Kapittel 13

[218] Wenn einer ut en Preisterbedd in Preisterkledaschen rinne kümmt. Worüm Bräsig de ganze Welt an sin Hart drücken wull, un worüm dat unnet em knacken würd. Wat Hawermann sick üm 'ne Sak kümmert, die em eigentlich gor nich angeiht. Worüm Jung'-Jochen un Jung'-Bauschan sick ankeken, un wat dat för en En'n för Jung'-Bauschanen namm un för en En'n för den irsten Deil von des' Geschicht.


Den annern Morgen – 't was de Sünndagmorgen – wakte Bräsig up un lagg un reckte sick nu noch en beten in dat weike Bedd – »en Plesier«, säd hei tau sick, »was ich mir sonsten meindag' nich habe gönnen künnt, was mich aber woll gefallen kann. 's is aber auch woll man wegen der Neulichkeit, auf die Längde wird einen das auch über«, un hei wull all upstahn, as Fru Pastern ehr Stuwenmäten in de Dör rinne wutschte, mit einen Griff sine Kledaschen tau faten kreg un dormit affohrte, em äwer dorför en swarten Rock un swarte Hosen un 'ne swarte West äwer'n Stauhl läd.

»Hoho!« lachte hei un bekek sick de swarte Utrüstung, »Sünndag is't, un in'n Pasterhaus' is't auch; sie werden doch nich glauben, daß ich heut predigen soll?« Hei böhrte ein Stück Tüg nah't anner in de Höcht un säd tauletzt: »Nu versteh ich dir! 's ist bloß wegen den gestrigen Graben, wegen der Nassigkeit un der Dreckigkeit von meine eigene Appanage, daß ich mich's nu in den Herrn Paster seine bequem machen soll. Na, denn man zu!« Äwer so fix gung dat nich, un von Bequemlichkeit was dat wid af; mit de Läng' gung dat allermeist, äwer in de Breid' funn hei in den Herrn Paster sine Büx man swack Hüsung, bi de West wiren de ündelsten Knöp abslutemang nich tautaukrigen, un as hei den Rock antrecken würd, knackte em dat eklich mang de Schullerbläder, un de Arm stunnen em von den Liw' af, as wir hei an desen Sünndagmorgen parat, de ganze Welt an sin truges Hart tau drücken.

