Kapittel 15

[241] Worüm sick de Fahn nich swenken let, un worüm de Kedenhund David Däseln in de Waden fohrt. Worüm Marie Möllers as en Plättbolten utsüht un Bräsig de Swin tau Pümpelhagen mit Rosinen un Mandeln faudern will. Fritz kümmt tau en Pird un Hawermann tau en Bauk. Dat keiner bileiwe nich in den Düstern up en Wagendistel los lopen sall, un dat uns' gewöhnliche Mag' von de Gelihrten ok Organismus nennt ward.


Un nu kemen sei an; un Hawermann tred an den Wagen un säd en por Würd', so as sei em ut den Harten in de Mund kemen, un dat klore Og von de junge Fru strahlte so hell up dat witte Hor von den ollen Mann, as wir't en Sünnenstrahl, de warmen will, un ihre sick Axel dat versach – de noch nich mit sine verwurrne Minschenkenntnis un mit de Ort, woans hei sick in desen Fall paßlich tau benemen hadd, prat was –, reckte sei em de Hand entgegen, un mit desen Handdruck würd 'ne Fründschaft slaten, ahn dat einer dat wüßt un einer[241] dat säd, denn sei hadden sick dorbi in de Ogen seihn un hadden sick enanner dorute Klorheit, Wohrheit un Vertrugen lesen. Un Axel kamm nu ok mit sine Hand, un Schaulmeister Strull rückte mit sine Äsellining vör un stimmte en »Danklied in besondern Fällen« an, No. 545 ut dat meckelnbörgsche Gesangbauk »Nach schwerem Ungewitter«, fung äwer vernünftiger Wis' mit den tweiten Vers an, wil de up sinen Gaudsherrn ungeheuer passen ded: »Herr, deine Macht wir preisen«, un Bräsig wull nu de Fahn swenken, äwer Gust Kegel höll wiß. – »Willst du, Slüngel, den Band los laten!« rep Bräsig. – »Dein Zorn ist uns bekannt«, sung de Schaulmeister wider. – »Jung', lat doch den Band ut de Hand!« rep Bräsig dormang. – »Wie deine Gnadenhand, die dich anflehen, schützt«, sung de Schaulmeister. – »Jung', krig ick di, ick slag di de Knaken in den Liw' intwei!« rep Bräsig. – »Wer sich zu dir bekehret, der bleibet unversehret«, sung de Schaulmeister. – »Herr, sei sitt in de Pappel fast«, rep de Jung', un Bräsig ret nu an de Fahn un ret en halwen Telgen mit dal, un de Schaulmeister sung: »Wie sehr es kracht und blitzt.« – Un Fritz Triddelfitz lep nah de Etenklock, de in den Durweg hung, un lüdte Storm, un Bräsig swenkte de Fahn, un Manns un Frugens un Knechts un Dirns un Hawjungs un Gören repen: Vivat un Hurrah!, un David Däsel blos' up dat Tuthurn: Die Preußen haben Paris genommen, es werden bald bessere Zeiten kommen. Tuht! tuht! tuht! – Un't würd so fierlich, dat dat en Hund jammern kunn, denn bi den letzten Tuht! fohrte de oll Kedenhund, den Gust Kegel en beten taum Spaß los makt hadd, dat hei sick hüt doch ok verlustieren süll, David Däseln in de Beinen, un de beiden Brunen vör den Kutschwagen fungen ok an so sonderboren tau snuwen un tau snorken, dat dat en wohres Glück was, dat Kutscher Degel sick up wat gefaßt makt un Vörpal slagen hadd; denn ditmal lep't noch all gaud af, un't wohrte nich lang', dunn höll de Kutsch seker vör't Herrnhus, un Axel böhrte sine leiwe junge Fru ut den Wagen. Un in den Hus' was de sülwige Upstellung un Wirkung mit Blaumen un[242] Gräuns as buten, un mang de Kräns' un Gerlanden schot Marie Möllers in ehr niges, rodes, jakonettes Kled mit en füerrodes Gesicht un füerrode Arm hen un her, un wenn sei mang dat Gräuns en beten afkäuhlt was, denn stört'te sei wedder in de Käk nah den Kaukenaben, as wir sei en Plättbolten, de af un an mal wedder anhitzt warden müßt, un as nu de junge gnedige Fru äwer ehren Dörensüll treden was, dunn tred sei ehr entgegen un hadd de roden Füerarm wid utenanner breid't, as wir sei 'ne liwliche Dochter von den seligen Moloch, un set'te de junge Fru en Kranz von fürige Rosen up den Kopp un prallte drei Schritt bet taurügg un handtierte mit de roden Arm, as slögen de hellen Füerflammen ut ehr rute, un säd en Vers her, den sei mit Bräsig drei Monat lang kortfarig äwerleggt hadd:


»Heil dir, o Herrin aller Kräfte!

