Kapittel 17

[261] In dit Kapittel ännert Jochen sine ganze Natur un redt so vel, dat Fru Nüßlern sick irnstlich doran argern möt. Worüm Gottlieb un Rudolf sick utschutern un ümlihren, un wat dorbi rute brött. Worüm Rudolf so'ne schöne Predigt un Gottlieb gor keine hollen kann. De beiden lütten Druwäppel up de Gebelstuw'. Wo dat Gottlieben eigentlich laten ded, un in wecker Wis' sick Unkel Bräsig in dese Bisternis rinne mengen will.


Bräsig gung den Morgen, as hei sick vörnamen hadd, nah Rexow tau Fru Nüßlern. In de Husdör kamm em de Thronfolger entgegen un swänzelte so christlich mit den Start, dat einer hadd glöwen kunnt, de Hund wir en moralischen Hund, indem dat hei Bräsigen de Angst un de Prügel von letzthen nich nahdragen ded, un dat einer wegen de stille Taufredenheit, de ut sine gelbrunen Ogen blänkerte, hadd up den Gedanken kamen kunnt, allens in Rexow wir will un woll, un Fru Nüßlern wir in de Käk, un Jochen set in den Lehnstauhl.[261] Äwer so was't nich, denn as Bräsig de Dör apen maken ded, satt Jochen frilich up sin oll Flag; äwer Fru Nüßlern stunn vör em un höll em 'ne lütte, indringliche Predigt, dat hei sick üm nicks kümmern ded un kein Wurd tau de Sak säd, un as sei Bräsigen tau seihn kreg, gung sei up em tau un säd sihr in Arger: »Un Sei laten sick ok nich seihn, Bräsig; för Ehrentwegen kann hir jo ok woll allens up den Kopp stahn, un Sei sünd dor jo ok mit schuld an, dat wi de beiden hir in't Hus rinne namen hewwen.« – »Pianoforte!« säd Bräsig, »pianoforte! Man ruhig, Madam Nüßlern! Was is denn mit die Paster-Kannedaten passiert?« – »Vel is passiert, un ick heww nicks dorvon seggen müggt, denn't is Jochen sine Fründschaft, un't is en slichten Vagel, de sin eigen Nest besmutzt; äwer sörre de Tid, dat de beiden Burßen in minen Hus' sünd, is dor kein Fred un Rauh, un wenn dat noch länger wohrt, vertürn ick mi jo woll tauletzt noch mit Jochen sülwst.« – »Mutting«, säd Jung-Jochen, »wat sall ick dorbi dauhn.« – »Sweig' rein still, Jung-Jochen«, rep Bräsig, »schuld hast du. Kannst du nich aufstehn und ihnen Moritzen lehren?« – »Ne, Bräsig«, säd Fru Nüßlern hastig, »laten S' mi Jochen taufreden, ditmal hewwen Sei schuld. Sei versproken uns, Sei wullen en Og hirher smiten, dat de beiden jungen Minschen ehr Ding' deden un nich up Undäg' verföllen, un staats dessen laten Sei den einen lopen un kümmern sick gor nich üm em, un den annern stiften Sei tau luter Dummheiten an, dat hei, staats in de Bäuker tau lihren, mit en Angelschacht up den Fell'n rümmer löppt un mi des Abends denn en Hümpel Bors as en Finger lang an't Hus bringt. Un wenn ick denk, ick heww allens tau Schick, denn möt ick mi noch henstellen un möt dat Grumm noch utnemen un taurecht maken.« – »Was? so'ne Dinger as en Finger lang bringt er, un ich hab ihn die richtigen Fläg' wis't, wo's en großen Bors gibt. Ih, so soll dich doch ...! Na, täuw man!« – »Ach wat!« rep Fru Nüßlern, »Sei süllen em dat Angeln ganz un gor verbeiden, denn dortau is hei nich hir! Hei sall hir wat lihren, seggt sin Vader, un de will hüt ok noch kamen.« – »Nein«, rep Bräsig, »Frau[262] Nüßlern, da muß ich mich sehr über emigrieren, daß er die Befolgung von meine Ratsläg' bei's Angeln so retiriert. Hat er sonst noch was anstift?