So kamm hei nu bi de Fru Pastern unnen in de Stuw herinner, utwarts unnen an de Bein, wat sörre sine Pangsionierung sine gewöhnliche Gangort was, äwer nu ok baben utwarts an de Arm, un de Fru Pastern müßte hell uplachen,[219] flog äwer achter den Koffedisch taurügg, as Bräsig ehr mit de apnen Arm entgegenkamm, as süll sei dat irste Opfer von sine Weltümarmung warden. – »Bleiben Sie mir vom Leibe, Bräsig!« rep sei. »Das hätte ich nur ahnen sollen, daß meines Pastors gute Kleider sich so abscheulich an Ihrem ungeschickten Leibe ausnehmen würden, Sie hätten mir bis Mittag im Bette bleiben müssen, denn so lange wird es dauern, bis die Ihrigen gewaschen und getrocknet sind.« – »Hoho!« lachte Bräsig, »also derentwegen! Und ich hab mich schon eingebildet, daß Sie mich die Pasterkledaschen geschickt hätten, daß ich Ihnen doch bei das Rangdewuh heut morrn lieblicher vor Augen käme.« – »Hören Sie mal, Bräsig«, fohrte de lütte Fru Pastern füerrod in't Gesicht up, »solche Anspielungen verbitte ich mir! Und wenn Sie in der Nachbarschaft umhergehn – Sie haben jetzt ja nichts weiter den lieben langen Tag zu tun, als Geschichten von einem zum andern zu tragen – und erzählen die Geschichte von gestern abend und von dem verdammten Rendezvous, dann sind wir geschiedene Leute.« – »Frau Pasturin, wo werd ich!« rep Bräsig un rückte mit de wit utgebreidten Arm wedder up de Fru Pastern los, dat sei wedder achter den Disch fohrte. »Na, fürchten Sie sich doch nich vor mir, ich bün jo doch kein Jesuwiter!« – »Nein, Bräsig, ein alter Heide sind Sie, aber ein Jesuit nicht. Doch, sagen Sie etwas davon ... Ach, du lieber Gott! Hawermann muß es wissen, mein Paster sagt es selbst. Aber, wenn er darnach fragt, lassen Sie mich aus dem Spiele – denken Sie bloß, wenn die Pomuchelskopps dies erführen, ich wäre die unglücklichste Frau in der Welt. Ach, du lieber Gott! Und ich hab's doch nur aus gutem Herzen für das unschuldige Kind getan, Bräsig. Ich habe mich doch nur für sie aufgeopfert.« – »Das haben Sie, Frau Pasturin«, säd Bräsig recht truhartig, »und darum lassen Sie sich keine grauen Haare mehr wachsen, denn sehn Sie, wenn Korl Hawermann mich fragt, wo Sie dor mang gekommen sind, denn sag' ich – denn, ne – denn sag' ich, Sie haben mich selbsten auf Rangdewuh bestellt.« – »Sie? Schämen Sie sich!« – »Na, Frau Pasturin,[220] bün ich nich ebenso gut as der Windhund? Und passen unsere Jahren nich besser zusammen?« Un dorbi sach Bräsig so unschüllig ut, as hadd hei dat beste Utkunftsmiddel vörslagen, wat tau denken wir. – Fru Pastern sach em utdrücklich in dat ihrliche Gesicht und folgte ehre Hän'n ganz andächtig äwer ehre Mag' un säd: »Bräsig, ich glaube Ihnen. Aber, Bräsig, lieber Bräsig, richten Sie alles zum guten. Und – und ... nu kommen Sie und trinken Sie eine Tasse Kaffee und setzen Sie sich«, un dorbi fot sei em an einen von de stiwen Arm und dreihte em nah den Koffedisch heran, as wenn en Möller 'ne Buckmähl gegen den Wind dreiht.

»Schön!« säd Bräsig un kreg de Taß tau faten un höll sei in den stiwen Arm von sick af, as wir hei en Kunststückmaker un de Taß wög hunnert Pund und hei höll sei vör en verehrungswertes Publikum in de Luft; un setten wull hei sick ok, äwer hei kamm nich dortau, denn as hei de Knei bögt hadd, fung dat an tau knacken, un hei flog tau Höchten – was dat nu de Pasterstauhl oder de Pasterhos', hei wüßt't ok nich, drunk äwer sinen Koffe in'n Stahn ut un säd: dat wir ganz Parti egal, denn Tid hadd hei doch nich, hei müßte tau Fru Nüßlern wegen den Breiw. – Un wat de Fru Pasturin ok bidden ded, hei süll doch de Drögnis von sin eigen Tüg aftäuwen, dat hulp ehr nicks, Fru Nüßlern ehr blote Wunsch was för em en Befehl, de in't Wachbauk von sin Gewissen inschrewen was, un so segelte hei denn af un flog up de langen, swarten Slippen von de Preisterkledasch in den Sommermorgen herin nah Pümpelhagen un Rexow tau, langsam un swor, as wir't Mod' worden, Kreihen up de Mast tau jagen un sei nahsten Prauw fleigen tau laten.