Zu weihen im Berufsgeschäfte

Mit treuem Fleiß und treuem Sinn,

Nimm gnädigst dies Gelöbnis hin!

Des Hauses ganz ergeben, untertänigste Dienerin.«


Un as sei ehre Lex upseggt hadd, ret sei de Dör tau de Etstuw' sparrangelwid up, un dor stunn en Disch deckt, schön tau rechter Tid, denn't was hoch Middag worden, un Axel red't en por Würd' bi Sid mit sine Fru, un sei nickte so fründlich unner den Rosenkranz rute un wendte sick an den ollen Inspekter: hüt müßt hei ehr Gast sin, un ok de Schaullihrer un de jung' Wirtschafter, un ob de olle, prächtige Herr, de de Fahn swenkt hadd, ehr woll en Korw gew, wenn sei em ok inladen ded; un gung an Marie Möllers ran un bedankte sick noch mal för ehre schöne Red' un för ehr Wirken un Dauhn un säd: nu würd sei äwer doch woll Tid hewwen, mit ehr tausamen dat tau geneiten, wat sei sorgsam anricht't hadd. Un Marie Möllers würd nu vör Freuden so rod, as wir de ganze Kaukenaben ehr in dat Hart rinne schaben un würd mit de gläugnigsten bäukenen Kahlen bött.[243]

Un't wohrte nich lang', dunn kemen sei denn all an. Hawermann hadd Bräsigen afhalt un stellte em vör as sinen langjöhrigen, trugen Fründ, de ok sihr genau mit den seligen Herrn bekannt west wir un sick dat nich hadd nemen laten wullt, an de Freud' von Pümpelhagen Deil tau nemen. Un Bräsig gung an Axel ranne un kreg mir nichts dir nichts sine Hand tau faten un drückte sei un schüddelte dorbi mit den Kopp hen un her, as versekerte hei em sine Fründschaft up Lewen un Starwen: »Herr Leutnant – sehr lieb und woll zu sehn! indem daß ich Korlen schon gesagt habe, daß ich mich freuen würde, wenn Sie nach ihrem Herrn Vater slachten.« Un nu gung hei up de junge Fru tau: »Gnedigste Frau Leutnanten«, un nu fuscherte hei nah ehre Hand, kreg sei ok richtig tau faten, un't was, as wenn hei sei küssen wull, äwer mit en Mal höll hei sei en En'nlang von sick af: »Nein! Dieses nich! – Ich hab' ümmer die Hand von meine gnedigste Gräfin küssen müssen, und das war als in den Hofdienst; ich will mir den Geschmack an Ihnen nich verderben, denn dazu sünd Sie zu lieblich in Ihre Augen anzusehn; aber wenn Sie einmal en Menschen brauchen können – ich heiß Zacharias Bräsig –, denn schicken Sie zu mich, 'ne lütte Mil von hier – Haunerwiem –, un der Dag soll mich nich zu heiß un die Nacht nich zu swarz sein.«

Mit so 'ne Reden un Anreden is dat en eigen Ding; de ihrlichen Lüd' reden frisch von de Lewer weg un denken in den Ogenblick nich doran, woans dat woll upnamen warden kann. Axel nem't nich so up, as't meint was. Dat em von so'n Entspekter Bräsig en Vörbild stellt würd – un wenn't ok sin eigen Vader was, den hei so velen Dank schuldigen ded –, was em nicht mit; hei was empfindlich verstimmt. – Frida, de in allen Dingen up den Grund gung, namm den ollen Entspekter sine Red' in de Hand as 'ne Zipoll, un schellte de ollen verdrögten un wedderhorigen Slusen ein nah den annern af, un dunn lachte ehr so'n rechten blanken, fasten Karn entgegen, un as sei den noch utenanner sniden ded, dunn was so 'ne gesunne Hartpoll dorin, dat sei den ollen[244] Burßen bi de Hand faten ded un em bi sick bi Disch as Nahwer dal nödigen würd.