« – »Ach vel, all beid' hewwen s' wat anstift! Äwer, as ick seggt heww, ick heww dor nich von reden müggt, denn't is Jochen sine Fründschaft, un in de Irst let dat jo ok so, as wenn't en gauden Gang gahn würd. In de Irst was dat hir en idel lustig Lewen in den Hus', min beiden lütten Dirns, de däu'ten orndlich up, dat gung: Mining hir un Rudolf dor, un Lining hir un Gottlieb dor, un sei vertellten sick wat mit Gottlieben un jacherten mit Rudolfen, un de beiden ollen Jungens wiren jo ok ganz flitig bi ehren Kram, un Gottlieb satt baben up sin Stuw' un lihrte sick, dat em de Kopp rokte, un Rudolf les' jo ok in de Bäuker; äwer't wohrte nich lang', dunn kregen sei sick dat Striden un Vertürnen äwer geistliche Saken, un Gottlieb, de nu jo woll vel mihr lihrt hett as de anner, de säd, hei stünn gor nich up en christlichen Standpunkt.« – »Standpunkt, sagt' er?« smet Bräsig dormang. – »Ja, Standpunkt säd hei«, was Fru Nüßlern ehre Antwurd. – »Hoho!« rep Bräsig, »denn hör ich ihn schon laufen. Wo andere Leut mit aufhören, mit en Standpunkt, da fangen die Petisten ümmer mit an. Denn hat er ihn auch bekehren wollen.« – »Ja«, säd Fru Nüßlern, »'t kamm so rute. Nu is jo denn nu de anner vel kläuker as Gottlieb, na, de fung jo nu mit allerlei Witzen an un höll Gottlieben jo nu taum Buren, un so würd de Unfreden ümmer duller, un nu weit ick nich, wo dat kamen ded, nu fungen min beiden oll Lütten ok an, in de Sak tau reden, un Lining as de Verstännigst, de stunn up Gottlieben sin Sid un let de Uhren just so hängen as hei, un Mining lachte äwer Rudolfen sine Witzen un jacherte mit em rümmer.« – »Ja«, säd Jochen dormang, »'t is all so as dat Ledder is.« – »Du sollst dich was schämen, Jung-Jochen«, säd Bräsig, »daß du so'n Hopphei in deinen Haus' leidst.« – »Ne, Bräsig«, säd Fru Nüßlern, »dat laten S' man sin: Jochen hett dat Mägliche dahn, dat hei Freden stiften wull; wenn Gottlieb von den Düwel reden ded, dat hei em dormit grugen maken wull, denn hett[263] hei ok an den Düwel glöwt, un wenn Rudolf äwer den Düwel lachen ded un sinen Spijök dormit drew, hett hei ok düchtig mit lacht. Äwer dunn, as de Strid am düllsten was, dunn kamm min lütt Mining up en snakschen Infall, sei schutert ehr de Bäuker ut un drog Rudolfen sin nah Gottlieben sin Stuw' un Gottlieben sin nah Rudolfen sin; un as sei sick nu beid' doräwer verstutzen deden, säd sei ganz quick, 't wir am besten, sei lihrten eins üm, denn künnen sei mäglicher Wis' tausam kamen.« – »Mining is 'ne lütte hellische Dirn!« rep Bräsig dormang. – »Na, sei wullen irst nich doran; äwer Gottlieb is jo bi alledem en ollen Gaudmäudigen, de fung dormit an, un den annern, wil dat nu Winterdag worden was un hei nich rümmer ströpen kunn, drew de lange Wil dortau. Un nu hadden Sei dit mal mit anseihn süllt! Dat wohrte gor nich lang', dunn was dat, as wenn sei mit de Bäuker sick sülwst utschutert hadden, Gottlieb makte slichte Witzen un lachte äwer den Düwel, un dat anner oll Worm, dat quälte sick un süfzte un redte von den Düwel, as wenn hei alle Middag bi uns an den Disch set un sin Tüften as en anner ihrlich Minsch et. Nu kemen min ollen Lütten ganz ut de Rieht, Mining slog sick nu tau Gottlieben, un Lining tau Rudolfen, denn nu säd Rudolf, Gottlieb stünn nich up en christlichen Standpunkt.