Bet Pümpelhagen kamm hei vörlöpig man, dor würd hei von Hawermannen anraupen, de äwer den Gorentun heräwer sach: »Mein Gott, Zacharias, wo sühst du ut?« – »Verhältnissen, Korl, lauter Verhältnissen! As du weißt, bün ich gestern in die swarze Mad' gefallen; aber Zeit hab' ich nich, ich muß zu deine Swester.« – »Bräsig, min Swester ehr Sak ward mihr Tid hewwen, as min hett; ick heww in dese letzte[221] Tid woll markt, dat achter minen Rüggen wat vörgeiht, wat ick nich weiten sall. Dat wir ok egal; äwer sid gistern abend weit ick, dat de Herr Paster un de Fru Pasturin ok üm de Geschichten weiten, un wenn de Lüd' mi genäwer wat vertuschen willen, denn weit ick ok, dat dat blot ut ehren gauden Harten geschüht.« – »Wohrhaftig, Korl, bloß aus guten Herzen«, föll Bräsig in. – »Gewiß, Bräsig, un von Mißtrugen weit min Seel ok gor nicks af; äwer mi is dat sid einige Tid swor up't Hart follen, dat dat 'ne Sak is, de mi verdeuwelt neg angeiht. Wat hest du gistern abend mang de Sak tau dauhn hatt?« – »Ich, Korl, ich hab' bloß mit die Frau Pasturin 'ne Rangdewuh in den Wassergraben gehabt.« – »Wat hett.de Herr Pastur dor mang hatt?« – »Korl, von den haben wir selbsten nichts gewußt, der hat uns übergerascht.« – »Wat hett de Herr von Rambow dor tau dauhn hatt?« – »Der hat deinen Windhund in'n Kragen gekrigt und mir vermutlich in den Graben gesmissen.« – »Wat het Fritz Triddelfitz mit de Geschicht tau dauhn hatt?« frog Hawermann nu hellschen indringlich. »Un wat hett Lowise ehr Haut un Dauk mit de Sak tau dauhn?« – »Weiter gor nichts, Korl, als daß sie die Frau Pasturin gor nich paßten, indem daß die Frau Pasturin gor sie viel zu vüllig war.« – »Zacharies«, säd Hawermann un reckte em de Hand äwer den Tun heräwer, »dit sünd Utflüchten. – Willst du mi't nich seggen – wi sünd jo doch de beiden öllsten Frün'n – oder darwst du mi't nich seggen?« – »Korl – hol der Deuwel die ganze Rangdewuhgeschicht und die Frau Pasturin ihre Angst dazu!« rep Bräsig un drückte Hawermannen sine Hand äwer den Tun räwer un schüddelte sei so lang in den hogen Nettel, de an den Tun wuß, dat sei beid' taurügg zupften: »Korl, ich sag's dir – der Paster will's dir ja selbsten sagen – worüm ich nich? Dein Fritz Triddelfitz, der verfluchte Windhund, hat sich in dir verliebt, vermutlich wegen deine väterlichen Vermahnungen um ihn, un nu is seine Liebe auch auf deine Tochter übergesprungen, denn die Liebe springt ümmer über, zum Exempel: mit mir bei deine Swester un bei Mining.« – »Bräsig,[222] red irnstlich!« – »Red ich nich irnstlich, Korl, wenn ich von deine Swester un Mining red?« – »Dat weit ick«, säd Hawermann un grep trotz den Nettel wedder nah Bräsigen sine Hand, »äwer wat hett Franz dor mang tau dauhn?« – »Hat sich meinswegens auch in dir verliebt wegen deiner Väterlichkeit un is meinenswegens auch von dir zu die Tochter übergesprungen.« – »Dat wir en Unglück!« rep Hawermann, »en grotes Unglück! Un üm dat wedder in de Reih' tau krigen, dor hürt en anner tau as ick; dor möt uns' Herrgott helpen!« – »Das wüßt ich gor nich, Korl, denn er hat zwei Güter ...« – »Segg nicks, Zacharies, kumm rinne un vertell mi, wat du weitst.«

Un as nu Bräsig em allens vertellt hadd, wat hei wüßt, un up den Fautstig nah Rexow hentau räuderte, stunn Hawermann un kek em nah un säd tau sick: »'t is en gauden Minsch, sin Hart sitt up dat richtig Flag, un wenn ick't fünn, denn nem ick't woll up – äwer ... äwer!« – Hei meinte ditmal äwer nich Bräsigen, hei meinte Franzen.