Nu kamm Fritz Triddelfitz, natürlich as junge Gaudsbesitter, denn hei hadd sick fix in den blagen Liwrock mit de blanken Knöp verpuppt, de grad so let, as hadd Pomuchelskopp von sinen Blagen expreß för Fritzen en Jungen liggen laten. Un nu kamm Schaulmeister Strull, en groten, forschen Kirl, den de leiw' Gott ihre taum Holthauen as taum Kinnerhauen bestimmt hadd. Äwerall let dat den ollen Knawen mit sinen dicken Kopp un sinen swarten Antog, de nu all stark in't Vossige spelte, as en dägten Radnagel, den dat Schicksal scheiw in de Wand kloppt hadd un de nu dor so sachten inrustert was. Ok sin Gesicht sach en beten verrustert ut, un dat einzige, wat an em munter utsach, was sin Vörhemd, indem dat Schaulmeisters-Mutting, wil't sick en beten gel legen hadd, em nu gehürig mit Blagels unner de Ogen gahn was, woher sine meergräune Kalür stammen ded.

Dese beiden letzten würden von Axeln vör allen gaud upnamen, un as hei hüren ded, dat Fritzen sin Vader Apteiker in Rahnstädt was, de ok Analysen maken kunn, dunn müßt Fritzing bi em sitten, un as Unkel Bräsig dat Wurd Analysen hüren ded, snappte hei dat den Herrn Leutnant – swabb! – vör't Mul weg un säd bi Sid tau Hawermannen: »Allelüsen? Allelüsen? Wat meint er mit Allelüsen? Meint er da Ungeziefer mit?« Un ahn de Antwurd aftautäuwen, säd hei tau Axeln: »Gnedigst Herr Leutnant, for das Zeug müssen Sie sich von den Apthekersohn hier 'ne Kruk ›umgewendten Napoleon‹ (unguentum neapolitanum) mitbringen lassen«, wat natürlich Axel nich verstunn. Un wenn hei't verstahn hadd, hadd hei kein Tid dortau, sick dorup intaulaten, denn as sei all vullstännig seten – de Schaulmeister satt man en Virtel, denn hei blansierte up de ein Eck von sinen Stauhl –, kamm hei glik up de Hauptsak, up de Wirtschaft von Pümpelhagen, un fung an, dat ganze Feld tau rajolen, un smet mit Knakenmehl un Chilisalpeter un Guano rümmer un läd dicht achter den Goren 'ne grote Hoppenplantage an, dat de oll arme[245] Hawermann in'n stillen tau sick säd, so slimm hadd hei sick sinen Herrn sine Landwirtschaft nich dacht, un dat hei sick wunnern ded, wo Bräsig ümmer ut vullen Hals' dortau lachen kunn. Äwer dat was ganz natürlich, denn Bräsig höll Axeln sine ökonomischen Ansichten för luter Spaß un Witz von em, un as de jung' Herr sine Hoppenplantage tauletzt mit de Würd' tau Gang hadd: »Natürlich muß der Boden dazu erst gehörig präpariert sein«, lachte Bräsig hell up un säd: »Ja – un wenn wir denn mit dieser Preposition farig sünd, denn fikatzen wir ihn noch en bischen, un denn bauen wir nichts anders als Rosinen un Mandeln da auf, un mit die futtern wir die Swein – un denn sollen Sie mal sehn, gnedigste Frau Leutnanten« – hier wendte hei sick an de junge Fru – »wo süß en Swein smeckt, was mit Rosinen un Mandeln fett gemacht is.«