« – »Pfui«, säd Bräsig, »das hätt er nich sagen müßt. Na, täuw man! Büst du so einer, un kannst nich mal en hartlichen Bors angeln?« – »Je«, rep Fru Nüßlern hellschen ärgerlich, »un von Ehr oll ßakermentsches Borsangeln kamm jo nu de ganze Geschicht wedder her, denn as dat Frühjohr würd un de Bors bet, dunn smet Rudolf jo sinen ganzen christlichen Standpunkt wedder bi Sid un namm de Angelraud un lep mit Sei up den Felln rüm, un de anner namm jo nu den Düwel wedder up, denn hei süll sinen Examen maken, un ahn Düwel kamen sei jo woll up Stun'ns dor nich mihr mit dörch. Un min beiden ollen Lütten wüßten nu jo woll gor nich mihr, tau wen sei sick hollen süllen.« – »Ja, es sünd ein paar verfluchte Bengels!« rep Bräsig, »aber der Bekehrer is an allens schuld, was hat er den andern mit en[264] Deuwel un en Standpunkt zu kommen?« – »Na, dat willn wi man sin laten! Denn hei hett doch wat lihrt un hett sinen Examen ok richtig makt un kann för sinentwegen alle Dag' Preister warden; äwer de anner Kujon deiht jo nu rein gor nicks, un denn makt hei uns dat grugliche Stück un dat Elend!« – »Was hat er denn nu wieder anstift? Hat am En'n gor Witings angelt?« frog Bräsig un treckte de Ogenbranen hoch in de Hög. – »Ach, wat Witings! 'ne Predigt hett hei sick angelt. Seihn S', dor is de Rekterin Baldrianen, na, de Fru will jo nu doch ok ehren Gottlieb einmal predigen hüren, un sei bidd't den Paster in Rahnstädt dorüm, un de verlöwt ehr dat ok, dat Gottlieb den verleden Sünndag predigen sall, un nu verteilt sei dat ehr Swester, de Kurzen. Na, de argert sick nu natürlich doräwer, dat ehr Jung' noch nich so wid is as de anner, im geiht ok nah den Paster, un de oll Paster is ok so'n Schap un verlöwt ehr dat ok, dat Rudolf an den sülwigen Sünndag predigen sall. Un nu lossen sei beid', wer vörmiddags un wer nahmiddags predigen sall, un Rudolf kriggt den Vörmiddag. Na, nu de oll Gottlieb, de lihrte sick nu nah Mäglichkeit, un von morgens bet abends satt hei in de Lauw' in den Goren, un wil hei en slicht behöllern Kopp hett, lihrte hei sick ümmer lud, un de anner junkerierte rüm; äwer de letzten beiden Dag' set'te hei sick ok achter de Lauw' up de Grasbänk un ded ok so, as wenn hei Predigten maken wull. – Na, nu kamm de Sünndag, un Jochen let sei rin führen, un wi führen ok all mit un gahn in den Pasterstauhl, un ick segg Sei, ick hadd 'ne grote Angst för Rudolfen, äwer de Bengel stunn dor, as wir em gor nicks weg, un as dat Tid was, gung hei up de Kanzel un höll Sei dor 'ne Predigt, dat all Lüd' Mul un Ogen upreten, un ick freut' mi so äwer den Jungen un will dat Gottlieben seggen, de bi mi satt; dunn sitt dat Worm dor un haspelt mit Hän'n un Fäuten, as wull hei ok ruppe up de Kanzel un wull den annern runne halen un seggt: ›Tanten, dat is jo min Predigt.‹ Un so was dat, Bräsig: de verdammte Jung' hadd de ganze Predigt von't Tauhüren lihrt, wil de anner sick lud lihren müßt.« – »Haha!« lachte Bräsig ut[265] vullen Hals', »das is en Spaß, das is en Hauptspaß!« – »Un dat nennen Sei en Spaß?« rep Fru Nüßlern in hellen Arger. »So'n Stück in'n Gottshus is för Sei en Spaß?« – »Ih, ne!« rep Bräsig un lachte ut vullen Harten, »was wollt's en Spaß sein, den Deuwel is's en Spaß, en entfamtes Stück is's; aber ich kann mir nich helfen, ich muß mir hellschen drüber lachen.