An desen Sünndagmorrn satt Jung'-Jochen üm de Frühstückstid in sine Abeneck un in sinen Lehnstauhl, Mining un Lining deckten den Frühstücksdisch un drogen ümschichtig de Teller mit Schinken un Wust un Brod un Botter up, un as allens sauber un vullstännig up den Disch stunn, kamm Fru Nüßlern sülben herinner, set'te den Degel mit heite Speigeleier dortau: »So, Jochen, nu lat s' ok nich kolt warden!« un gung wedder rute, üm buten taum Rechten tau seihn.

De Eier prätelten noch in den Degel – 't was recht fierlich – äwer Jung'-Jochen rögte sick nich. Was dat nu, wil hei sine Pip Toback noch nich ut hadd, de doch irst beschafft sin müßt, oder was dat nu, wil hei in en Bedenken satt äwer de beiden Breiw', de hei up den Schot tau liggen hadd; kortüm, hei rögte sick nich un kek up ein Flag, blot up dit eine Flag. Un up dit eine Flag, unner den Aben, ganz dicht bi em, lagg Jung'-Bauschan un kek em ok an. Jung'-Bauschan was de jüngste Nahkam von dat ganze Bauschan-Geslecht, wat sörre Oll-Jochen sine Tid in den Hus' upfött un anbännigt[223] worden was; wenn hei anred't würd, würd hei »Bauschan« raupen, wenn äwer von em red't würd, denn würd hei »de Thronfolger« näumt, nich üm sinentwillen, ne, üm Jochen sinentwillen, wil dit – so vel sick Minschen entsinnen kunnen – de einzigste Witz was, den hei mal in 'ne gaude Stun'n farig kregen hadd.

Also, as ick seggt heww, de beiden jungen Lüd', Jung'-Jochen un Jung'-Bauschan, keken sick enanner an, un jedwerein dacht sin Deil, Jung'-Jochen dachte an de Breiw' un Jung'-Bauschan jo woll an den Geruch, de em von den Eier-Degel in de Näs' kamen was. Jochen rögte sick nich, äwer de Thronfolger strek sick nah 'ne Wil mit de Pot äwer dat nahdenkliche Gesicht, sine Näs' würd wat spitzer, un de Näs'löcker tillfäut'ten in de Luft rümmer, hei krop unner den Aben rute, namm 'ne höfliche Mien' an un makte Jung'-Jochen sin Kumpelment mit den Start. Jung'-Jochen rögte sick nich, un Jung'-Bauschan sach dorut, dat allens in den gewöhnlichen Verfat was, hei gung also neger an den Disch, kek sick einmal scheiw üm, mihr nah Fru Nüßlern as nah Jung'-Jochen, läd den Kopp up den Frühstücksdisch un sog sick vull selige Hoffnungen, as junge Lüd' dat äwerall dauhn. Mit de Hoffnung geiht dat nu äwer woll 'ne Tidlang, jedennoch de Minsch will wat Reelles för sinen Snabel – de Thronfolger set'te also sine beiden Beinen – blot de Vörbeinen – up en Stauhl un kamm em nu neger. Sin Näs' kamm äwer den Teller mit den roden Schinken, un – na, junge Lüd' – Bauschan snappte tau, grad as unserein in junge Johren, wenn en por rode Lippen uns anlachen deden, un grad as wi verfirte hei sick ok in den Ogenblick äwer sine Undaht un verkrop sick, äwer – dat ick't seggen möt – mit den roden Schinken.