Dit kunn Axeln nu nich recht gefallen, un hei kek ok hellschen de Näs' lang un sneerte de Ogenbranen en beten tausamen; äwer hei was tau schön in den ökonomischen Tog, üm locker tau laten, un kamm up de Ackeri, up sine Erfindung von de Ackermaschin mit de Klutenklöpper un wendte sick gnedigst dorbi an sinen Nahwer, an Fritz Triddelfitzen, de so ungeheuer gebildete Antwurten gaww, dat Marie Möllers mit apnen Mun'n dor satt un sick in ehren Gedanken ümmer vör den Bussen slog un utrep: »Gott sei mi Sünnerin gnedig! Un nah den müßt ick unverstänniges Worm de Hand utrecken! Ne! dat wir jo grad, as wenn Gaus und Adler in ein Nest leggen süllen.« – As dat Middageten tau En'n was, stunn de gnedige Fru up, namm Afschid von de Gesellschaft und säd tau Hawermannen, Axel un sei hadden sick dat vörnamen, morrn dat ganze Feld tau beseihn, un sei rekente dorup, dat hei as Wegwiser mitgahn würd. Dat säd nu Hawermann mit Freuden tau, un as sei ut de Dör gahn was, gung de Buddel noch en beten üm den Disch rüm, un Daniel Sadenwater müßte Zigarren bringen; denn den ollen Bedeinter hadd Axel up Frida ehr Vörsprak bibehollen, un dorför hadd em Daniel hüt middag den ollen Herrn sin Metz[246] un Gawel henleggt un hadd em dordörch nah sine Meinung taum nigen Herrn inset't, un bi jedes Gericht, wat hei up den Presentierteller sinen jungen Herrn vörhöll, hadd hei sick sülwst mit Kopp un Kragen as Bihaspel bileggt, un sine ollen Ogen säden düdlich: sin jung' Herr künn mit em maken, wat hei wull, hei hadd sick allens begewen.

Bräsig namm sick ok 'ne »Zichalie«, as hei de Dinger näumen ded, un verteilte den Herrn von Rambow: ab un an rauchte er auch so'n Ding, aber von Köster Brökern seine; na, sie wären ja auch, aber en bischen streng' wären sie, und denn wären sie ihm auch eklich, denn die Leute sagten, Bröker kleisterte sie ümmer mit seine natürliche Spuck zusammen, was er nich for apptitlich taxieren müßte. – Axel antwurt'te nich dorup, denn – hei wüßt ok nich – Bräsig wull em gor nich gefallen, Bräsig hadd em tau sihr wat Spöttsch-Lustiges, wat mit sine eigene ökonomische Begeisterung slicht stimmen ded, dorgegen was Fritz Triddelfitz en ganz annern Tauhürer west, hei hadd so vel nickköppt un schüddköppt un wunnerköppt un so vel oh't un ah't un wunnerwarkt, dat Axel sick sülwst as en dickes, gatenes ökonomisches Talglicht vörkamm, wat hoch up en Lüchter stunn, üm Pümpelhagen un de ümliggenden Dörper, ja – minentwegen – de Welt tau erleuchten. Äwer, as ick all oft seggt heww, Axel was en gaud Minsch, hei wull't nich blot hell üm sick rümmer maken, hei wull't ok warm maken; dat schöne Middageten, de köstliche Win, dat Gefäuhl, Herr tau sin, leten nah Disch allerlei Gedanken in em upstigen, de hei los warden müßt. Hei rep also Hawermannen an dat Finster ran un frog em, woans hei mit Fritzen taufreden wir. Hawermann säd: so tämlich, hei hadd sick jo all so männiges annamen, un hei hoffte, dat hei mit de Tid en ganz brukboren Landmann warden künn. Dat was för Axeln sine gnedigen Stuken vullkamen naug, hei frog wider, wat Fritz för en Gehalt kreg un wat em en Pird hollen würd. – Ne, säd Hawermann, ein Pird hadd hei noch nich un Gehalt ok nich, hei gew nicks un kreg nicks.