« – »Oh, ja«, säd Fru Nüßlern empfindlich, »dortau sünd Sei in'n Stan'n, wenn wi annern all ut de Hut fohren müggten vör Schimp un vör Arger, denn stünnen Sei jo woll dorbi un lachten.« – »Na, lassen Sie man«, begäuschte ehr Bräsig, »wo wurd's nu mit dem Bekehrer? Haha! Ich hätt wohl sein Gesicht sehn mögen.« – »Je, wo würd't? De sülwige Predigt kunn hei jo des Nahmiddags nich hollen, un de oll Paster müßt man 'ne olle Predigt för desen Notfall upwarmen, was äwer schön falsch un säd, wenn hei de Sak anzeigen ded, denn künn Rudolf sinen Preister man an de irste beste Wid' hängen.« – »Na, und der Bekehrer?« – »Ach, dat oll frames Worm was so taunicht, dat säd gor nicks, desto mihr säd äwer de Rektern un vertürnte sick mit ehr Swester, de Kurzen, so dägern, dat sei hüt noch nich wedder tausam sünd. Oh, dat was en Lärm! Schämt heww'ck mi, argert heww'ck mi, denn Kurz un de Rekter kemen nu ok dormit mang, un Jochen wull sogor dormang losleggen, taum Glücken führt äwer uns' Wag' all vör, un ick makte, dat ick em ruppe kreg.« – »Was sagte denn abersten der Duwellfechter?« – »Ih, de Racker was klauk naug, de gung den Larm ut den Weg' un hadd sick glik nah sine saubere Predigt up de Socken makt un was hir rute lopen.« – »Na, da hat er denn nu aber woll nahsten 'ne orndliche Invitatschon von Sie gekriegt?« frog Bräsig. – »Ne«, säd Fru Nüßlern bestimmt, »dat hett hei nich. Dor stek ick mi nich mang. Sin Vader kümmt hüt, un dat is de Negste dortau, as de Fru Pastern seggt. Un Jochen heww ick dat ok scharp verbaden, hei sall nich so vel äwer de Sak reden, denn de hett sick in de Letzt ok ganz un gor verännert, indem dat hei ümmer den Hals up hett un äwer Ding' redt, de em gor nicks angahn. Swig[266] still, Jochen!« – »Ja, Jochen, sweig rein still!« – »Un min beiden Lütten, de kenn ick gor nich wedder; nah de Predigt hewwen sei den ganzen Weg lang ehre bläudigen Tranen rohrt, un nu gahn sei sick so schu ut den Weg' un reden knapp mit enanner, un süs gungen sei ümmer Arm in Arm tausam, un wat de ein up den Harten hadd, dat müßt de anner glik weiten. Ne, min Hus is ganz un gor up den Kopp stellt.« – »Mutting«, säd Jung'-Jochen un stunn ganz patzig von sinen Stauhl up, »dat is man, dat ick dorvon red', äwer dorvon will ick doch reden, du sallst seihn, de Jungs hewwen ehr wat in den Kopp set't.« – »Wat süll'n sei ehr in den Kopp setten, Jochen?« frog Fru Nüßlern en beten argerlich. – »Leiwsgeschichten«, säd Jochen un set'te sick wedder in sin Eck. »Min sel' Mutting plegt' ümmer tau seggen, en Kannedat un 'ne Erzieherin in einen Hus' ... Du sallst seihn: Gottlieb un Mining.« – »Na, Jochen, so red' un red'! Gott erholl di bi richtige Besinnung! Wat snackst du dor all tausamen? Wenn dat de Fall wir, denn süll mi doch de Kannedat noch hüt ut den Hus', un de anner mit. – Kamen S' rute, Bräsig, ick heww Sei wat tau seggen.«