»Bauschan!« rep Jung'-Jochen so indringlich as 'ne Mutter, de äwer de roden Lippen set't is, rögte sick äwer nich; indessen Bauschan – was dat nu, dat hei as Thronfolger glöwte 'ne Ort Hoheitsrechte äwer alle de roden Lippen in sinen Rik tau hewwen, oder was hei all so verdorwen, dat so'n schönen heimlichen Kuß gor keinen Indruck mihr up em[224] maken ded – hei kek Jochen frech in dat Gesicht, putzte sick blot de Snut un lickmün'nt nah mihr. Jochen sach em ok drist in de Ogen, rögte sick äwer nich, un nah 'ne korte Wil stunn Bauschan wedder up en Stauhl, äwer ditmal ok mit de Achterbeinen, un fret en Teller vull Wust up. – »Bauschan!« rep Jochen, »Mining, Bauschan frett uns' Wust up!«, rögte sick äwer nich. De Thronfolger äwer rögte sick, un as hei de Wust tau Bost hadd, makte hei sick an dat Hauptgericht, an den Degel mit de Speigeleier. – »Mutting! Mutting!« rep Jung'-Jochen, »hei frett uns de Eier up!« – Äwer Jung'-Bauschan hadd sick an den heiten Degel de wisnäs'te Näs' verbrennt, hei prallte taurügg, stödd den Degel üm, namm de Kämbuddel noch mit den Start wohr, un de ganze Disch de rögte sick, blot uns' Jung'-Jochen rögte sick nich, hei rep blot ut sine Eck: »Mutting! Mutting! De verfluchte Hund! Mutting, hei frett uns de Eier up.«

»Was bröllst du denn, Jung'-Jochen, in deinen eigen Haus'?« rep einer, de just in de Dör rinner kamm, äwer de ok nich so getacht was, dat Jochen sick dorbi beruhigen kunn. Hei let sine Pip vör Schreck ut de Mund fallen, reckte beide Hän'n nah vör un rep: »Alle gauden Geister lawen Gott den Herrn! Herr Paster, sünd Sei't, oder Bräsig, büst du't?«

Ja, Bräsig was 't; taum wenigsten kunn em einer, wenn hei nipper tausach un em Tid laten würd, unnenwarts an de gelen Stulpstäweln noch för en Entspekter anseihn, äwer Jochen würd dortau keine Tid laten, denn de Gestalt, de in de Dör kamen was, hadd soglik Bauschanen sine Undaht gewohr worden un fohrte in alle Ecken von de Stuw' rümmer nah en dägten Stock för den Thronfolger sinen Puckel, un achter ehr her swemmten un flogen in de Luft en Por lange, lange swarte Rockslippen, as wenn de Drak treckt, un ut den hogen swarten Rockkragen un unner den hogen swarten Haut, de halw äwer de Ogen gläden was, lücht'te en füerrodes, wütendes Gesicht herut, as wenn en Schosteinfeger 'ne gläugnige Kahl in den Mund namen hett, üm Kinner grugen tau maken. Jung'-Jochen was grad kein Kind mihr, äwer[225] grugen würd em doch, hei was upsprungen un höll sick an de Lehn von sinen Stauhl wiß un rep ümmer ümschichtig: »Herr Paster! – Bräsig! – Bräsig! – Herr Paster!« – Un de Thronfolger was noch in de Kinnerjohren, em würd schrecklich grugen, hei fohrte ok in de Ecken rümmer un jaulte un kunn nich rut ut de Stuw', denn de Dör was tausnappt, un as em de swarte Gestalt mit en gelen Stock tau Liw' rückte, dunn – Not breckt Isen – fohrte hei dörch de Finsterruten un namm de halwe Finsterlucht mit up de Strat.