Axel tred nu an Fritzen ranne un säd: »Lieber Triddelfitz,[247] zu meiner Freude habe ich von dem Herrn Inspektor erfahren, daß er sehr mit Ihnen zufrieden ist, ich mache mir daher das Vergnügen, Ihnen für das nächste Jahr ein kleines Gehalt von fünfzig Talern und die Haltung eines Pferdes zu offerieren.« – Fritz wüßt nich, wo em de Kopp stunn: Hawermann sihr mit em taufreden, dat was em sihr wunderbor; föftig Daler, dat was ok recht nett; äwer en Pird! dat benamm em de Luft un de Besinnung so dägern, dat hei sick knapp bi Axeln bedanken kunn. De let em äwer ok kein Tid dortau un treckte Hawermannen wedder an dat Finster ran. Un nu galoppierten dörch Fritzen sinen Bregen all de ollen Mähren ut de ganze Nahwerschaft, Swarte un Brune un Schimmel un Vöß, un jeder enzelne würd dorin vörreden, as hadd de meckelnbörgsche Regierung dat Rahnstädter Pirdmark in sinen Kopp verleggt, un em gegenäwer satt Bräsig un grinte. Mit ein Mal rep dat äwerselige Glückskind: »Herr Inspektor, nächsten Monat hält der Großherzog seinen Einzug in Rahnstädt, bis zu der Zeit muß ich sie haben, zu der Einholung, denn wir jungen Landleute holen ihn ein.« – »Wen müssen Sie haben?« frog Bräsig. – »Die Fuchsstute, die Mutterstute, die Walebonestute, Gust Prebberow hat sie.« – »Ich kenn ihr«, säd Bräsig sihr käuhl. – »Famoses Pferd!« – »En ollen Sch ...«, Schinner wull hei seggen; hei bedacht sick äwer noch tau rechter Tid, dat hei in en vörnem adliges Hus was, un säd also: »En ollen Scharfrichter is sie, un wenn der Großherzog seine Antrittsvesite in Rahnstädt hält, denn können Sie ihr nich brauchen, denn sie kann kein ›Hurrah!‹ schreien hören.« Dat wir doch fatal, denn bi de Gelegenheit würd vel ›Hurrah!‹ schrigt warden; äwer Fritz wüßt tau gaud, dat Bräsig em bi jeder Gelegenheit dat Gegenpart hollen ded, un hei let sick also in sine Afsichten nich verblüffen.

Wildeß hadd Axel sinen ollen Inspektor noch 'ne korte Vörlesung äwer den Furtschritt in de Landwirtschaft hollen, un taum Sluß drückte hei den ollen Mann en Bauk in de Hand mit de Würden: »Ich erlaube mir, Ihnen dies Buch zum Geschenk zu machen; es sollte von jetzt an die Bibel jedes[248] Landwirts sein.« Hawermann bedankte sick velmal, un wil dat mitdewil all tau schummern anfung, empföhl sick de Gesellschaft. De beiden ollen Entspekters un Meister Strull, de dortau inladen würd, gungen nah Hawermannen sine Wahnung; Fritz gung in den Pirdstall.

Wat hei dor tau dauhn hadd, wüßt kein Minsch, hei ok nich, dat drew em ordentlich as mit en Instinkt, hei müßt Pird munstern, hei müßt sinen inwendigen Minschen mit de würkliche Welt in Einklang bringen, un so gung hei denn in'n halben Düstern achter de ollen Ackermähren up un dal, de hei all dusendmal seihn hadd, un kek ehr nah de Beinen. De hadd dat Spatt – em süll keiner en Spattlahmen verköpen, dat kennt hei – schiffsförmige Knochen; de hadd Schiwel – wat Schiwel wir, hadd hei all vör en por Johr wüßt; de hadd Schalm – dat müßt en Däs'kopp sin, de sick en Schalmigen uphalsen let; de hadd Hasenhack – nich gefährlich; en beten mit en köppern Isen brennt; un nu kemen Steingallen un Stollswamm; un dörch all dit Pirdelend lücht'te en fründliches Lächeln un 'ne wunderschöne Gestalt in sin Hart herinne, dat was de gnedige Fru, in de hei sick sörre dat Middageten taum Starben verleiwt hadd, un so undankbor was de Bengel, dat hei dormit ümgung, sinen Herrn, de em dat Pirdvergnäugen makt hadd, unglücklich tau maken, wenn ok man in Gedanken. – »Ja«, säd hei, as hei in de Pirdstalldör stunn un de Abend lis' un düster dalsackte, »wat is Lowise Hawermann gegen desen Engel von gnedige Fru? – Ne, Lowise, du jammerst mi! Ich weit ok gor nich, wo ick dortau kamen bün, mi in de tau verleiwen. Ach, du lieber Gott, un denn Mining un Lining! – En por lütte Gössel. Un nu gor Marie Möllers! – En Klumpen Unglück. Ne, wo stek sei hüt Middag af gegen de gnedige Fru, as 'ne Burplumm gegen 'ne Persch. – Ja, un wenn ick nu irst de Voßstaut heww, denn – ›gnädige Frau, befehlen Sie? Vielleicht ein Brief zur Post zu besorgen?‹, oder wenn sei so des Abends denn mal von'n Ball ut Rahnstädt taurügg kümmt un oll Daniel Sadenwater is nich glik bi de Hand – den Wagenslag upgereten! ruteböhrt! – ›Ach Gott,[249] ich habe mein Taschentuch in Rahnstädt vergessen‹, oder ›meine Kaloschen‹. – ›Soll gleich besorgt werden‹, un denn sett ick mi up de Voßstaut – ks ... hsch ..., vörwärts geiht sei – in 'ne halwe Stun'n bün ick wedder dor, twei Mil in 'ne halw Stun'n – ›gnädige Frau, hier sind die Kaloschen‹, un denn seggt sei: ›Danke, lieber Triddelfitz, diese Aufmerksamkeit ...‹ Dat di dat Dunnerwetter, de verfluchte Distel!«, denn as hei nu in'n sticken Düstern nah Hus gahn wull, was hei in sine Leiwsgedanken äwern Wagendistel schaten, de dörch sine eigene Nahlässigkeit dor begäng' was, un lagg nu as junge Gaudsbesitter up wat, wat sick sihr weik anfäuhlen ded. Wat dat was, wüßt hei ok nich; äwer sine Näs' hadd 'ne Ort von Ahnung dorvon, un so vel wüßt hei för gewiß, dat hei sick irst bi Licht beseihn müßt, ihre hei in Hawermannen sine Stuw' gung.