As sei buten wiren, winkte Fru Nüßlern Bräsigen nah den Goren rin un set'te sick mit em in de Lauw'. »Bräsig«, säd sei, »ick kann dat ewige Gedrähn von Jochen gor nich mihr mit anhüren, un dat hett hei ok blot von den Rudolfen, de hett verleden Winter des Abends ümmer so vel mit em redt, un nu is hei so in de Äuwung kamen, nu ritt dat gor nich mihr bi em af. – Nu seggen Sei mi mal eins uprichtig. Sei hewwen doch dat verspraken, Sei wullen dorup passen – hewwen Sei in so'ne Saken äwerall wat markt?« – »Ih, bewohr uns!« säd Bräsig, »keine entfernte Einbildung davon!« – »Ick kann mi dat ok gor nich denken«, säd Fru Nüßlern un rekente so in Gedanken nah; »tauirst was Lining un Gottlieb äwerein un Mining un Rudolf, nahsten höll Mining sick tau Gottlieben un Lining sick tau Rudolfen, un nah den Examen gung Lining wedder mit Gottlieben; äwer Mining un Rudolf sünd utenanner, denn sörre dat saubere Predigtstückschen kickt sei[267] em gor nich an.« – »Madam Nüßlern«, säd Bräsig, »was die Liebe is, entspinnt sich zuerst ümmer in'n verborgenen Zustand, meinswegen mit en Blaumenstrutz, oder daß sich en Paar ›gun Morrn‹ sagen un drücken sich dabei die Hände, oder daß sich en Paar zu gleicher Zeit nach en Klugen Bomwull bücken un stoßen sich dabei die Köpp zusammen, un for en Zuschauer is weiter nichts davon zu bemerken; aber mit der Weil wird so was augenscheinlicher, indem daß die Weiblichen sich oftmals rod ansticken un die Männlichen mit die Augen rum figurieren oder indem daß die Weiblichen die Männlichen in die Speis'kammer rin inventieren un ihnen da Mettwurst un Ossentungen un Sweinkopp vorsetzen und die Männlichen die Weiblichen mit blage un rode Scherfen unter die Augen gehn oder, wenn's schon doll is, daß sie's Sommersabends in'n Mondschein spazieren gehn un dabei süfzen. Is das mit das lütte Kropzeug schon passiert?« – »Ne, dat kann ick nich seggen, Bräsig. In de Spiskamer sünd sei mi woll mal af un an west; äwer ick heww sei dor schön utklingt, denn de Spiskamereteri will ick nich; un dat min Lütten rod worden sünd, heww ick ok nich bemarkt, äwer dat sei sick in de Letzt de Ogen oft rod weint hewwen, dat heww ick woll seihn.« – »Hm!« säd Bräsig, »dies Letzt is nich ohne. – Nu will ick Sie sagen, Madam Nüßlern, verlassen Sie sich ganz auf mir, ich weiß darauf zu laufen; Hawermannen seinen entfamten Windhund habe ich ja auch in seiner Liebesgeschichte abgefaßt. Ich bün en ollen Jäger, ich spör ihnen nach bis ins Lager; aber Sie müssen mich sagen, wo sie ihren Wechsel den Tag über haben, d.h., wo sie sich möglich treffen können.« – »Dat is hir, Bräsig, hir in des' Lauw'. Min Lütten sitten hir des Nahmiddags un neigen hir, un denn kamen de beiden ok dortau, un ick heww mi dorbi ok nicks Slimms wider dacht.« – »Schadt auch nich«, säd Bräsig un tred ut de Lauw' un kek sick kortfarig buten üm, wobi hei en groten rhinischen Kirschenbom in't Og' faten ded, de so recht vull Bläder dicht vör de Lauw' stunn. »All schön!« säd hei, »was gemacht werden kann, wird gemacht.«[268] »Leiwer Gott!« säd Fru Nüßlern, as sei in't Hus taurügg gungen, »wat ward dat hüt noch all för Elend in minen Hus' gewen! Kurz kümmt hüt nahmiddag üm de Koffetid, un hei is bitterbös up sinen Jungen un äwerall so'n Krät. Sei sälen seihn, de ward en dullen Upstand hir vullführen.« – »Das is ümmer so bei kleine Leut«, säd Bräsig, »da sitzt der Kopp und die unterwärtsige Konstitutschon so dicht zusammen, daß das gleich Feuer fängt.« – »Ja«, süfzte Fru Nüßlern un tred in de Stuw', »en Elend ward't.«

Sei wüßte man gor nich, dat dat Elend in ehren Hus' all in vullen Gang' was.