Na, bi den Larm kunnen jo Doden upwaken, worüm süll em denn nich Fru Nüßlern in de Käk hüren? Un grad, as sei in de Dör rinne stört'te, schow sick Bräsig mit de ein Hand den Haut ut de Ogen un wis'te mit de anner un den Gelen up de leddige Finsterlucht un rep de ewig denkwürdigen Würd': »Da hätt'st du eigentlich dörchmüssen, Jung'-Jochen! Denn was versteht die unverständige Kretur von Thronfolger davon? All de schöne Käm!« – »Mein Gott!« rep Fru Nüßlern dormang, un de Hän'n sackten ehr an den Liw' dal, »Jochen, wat heit dit? – Bräsig, Gott in den Himmel, wo seihn Sei ut!« – »Mutting«, säd Jung'-Jochen, »de Hund un Bräsig ... Wat sall ick dor anners noch bi dauhn?« – »Schämen sollst du dir, Jung'-Jochen«, rep Bräsig un steg mit grote Schritten de Stuw' up un dal, dat de langen Rockslippen binah in den Käm stippten; »wer is hier Herr in den Haus', du oder Jung'-Bauschan?« – »Äwer Bräsig, wat hewwen Sei sick denn so gruglich utkledt?« frog Fru Nüßlern. – »So?« frog Bräsig ün kek sei grot an, »sünd Sie bei'n Rangdewuh mit die Frau Pastern gestern abend in'n Graben gefallen, daß heut morrn noch die reine Mad' an Ihre nassen Kledaschen sitzt? Haben Sie gestern en Brief gekrigt, daß Sie hier in Rexow sein sollen zu 'ner Fomilienratschlagung? Und wo sollt ich das machen? Kann ich dorvor, daß uns' Herr Paster lang is as Lewerenzen sein Kind un dünndarwig as 'ne Mad un en weitläufigeren Kopp hat als ich? Worum hat mich die Frau Pastern heut morrn in die ganze Appanage von ihren Herrn Paster hereinkumplementiert, worum haben die ollen[226] dummen Bauern mir ümmer von Firn von den Kirchweg aus: ›Gun Morrn, Herr Paster!‹ tituliert, als daß ich aus guten Herzen mir mit die Fomiliengeschichte bemengen wollte?« – »Bräsig«, rep Jung'-Jochen, »ick swör di ...« – »Swör nich, Jung'-Jochen! Du swörst dir in die Höll. Nennst du das 'ne Fomilienberatslagung, wo de Käm in der Stub' rumläuft und ich mir hier in 'ne Pasterkledasch zu'n Eulenspiegel machen muß?« – »Bräsig, Bräsig«, rep Fru Nüßlern, de ehren ollen Jugendfründ in sinen Zorn gor nich wedder kennte un de Schören von den Fautbodden sammelte un dat Dischdauk taurecht treckte, »dit is jo 'ne Kleinigkeit. Seihn S', nu is allens wedder in de Reih.« – Gegen Fru Nüßlern ehre fründlichen Würd' kamm Bräsigen sin Zorn seindag' nich up, un as hei sick an den Frühstücksdisch dal nödigen let, gnurrte hei blot noch so vör sick hen: »Weiß der Deuwel, Jung'-Jochen, ich habe ümmer noch in der Hoffnung geswebt, daß du mit die Jahren von die Unnußlichkeit los werden würdst; aber ich seh woll, was da in begris't is, is da auch in begragt. Indessen dennoch – was is denn hier passiert?«