In dese wiren de drei ollen Herrn rinne gahn, un as sei nu so in'n Schummern tausam seten, frog Bräsig: »Korl, das Buch is woll en Romanenbuch, so 's Winters abends in zu lesen.« – »Je, Zacharias, ick weit't ok nich. Will'n Licht anmaken, denn kän wir jo tauseihn.« – Un as dat nu hell was, wull Hawermann den Titel beseihn; äwer Bräsig namm em dat Bauk ut de Hand: »Ne, Korl, wir haben hier jo en Schriftgelehrten, Strull muß lesen.« – Strull fung nu ok an tau lesen, in einen Aten weg, as wenn hei dat sünndäglich Evangelium vörles', un wenn hei äwerall 'ne Paus' maken ded, denn makte hei sei bi de frömden Würd': »Druck und Papier von Friedrich Vieweg und Sohn in Braunschweig die Chemie in ihrer Anwendung auf A-gri-cultur und Phy-si-o-lo-gie.« – »Holt!« rep Bräsig, »so heißt das Wort nicht, es benennt sich Fisionomie.« – »Ne«, säd Strull, »hier is die Aussprache Phy-si-o-lo-gie.« – »Meinswegen, Strull«, säd Bräsig, »mit die ausländschen Wörter is das was Besonders, der eine benennt sie so, der andere so. Na, man weiter!« – »Von Justus Liebig Drrr der Medicin und Philosophie Professor der Chemie an der Ludwigs-Universität zu Gießen Ritter des Großherzogl Hessischen Ludwigs-Ordens und des Kaiserl Russischen S-t-Annenordens[250] dritter Klasse auswärtiges Mitglied der Königl Akademie der Wissenschaften zu Stockholm der – nu kommt was Lateinsches, was ich nich lesen kann – zu London Ehrenmitglied der Königl Akademie zu Dublin – cor-res-pon-di ...« – »Holt!« rep Bräsig, »Gott du bewohr uns, Korl, was is der Kerl all!« – »'s is aber noch lang' nich all, es kommt nu gut noch mal so viel.« – »Das woll'n wir ihm schenken. Man weiter!« – »Fünfte umgearbeitete sehr vermehrte Auflage Braunschweig Verlag von Vieweg und Sohn 1843. – Nu kommt woll 'ne Vorrede.« – »Schenken wir ihn auch«, säd Bräsig, »fangen Sie da an, wo's anfängt.« – »Die Überschrift lautet folgendermaßen: Gegenstand mit en Strich unter.« – »Schön!« säd Bräsig, »man weiter!« – »Die organische Chemie hat zur Aufgabe die Erforschung der chemischen Bedingungen des Lebens und der vollendeten Entwicklung aller Organismen. – Absatz.« – »Was for en Ding?« frog Bräsig. – »Aller Organismen«, säd de Schaulmeister. – »Na«, rep Bräsig ut, »hab' ich doch schon männig ausländ'sches Wort gehört, aber Organismen, Organ ... – Holt!« rep hei, »Korl weitst noch: Herr Orgon ging vor's Tor, was wir bei Pastor Behrendsen aus Gellerten auswendig lernen müßten? Möglich, daß dieser Orgon hier mit zusammenhackt.« – »Willen't man sin laten, Bräsig, dat verstahn wi doch nich.« – »Ne, worum, Korl?« säd sin oll Fründ, »wir können uns jo belernen. Du sollst sehn, dies is en Wasserbuch, die fangen auch immer mit so'ne unverständliche Redensorten an. Man weiter!« – »Das Bestehen aller lebendigen Wesen ist an die Aufnahme gewisser Materien geknüpft, die man Nahrungsmittel nennt; sie werden in dem Organismus zu seiner eigenen Ausbildung und Reproduktion verwendet. – Absatz.