As unnen dese Verhandlungen vör sick gungen, seten de beiden lütten Druwäppel baben up ehre Gebelstuw' un neihten. Lining satt vör dat ein Finster, un Mining satt vör dat anner un keken gor nich von ehre Arbeit up, sei redten gor nich mit enanner as dunn in de Neihschaul bi de Fru Pastern, sei neihten un neihten, as wir de Welt utenanner gahn un sei süllen sei mit Neihnadel un Twirn wedder tausamflicken, un so irnsthaft segen sei dorbi ut, un so süfzten sei dorbi, as wüßten sei recht gaud, wat för en wichtig Wark sei unner de Finger hadden. – 't was sonderbor, dat ehr Mutting nicks dorvon tau Bräsigen seggt hadd, dat ehre schönen roden Backen gefährlich afbleikt wiren, un't müßt sihr allmählich kamen sin, dat sei't nich markt hadd. Äwer't was nu einmal so, de beiden ollen lütten Äppel segen so bläßlich ut, as wiren sei up de Nurdsid von den Lebensbom wussen, wo sei kein Sünnenstrahl drop, de ehr de Backen farwen kunn; un dat let so, as setten sei nich mihr an ein un densülwigen Twig. Tauletzt let Lining ehr Neihtüg in den Schot sacken, sei kunn nich wider neihn, de Ogen gungen ehr äwer, un de Tranen lepen ehr äwer de bleiken Backen, un Mining langte nah ehren Taschendauk un läd sick den äwer de Ogen, un dorachter drüppten ok de hellen Tranen in ehren Schot, un so seten sei un rohrten, as wir de schöne, unschüllige Welt in ehren eigenen Bussen ok utenanner gahn un sei künnen sei nich wedder tausamflicken.[269]

Mit einem Mal Sprung Mining up un lep ut de Dör rute, as müßte sei in't Frie; äwer sei besunn sick: so kunn sei nich von den Bähn runne, ehr Mutting kunn sei seihn un fragen; sei blew also up jensid von de Dör stahn un rohrte wider. Un Lining sprung ok up un wull Mining trösten; äwer sei besunn sick, dat sei nich recht wüßt womit, un sei blew up des'sid von de Dör stahn un rohrte ok wider. – So schüwwt sick männigmal tüschen twei Harten en dünnes Brett, un jedes Hart hürt dat anner süfzen un weinen, un dat dünne Brett hett up jede Sid 'ne Klink, de einer blot antaurögen brukt, un wat de Harten scheidt hett, schüwwt sick taurügg; äwer keiner will de Klink tauirst anrögen, un de beiden Harten weinen wider.


Äwer, Gott sei Dank! – so'n eigensüchtigen Stolz gegen einanner kennten des' beiden lütten Harten nich, un Mining makte de Dör up un säd: »Lining, wat weinst du?« Un Lining reckte ehr de Hän'n entgegen un säd: »Ach, Mining, wat weinst du?« – Un sei föllen sick beid' üm den Hals un weinten wider, un de Backen farwten sick roder, as hadd de Sünnenstrahl sei wedder drapen, un sei höllen so fast tausam, as seten sei wedder an ein un densülwigen Twig. – »Mining!« rep Lining, »ick will en di jo laten, un du sallst glücklich mit em warden.« – »Ne, Lining!« rep Mining, »hei höllt mihr von di, un du büst ok vel beter as ick.« – »Ne, Mining, ick bün mit mi in'n kloren, Unkel Kurz kümmt hüt nahmiddag, un ick will Vatting un Mutting bidden, sei sälen mi mit em gahn laten, denn dit hir all mit antauseihn, dat künn mi tau swor warden.« – »Dauh dat, Lining, denn büst du jo bi sin Öllern; un ick will Gottlieben bidden, dat hei mi, wenn je denn beid' wedder hir taurügg kamt, dörch sinen Vader 'ne Städ' as Erzieherin anschafft, wid, wid von hir, denn mi deiht dat Hart ok gor tau weih.« – »Mining«, säd Lining un schow ehr Swester en En'nlang von sick af un kek ehr ganz verdutzt in de Ogen, »bi sin Öllern? Wen meinst du eigentlich?« – »Nu – Rudolfen.« – »Du meinst[270] Rudolfen?« – »Ja, wen meinst du denn?« – »Ick? – Ih, ick mein Gottlieben!