachen upwakt was, un den ollen Mann kamm dat ok so lächerlich vör, dat de Frag' upsmeten was, wat Bräsig Erzieherin warden kunn oder nich; un wil hei kortsichtig was un sine leiwe Fru ehren Zorn nich seihn kunn, lachte hei ok up: »Hah – hah! Bräsig eine Erzieherin!« – Up de Fru Pastern makte de Intritt von ehren Paster en ganz besondern Indruck, ehre See gung verdeuwelt hoch, äwer mit en Mal was't, as wenn Öl äwer de willen Bülgen gaten was; sei kunn sick woll männigmal in sine Gegenwart en lütten füerroden Strämel argern; äwer in den hellen Läuchen von Zorn utbreken: dat stunn nich in ehren Ehkatekism, un so begunn denn in ehren Gemäut en snaksches Spill un lücht'te utehr runnes, uprichtiges Gesicht as ut 'ne Körbsen-Latern herute, tauirst bluckte noch en Mal de helle Flamm von den Zorn in de Höcht un versackte dunn in de düsterrode Glaut von Scham, dat sei as Pasterfru un noch dortau an den hütigen Dag sick so wid vergeten hadd, un de Glaut vergläute in de grise Asch von einen recht verdreitlichen Arger äwer sick sülwst, un as ehr ehre eigenen[192] letzten Würd', dat Bräsig kein Erzieherin warden künn, infelen un sei ehren Paster lachen sach, dunn puste sei sick de Asch ok mit en Ladien von'n Liw', höll sick äwer dat Taschendauk vör't Gesicht, dat de Sak doch nich tau grell utfel.