»Je«, säd Fru Nüßlern ... »Je«, säd Jochen ok, un sin Fru sweg still, denn sei glöwte, Jochen wull würklich wat seggen; hei säd äwer nicks as: »'t is all so, as dat Ledder is.« – »Je«, fung also Fru Nüßlern wedder an, »dor is den Rekter Baldrian sin Gottlieb, wat Jochen sin Swestersähn is – en rechten framen Minschen un recht gesetzt un sall ok as Kannedat sine Ding' lihrt hewwen – na, Sei hewwen em jo hir ok all öfters seihn.« – »Ja«, nickte Bräsig, »en rechter netter junger Mensch, is 'ne Art von Petist, hat sich die Haar hinter die Ohren gekämmt, daß er aussehen möcht as unser leibhaftiger Herr Christus, und hat mir mal bekehren wollen, daß ich 's Sünndagsmorrns nich zu's Angeln gehn sollte.« – »Ja, den mein ick. Un hei's mit sin Schaulen woll noch nich ganz dörch, un nu biddt de Rekter, dat wi em up etzliche Tid hir her nehmen sälen, dat hei hir still för sick weg noch dat letzte in den Kopp rinne studieren sall, un nu wullen wi Sei doch mal fragen, wat Sei dortau meinen deden.« –[227] »Worum nich? DiePetisten sünd stille Leut', un das Einzigst, was sie an sich haben, is das Bekehren; un Sie, Frau Nüßlern, Sie werden ihnen doch wohl Gegenstand leisten, un Jung'-Jochen, der is jo – Gott sei Dank! – so, daß er sich nich von mir un Jung'-Bauschan bekehren läßt.« – »Ja, dat is all recht gaud, Bräsig, äwer 't dick En'n kümmt nah: dor is nu noch Kurzen sin Rudolf, hett jo ok up en Preister studiert, is jo ok en Swestersähn von Jochen; hett de dat nu hürt, dat de anner sick hir bi uns inmeiden will, de schriwwt nu gistern ok an uns, hei hadd in Rostock hellschen rümmer bummelt un wull nu hir in Rexow dat Notwennigste nahexieren. Nu bidd ick Sei! hett in Rostock all de gelihrten Professers un hir in Rexow blot Jochen un mi!« – »Oh, ich kenn ihn ja«, rep Bräsig, »is ein hellschen netter Mensch! Als er grad anfing zu studieren, da holt er mir schon ein halb Dutzend Bors aus dat swart Soll, der kleinst wog gut annerthalb Pund.« – »Ih, wat wullen Sei em nich kennen! Hei was dat jo, de Mining, as sei mit söß Johren in ehre Dummheit in dat Aderborsnest up de Deckelledder rinne klattert was un nu baben stunn un vör Lust in de Hän'n klappte, dat uns unnen gräun un gel vör de Ogen würd, heil un gesund wedder runner bröchte. Ja, up so wat ward hei woll hellschen geläufig sin; äwer mit dat Lihren will dat nich so, un de Rektern Baldrianen seggt, hei hett sick dor in Rostock rümmer fecht. – Denken S' sick, mit blanke Degens hewwen sei sick dor fecht, un hei 's dor midden mang west, un dat sall jo von 'ne rike, hübsche Kopmannsdochter herkamen sin.« – »Daß du die Nas' in's Gesicht behältst!« rep Bräsig. »Kik den Deuwel an, wat hei för Schauh verdröggt! Un hat sich orndlich gefecht't, un wegen 'ne hübsche Kaufmannsdochter! Ja, Jung'-Jochen, von die Frauensleut kommt allens Ungemach.« – »Ja, Bräsig, dat seggst du woll; äwer wat sälen wi nu hirbi dauhn?« – »Na, was is denn dabei groß los? Wollt ihr die beiden jungen geistlichen Elemente nich haben, denn schreibt ihnen ab, wollt ihr sie haben, denn schreibt ihnen zu; Platz habt ihr, und auf's Essen un Trinken kann's nich[228] ankommen, aber for die Auslagen for die vielen Bücher, da hüt't euch, denn das soll hellschen in's Laken reißen; un wollt ihr bloß einen nehmen, denn nehmt dissen, den Fechter, denn ich for meine Perßohn will mir dausendmal lieber mit einen rumfechten, als mir von einen bekehren lassen.« – »Ja, Bräsig, dat is all recht schön«, säd Fru Nüßlern, »äwer Gottlieb Baldrianen hewwen wi all tauschrewen, un nu känen wi de Kurzen doch nich so vör den Kopp stöten, dat wi ehren Rudolf afschriwen.« – »Na, denn nehmt die beiden.