« – »Ne, ne!« rep Mining, un föll Lining wedder üm den Hals, »wo is dat mäglich! wo is dat mäglich! Wi meinen jo gor nich densülwigen!« – »Ach, du leiwer Gott!« rep Lining as de Verstännigste, »un wat hewwen wi uns för Not makt!« – »Un nu is allens schön«, rep Mining un danzte as de Unverstännigste in de Stuw' rümme, »nu is allens gaud!« – »Ja, Mining, nu is allens schön!«, un Lining danzte as de Verstännigste nu ok in de Stuw' rümme. Un Mining föll denn wedder as de Unverstännigste ehr Swester üm den Hals – äwer vör Freuden. –

Ja, fat't man tau rechter Tid de Klink an un schuwt de Scheidwand taurügg, denn sälen de Harten woll wedder tausamen kamen, un allens kümmt wedder in de Richt, wenn't ok nich so'n Jubeln ward as hir baben in de lütte Gebelstuw'. Denn eins weinten sei, denn eins lachten sei, denn eins danzten sei rüm in de Stuw', denn eins seten sei enanner up den Schot un vertellten sick dat, wo dat allens so kamen wir, un klagten äwer ehre Dämlichkeit, dat sei dat nich markt hadden, wo't mit ehr stünn, un wunnerwarkten, wo dat mäglich wir, dat sei sick nich all früher de Sak verklort hadden, un denn bicht'ten sei sick wedder, wo wid ein jeder von ehr mit ehren Vetter wir un dat de beiden noch gor nich irnstlich Hals gewen hadden, un denn schüllen sei mal halw bös up de beiden, dat de eigentlich an de ganze Verbisterung schuld wiren. Un Lining säd, sei wir all ümmer in en groten Twifel west; äwer sörre den letzten Sünndag wir sei fast äwertügt west, dat Mining dat mit Gottlieben höll, denn worüm sei süs unnerwegs so vel weint hadd. Un Mining säd, wat sei dor nich äwer weinen süll, dat Rudolf mit de Predigt so'n grugliches Stück makt hadd, un ehr wir dat mit Lining grad' so gahn, wat sei denn so vel tau weinen hatt hadd. Un Lining säd, wat ehr dat nich kränken müßt, dat ehr arm Gottlieb so anführt worden wir. – Äwer nu was allens gaud; un as de Etenklock lüdte, dunn tründelten de beiden lütten Druwäppel rosenrod un Arm in Arm de Trepp hendal, un[271] as sei in de Stuw' treden, verfirte sick Bräsig, de sick mit den Rüggen gegen den Dag set't hadd, dat hei sei beter wohrschugen kunn, ordentlich äwer de lustigen Gesichter un de hellen Ogen, un hei säd tau sick: »Wo? Die sollen koppschu sin? Die sollen Smerzen haben? Die sollen in Liebe sin? In 'ner Fröhlichkeit sünd sie.«

Up dat Lüden von de Etenklock kamm nu Bräsigen sin Bekihrer, de Preisteramts-Kannedat Gottlieb Baldrian, rinne. Lining würd rod un dreihte sick von em af, woll nich in'n Bösen, ne, man in Anbetracht von ehre Bicht, de sei up de Gebelstuw' afleggt hadd, un Bräsig säd tau sick: »Dies is mich denn nu doch wieder ganz kuriosen: Lining stickt sich an. Wo is dat möglich? Um das Schugels von Petisten seinentwillen?« – Bräsig drückte sick tau kräftig ut, äwer 'ne Schönheit was Gottlieb nich: de Natur hadd em nich vel Staat up den Weg gewen, un dat beten hadd hei noch up 'ne unverstännige Wis' vernutzt. So taum Bispill sin Hor. Hei hadd en dichtes Hor, un wenn't ordentlich unner de Schir hollen wir, wir't en ganz anständig, blondes Hor west, un hei hadd allenthalben dormit rümmer gahn kunnt, ahn de Lüd' dormit tau verfiren; so hadd hei sick äwer in sinen geistlichen Harten den leiwsten Jünger von unsern Herrn Christus, Johannessen, taum Munster upstellt un hadd sick en Scheitel anleggt – »'ne Lausebahn« säd Bräsig dortau – un quälte un strigelte sine Bösten nah dalwarts, de von Natur doch bestimmt wiren, pilgrad nah baben tau wassen. – Ih, ja, ick