Fru Nüßlern hadd während dem up Nadeln seten, un as de Paster rinne kamm, was sei upsprungen un säd ganz unglücklich tau em: »Leiwer Gott, Herr Paster, ick bün de unschüllige Ursak tau desen Strid – Bräsig, laten Sei doch Ehr dummes Lachen unnerwegs! – Fru Pasturin meint, min Mining sall 'ne Erzieherin warden – du leiwer Gott, ja! Wenn Sei un de Fru Pasturin dat för gaud inseihn, denn sall sei jo dat ok, Sei hewwen uns jo ümmer taum Gauden raden. Nich wohr, Jochen, sei sall dat?« – Jochen krop achter den Aben herut: »Ja, 't is all so, as dat Ledder is; wenn sei äwer möt, denn möt sei«, un dormit gung hei ut de Stuw', wohrschinlich, üm sick de Sak buten in de Einsamkeit dörch den Kopp gähn tau laten. – »Aber was heißt dies alles!« frog nu de Paster. »Regina, ist dies wirklich dein Ernst?« – Un Fru Nüßlern gung an de lütte Fru Pastern ranne: »Fru Pasturin, dat sall jo ok allens – Bräsig, schämen S' sick wat! – Fru Pasturin, weinen S' nich länger!« un treckte ehr dat Taschendauk von't Gesicht un prallte en Schritt taurügg, as ehr dorachter dat runne Gesicht entgegen lachte. »Wat 's dit?« rep sei ut. – »Ein Mißverständnis, Frau Nachbarin«, lachte de oll Herr. »Kein Mensch hat daran gedacht, aus Mining eine Erzieherin zu machen. Nein! Unsere Kinder sollen nicht die Anzahl der armen, unglücklichen Mädchen vermehren, die, herumgestoßen in der Welt, für alle Mühe und Sorge, die sie dem schwersten Berufe opfern, mit dem kümmerlichen Brot nur Demütigung der Seele und Krankheit des Leibes ernten. Nein, unsere Kinder sollen mit Gottes Hülfe erst frische, gesunde und tüchtige Hausfrauen werden, und wenn sie das geworden, dann mögen sie unserntwegen Erzieherinnen werden – d.h. ihrer eigenen Kinder.« – »Herr Paster, min leiw' Herr Paster«, rep Fru Nüßlern, as wir ehr en Stein von'n Harten namen, »Gott segen Sei för dat Wurd! Uns' Mining[193] sall kein' Erzieherin warden. Jochen – wo büst du, Jochen? – ach, hei 's woll in sine Trurigkeit rute gahn. Ja, Herr Paster, un wirtschaften sälen sei lihren! Sei sälen mal seihn, ick will min woll dortau anhollen.« – »Ja«, rep Bräsig dormang, »un en guten Mund voll Essent müssen sie kochen können.« – »Versteiht sick, Bräsig! Ach, Herr Paster, ick heww jo dat dunnmals mit de Erzieherinnen allens sülwst hatt, un vergangen Woch' was ick mit de nige Fru Amtmannen tausamen – is ok 'ne Erzieherin west – seihn S', dat swekt un swankt un jappt un jankt in den Hus' herümmer un süht so blassing ut as dat Leiden Christi – interessant seggen sei jo dortau ...« – »Die ganze Interessantigkeit is for en Proppen!« rep Bräsig dormang. – »Äwer, seihn S', Fru Pasturin, dat kakt de Eier hart un verbrennt den Braden. Herre Gott, ja, ick segg jo gor nicks dorvon, dat nich einer wat lihren sall, vel lihren, dat hei doch de Zeitungen lesen kann un von den ollen Fritzen un so'ne Lüd' wat weit, un weit, wo de Appelsinen wassen un de Kaneilsbork; äwer, Fru Pasturin, ick segg man, wenn hei't nich weit, kann hei jo täuwen, bet hei mit en Gelihrten tausam kümmt, un kann em jo fragen; äwer, Fru Pasturin, mit en Braden! Täuwen kann ick dor nich mit, denn dat Middag sall up den Disch stahn, un fragen kann ick ok keinen – up den Lan'n, Fru Pasturin! – villicht de dummen Deinstdirns? Na, dat würd en schön Gericht warden!« –»Recht, Frau Nachbarin«, säd de Paster, »vor allem müssen die Mädchen erst die Hauswirtschaft lernen.« – »Dat segg ick, Herr Paster, dat segg ick! Du leiwer Gott, mit dese lütte Amtmannsfru! Dat will girn un dat kann nich! Wat min beiden mit säben Johr all an de Schauhsalen aflopen hadden, dor fröggt sei nah; sei fröggt, wat de Swin all melkt sünd, un wat de lütten Küken all sagen hewwen. – Un, Herr Paster, Lowise sall ok kein Schaulmamsell warden?« – »Nein, mit unserm Willen nicht, und da Hawermann mit uns derselben Meinung ist, so soll sie hier die Wirtschaft führen. Regina wird mir schon ein bischen zu bequem und, nicht wahr?«, un hei set'te sick bi sine Fru up den Sofa un slog[194] den Arm üm ehr, »auch schon zu alt, sie nimmt schon gern junge Hülfe an und würd' es nicht ertragen, sich von ihrer Luise zu trennen.« – »Aber du erst recht nicht, Pastor! Wirklich, ich fühle mich schon vollständig abgesetzt, das geht vom Morgen bis zum Abend: Luise, bring mir dies! und Luise, hol mir das!« – »Nun ja, ich will's nicht streiten, mir würde viel fehlen, wenn das Kind nicht um mich wäre.«

Mit de Wil was nu Hawermann mit de Kinner un Franzen taurügg kamen; sei hadden buten Jung'-Jochen drapen, de in'n Horen dor in sichtbore Upregung rümmer lopen was. Hei was up sin Mining losgahn, hadd sei in den Arm namen un küßt un hadd seggt: »Mining, ick kann dor ok wider nicks bi dauhn«; un as em Hawermann fragt hadd, wat em fehlen ded, hadd hei blot seggt: »Swager, wat möt, dat möt.« Un as dat in den Pasterhus' tau de Afreis' kamm un hei up den Wagen satt, hadd hei dat Gefäuhl, als führte hei mit en Slachtopfer äwer Feld, un as em sine Fru tau Hus dat widlüftig utenanner set't hadd: Mining süll gor kein Erzieherin warden, hadd de ganze Sak doch so'n deipen Indruck up em makt, dat hei sin Mining sörre dese Tid för en unglücklich Mäten hollen un sei deshalb vörtrecken ded. Sei müßt von nu an bi Disch ümmer bi em sitten, un hei läd ehr de besten Stücken up den Teller, as wenn sei alle Dag' ehre Henkersmahltid vertehren ded.

Quelle:
Fritz Reuter: Gesammelte Werke und Briefe, Band 5, Rostock 1967, S. 179-195.
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