« – »Je, Bräsig, dat seggen Sei woll; äwer uns' beiden lütten Dirns ... insegent sünd sei doch all ... Na, Jochen, nu red du!« – Un Jochen fung würklich an tau reden: »'t is all so, as dat Ledder is – süh mal, Bräsig, Mining is doch so – du weitst dat jo ok – as Erzieherin upfött worden, un min seel Mutting plegt' ümmer tau seggen: 'ne Erzieherin un en Kannedat in ein un densülwigen Hus', dat hett kein Ort.« – »Hoho! Jung'-Jochen! Nu hör ich dir laufen. Du meinst mit Liebschaften; aber das lütte Kropzeug un Liebschaften!« – »Ne, Bräsig«, föll Fru Nüßlern hastig in, »smiten Sei dat nich so wid weg! Ick as Mutter möt dat weiten. Seihn S', ick was noch nich so olt as de beiden, dunn kamm ...« – Fru Nüßlern snappte af, denn Bräsig hadd en verflucht langtägsches Gesicht upset't un kek ehr hellschen frag'wis' in de Ogen. Taum Glücken was Jung'-Jochen in't Reden kamen un säd nu: »Bräsig – Mutting, schenk doch Bräsigen in – Bräsig, dor kann doch wat ut entstahn, un wat sälen wi as Öllern denn dorbi dauhn?« – »Laß sie, Jung'-Jochen! Wozu hat ihnen unser Herrgott als junge Leute in die Welt gesetzt, und was haben sie for andere Geschäften als Liebesgeschichten. Aber das lütte Kropzeug!« – »Dat is en Snack von Sei, Bräsig«, föll Fru Nüßlern hastig in. »So süllen Sei nich von so'ne irnsthafte Sak reden, denn ut en schires Ei krüppt männigmal doch en Basilisk.« – »Lassen Sie ihn raußer kraufen!« rep Bräsig. – »So?« frog Fru Nüßlern. »Dat seggen Seil Ick äwer segg anners. Jochen is nich dortau andahn, dat hei sick üm so wat kümmert: för sinentwegen känen sick all uns' Deinstdirns[229] verleiwen, verplämpern im verfrigen, un ick – du leiwer Gott – ick heww alle Hän'n vull tau dauhn un mit min Ogen nah vören so vel wohrtauschugen, dat ick ok nich seihn kann, wat achter minen Rüggen passiert.« – »Na, wofor bün ich denn?« frog Bräsig. – »Ach Sei!« smet Fru Nüßlern so bi Sid weg, »in so'ne Saken weiten Sei ok nich Bescheid.« – »Wat!« rep Bräsig, »ich, der ich mal drei Brauten« ... – Wider kamm hei nich, denn Fru Nüßlern hadd ok so'n lang Gesicht upset't un kek em so fragwis' an, dat hei up sine Verlegenheit den lütten Käm setten müßt, den Fru Nüßlern em inschenkt hadd. – »'ne verfluchte Geschicht!« rep hei un stunn up, »un wer is doran schuld? Jung'-Jochen!« – »Je, Bräsig, wat sall ick dorbi dauhn?« – »Was?.du läßt dir hier von den Thronfolger das Frühstück vor die Nase auffressen, nimmst dir hier zwei geistliche Kannedaten ins Haus und weißt denn deinem Leibe keinen Rat! Aber lassen Sie man sin, Frau Nüßlern, nehmen Sie getrost die beiden geistlichen jungen Herrn in Ihr Haus. Ich – ich paß auf, ich paß auf das lütte Kropzeug, un die beiden ßackermentschen Bengels soll das Donnerwetter holen! Den Fechter, den Duwellfechter, den nehm ich über mir, schmeißen Sie man ab un an en Aug' auf den Bekehrer, denn das ist der Slimmste.« – »Je, 't ward ok nich anners«, säd Fru Nüßlern un stunn ok up.

Un up Micheli rückten de beiden geistlichen Rekruten in't Quartier, un Franz gung af nah de landwirtschaftliche Schaul tau Eldena, un as hei ut den Gürlitzer Pastergoren gung, dunn kek em äwer den Tun, up dat sülwige Flag, wo Fritz mit dat Botterbrod un de Birbuddel seten hadd, ein leiwes, herrliches Gesicht nah, un dit Gesicht sach ut as en sidenen, rosenroden Geldbüdel, ut den de letzte Groschen för den besten Fründ utgewen is.

As Lowise desen Abend in'n Schummern in de Stuw' kamm, treckte Fru Pastern dat grote, schöne Mäten up ehren Schot un küßte ehr den reinen Mund un drückte dat reine Hart an sick. – Na, de Frugenslüd känen jo dat nich laten!

Quelle:
Fritz Reuter: Gesammelte Werke und Briefe, Band 5, Rostock 1967, S. 218-230.
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