heww nicks dorgegen, wenn so'n lütten Slüngel von teihn bet twölf Johr mit Locken üm den Kopp rümmer lopen deiht, un de Mutters von de lütten Slüngels warden noch weniger dorgegen hewwen un warden ehr af un an de Locken ut dat Gesicht striken, un wenn Besäuk kümmt, ok glattkämmen – unverstännige warden natürlich ok noch mit Wikkeln un mit Brennisen doran herümhandtieren –; ick hadd ok nicks dorgegen, wenn't Mod' wir, dat olle Lüd' mit Lokken rümmer güngen, denn up de ollen Biller nimmt sick dat sihr schön ut; äwer wer kein Waden hett, sall kein enge[272] Hosen dragen, un wer kein Locken hett, sall sick dat Hor kort sniden. Unsen ollen Gottlieben sin wedderhoriges Tüg hung nu, von de Sommersünn vossig brennt, hinnenwarts dal, as hadd hei sick dor 'ne Partie verrusterte Lattnagel inknöpt, un wil hei nu wegen dat Glattsitten en beten stark smeren müßt, verrungenierte em dat blot sinen Rockkragen, wider hadd dat keinen Zweck. Unner dit rikliche Geschenk von de Natur kek en unbedarwtes, blasses Gesichting rute, wat för gewöhnlich den Utdruck von Weihdag' hadd, so dat Bräsig em all ümmer fragt hadd, bi weckern Schauster hei maken let un wat em de Likdürn ok knepen. Sin äwrige Figur stimmte mit desen Utdruk äwerein, sei was lang un small un eckicht; äwer de Deil, an den de Weltküken sick en beten freuen, fehlte em gänzlich, hei hadd keinen Buk, un dat Flag, wo sick dit notwendige un nützliche Möbel allmählich uttaubilden plegt, was bi em so holl as Fru Nüßlern ehr Backmoll, d.h. von de Binnensid anseihn. För Bräsigen was hei dordörch 'ne Ort Naturwunner worden, denn hei et as en Schündöscher, äwer bet so lang' ahn alle Hülp. Dat möt äwerhaupt keiner glöwen, dat de Petisten sick von wat anners ernähren as von Eten un Drinken; ick heww weck kennt un kenn noch jetzt weck, gegen de ick sülwst nich in desen Hinsichten upkam. – Ja, 't is wohr, in den Kannedatentaustand sünd sei man noch dünndarwig, as einer dat am besten an de hannöwerschen Kannedaten seihn kann, de nu bi uns flux begäng' sünd; äwer wenn sei 'ne fette Parr krigen, denn plustern sei sick bet ut, un dorüm gaww Bräsig ok noch gor nich de Hoffnung up, Gottlieben mal würdig den Tolor utfüllen tau seihn, obschonst em dat vel heimlich Koppbreken makte. – So sach Gottlieb Baldrian ut; äwer dat Bild wir nich ganz vullstännig, wenn ick nich noch seggen ded, dat äwer dat Ganze so'n lütt, lütt Spirken von Pharisäerschin utbreidt wir; 't was man 'ne Wenigkeit, äwer mit den Pharisäerkram is dat just so as mit 'ne Kalwermag'; mit en lütten, lütten Finzel kann einer 'ne ganze Tin mit Melk ansüren.[273]

Sei set'ten sick nu taum Middageten dal, un Jochen frog: »Wo bliwwt denn Rudolf?« – »Mein Gott, Jochen, wat redst du?« säd Fru Nüßlern argerlich, »dat künnst du nahgradens doch woll weiten, dat de seindag' nich tau rechter Tid kümmt. De is nah'n Angeln; äwer wer nich kümmt tau rechter Tid, de geiht de Mahltid quit.« – Dat Eten was man sihr still, denn Bräsig redte nich, hei lagg mit all sin Sinnen un Denken up de Lur, un Fru Nüßlern hadd sick naug in'n stillen tau verwunnern, wat mit ehr Lütten för 'ne Ännerung vörgahn was. Dor seten sei un lachten sick tau un flusterten lising tausam un segen so glücklich ut, as wiren sei nah en sworen Drom upwakt un freuten sick nu, dat allens nich wohr was un dat ehr de leiwe Sünn wedder schinen ded.

Quelle:
Fritz Reuter: Gesammelte Werke und Briefe, Band 5, Rostock 1967, S. 261-274.
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