« – »Dorin hat der Mann recht«, säd Bräsig, »Nohrungsmittel hören zu die lebendigen Wesen, und« – hir namm hei Strullen dat Bauk ut de Hand, – »sie werden in den Organismus verwendet', nu weiß ich auch, was er mit Organismus meint; er meint die Mag'.« – »Ja«, säd de Schaulmeister, »aber hier steht noch ›Reproduktion‹.« – »Ach«, smet Bräsig bi Sid weg,[251] »Produkschon! Das haben sie sich in de letzten Johren erst angewöhnt; in meine Kinderjohren wußt kein Mensch was von Produkschon; nu abersten nen nen sie jeden Schepel Weiten un jeden Ossen 'ne Produkschon. Das will ich Sie sagen, Meister, das ist en bloßen Zierrat, indem daß sie gelehrt aussehn wollen.« – So gung dat nu noch en Strämel wider, bet de Schaulmeister nah Hus gung, un as de weg was, seten de beiden ollen Frün'n vertrulich un still tausam – denn Bräsig blew hüt de Nacht in Pümpelhagen –, bet Hawermann deip upsüfzte un säd: »Ach, Zacharies, ick glöw, dat ward 'ne slimme Tid för mi.« – »Worum das? Dein junger Herr is ein munterer, spaßiger Mann; was hat er heute mittag nich all for Sätze angegeben mit seiner Landwirtschaft.« – »Je, dat is dat, du höllst dat för Spaß, un hei höllt dat för Irnst.« – »Das hält er for Ernst?« – »Gewiß deiht hei dat. Hei hett de Landwirtschaft ut de nimodschen Bäuker studiert, un de stimmen slicht mit uns' olle Ort un Wis', un wenn ick ok girn wull, so kann ick mi in de nige Ort doch nich mihr rinne denken, mi fehlen de Kenntnissen dortau.« – »Da hast du recht, Korl! Süh, mit die Wissenschaften kommt mich das ümmer vor as mit Koltern un Waizmannen; wenn das von Lütt auf an daran gewöhnt wird, auf den Turm raufzugehn, daß das nich düsig in den Kopp wird, denn danzt das in ollen Dagen slankweg das Seil entlanke, un wenn so'n Schulkind auch von Lütt auf an an die Wissenschaften gewöhnt wird, daß das auch nich düsig in den Kopp wird, denn danzt dich das in ollen Dagen mit Plesier auf jedes Seil rum, was die Wissenschaften aufgespannt haben. Verstehst du mir?« – »Ick verstah di. Äwer dat hewwen wi in unsen jungen Johren verpaßt, un up so'n Seil tau danzen« – hei wis'te up dat Bauk – »dor sünd min ollen Knaken doch all tau stiw tau. Ach, un ick wull dor ok nicks tau seggen, hei künn jo minentwegen de Wirtschaft sülwst nah de nigen Moden führen, un ick wull em nah Kräften dorin bistahn, äwer tau de Ort Wirtschaft hürt en groten Geldbüdel, un den hewwen wi nich. Ick glöwte irst, hei würd mit sin Fru wat mitkrigen; äwer dat is woll[252] nicks, denn sülwst de nige Utrüstung un de nigen Möbel hett hei jo in Rahnstädt besorgen laten, un betahlt is noch kein Schilling dorvon.« – »Na, Korl, laß das; en Unkauf hat er doch nich getan. Das Frauenzimmer gefällt mich ungeheuer.« – »Mi ok, Bräsig.« – »Un was en richtiges Frauenzimmer in en Hausstand bedeuten tut, das kannst du an deine liebe Swester sehn. Morgen will ich nach ihr hin, denn da sollen ja allerlei verfluchte Schosen mang die beiden Geistlichen ausgebrochen sein. Un darum nu guten Nacht, Korl.« – »Gun Nacht, Bräsig.«

Quelle:
Fritz Reuter: Gesammelte Werke und Briefe, Band 5, Rostock 1967, S. 241-253.
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