Kapittel 20

[306] De jung' Fru gahn de Ogen up, un de Unfreden fädelt sick sachten in. Worüm de jung' Herr nich bi Jochen Nüßlern un de junge Fru nich bi Pomuchelskoppen up Vesiten gahn wull. – Von Pomuchelskoppen sine adlichen Absichten un Häuhning ehre Schörtkauken. Wat Axel för en angenehmes Gefäuhl ut de stille, einfache Fomili mit furt namm, un woans hei Bräsigen aflopen let. Worüm Bräsig in hellen Arger äwer Pannkauken reden deiht, un worüm Fritz Triddelfitz up apenbore Landstrat, hoch tau Pird, in eben Schritt ümmer »Hurrah« schrit.


So gungen nu en poor Wochen hen, de Axel, anstatt sick mit sin Feld bekannt tau maken un mit de Wirtschaft, de up dat Gaud inführt was, meistendeils bi den Rad'maker Flegel in't Hauschur taubringen ded, indem dat Modell tau sine Ackermaschin ankamen was, mit de hei tauglik haken, eggen un klutenkloppen wull un de hei nu doch för sick un för de Welt in't Wark setten müßt. Breiw' un Reknungen, un wat süs för schriftliche Geschäften up en grot Gaud vörkamen, müßten natürlich ok taurügg stahn, un wenn hei tau Middag- oder Abendbrod an't Hus kamm, denn set'te hei so 'ne Mien' up, as müßt hei sine junge Fru vertellen, wo sur heit't sick in de Wirtschaft hadd warden laten. Un wer glöwt woll lichter as 'ne junge Fru? – Viellicht 'ne Brud? – Oh, ne! – 'ne Brud is unsäker, sei fäuhlt un fröggt herümmer, sei will den Mann, den sei leiwt, irst kennen lihren; äwer wenn sei glöwt, sei hett em kennen lihrt un hett em de Hand för't Lewen gewen, denn ward sei säker un folgt em blindlings, bet ehr mal mit Gewalt de Bind' von de Ogen reten ward, un ok denn noch strüwt sei sick un wehrt sick un will nich seihn un hölt't för ehre Schülligkeit, nich tau glöwen, wat sei süht. – Dat wiren jo keine Slichtigkeiten, de hei ehr inbilden ded, dat wiren jo blote Dummheiten, un hei glöwte jo sülwst doran, dat hei för sine Taukunft wirken un schaffen ded; äwer't was slimm, dat hei't nich insach un sei't nich insach; denn bi all ehre klore Ogen un ehren hellen Kopp dachte sei gor nich doran, dat dat mit em anners sin künn as mit ehr, de in Käk un Keller un Melkenhus un Botterkamer herümmer kek un herümmer lihrte, üm de Wirtschaft eins sülwst in de Hand tau nemen.[307]

Äwer allens hett sine Tid, un oll Scheper Köpk säd: den nägten Dag krigen de jung'n Hun'n ok Ogen.

Sei gung eines Dags gegen Abend in den Goren up un dal in den Schatten von dat hoge Hakelwark, wat gegen de Eck von den Hoff tau schot, wo dat Hauschur lagg, un indem dat sei nu hir in Gedanken gung, hürte sei up de anner Sid von den Tun wat resonnieren un schellen, as wenn sick en poor an den Kragen wullen: »So? – Dat paßt di woll nich? – Meinst du, dat't mi paßt? – Hallunk, wat liggst mi in'n Weg'? – Wat driwwst di hir rümmer? – Ick ward di glik ...« Bautz! würd wat gegen de Dör smeten. – Sei würd niglich un kek dörch den Tun, kunn äwer man einen seihn, dat was de oll Rad'maker Fritz Flegel, un mihr wiren dor för den Ogenblick äwerall nich, un dat Schellen un Resonnieren bedrew hei blot mit sin Handwarksgeschirr un sin Wark. Na, so'ne Wut up eigne Hand is denn heil spaßig, un de junge Fru sach denn mit lachende Ogen tau, wo de Oll unner Fluchen un Schellen: »Liggt minentwegen taum Deuwel! – Ick sall mi an jug argern?« – bautz! bautz! – sin Geschirr in dat Schur smiten wull un dorbi ümmer de half-apen Dör drop un sick denn wedder in de Hor faten un dorin herümmertulen würd. Un denn mal kek hei wedder stiw vör sick up de Ird dal: »Entfamtes Kreatur! – Makst mi hir so'n Spermang un so'n Elend!« – »Gun Abend, Vadder«, säd 'ne anner Stimm, un Daglöhner Kegel kamm an em ranne un stüt'te sick up sin Schüpp, »wat wirkst du hir noch? – 't is jo all Fierabend.« – »Wirken seggst du? Hir hett sick wat tau wirken! – Termaudbarsten segg. – Wat? dat sall 'ne Modell sin? Ick kann recht gaud nah 'ne Modell arbeiten, äwer nah so'ne Modell, dor arbeit der Deuwel nah.« – »Is denn dat noch ümmer dat sülwige Dirt, wo ji dunn bi anfungen hewwt?« – »Wat wull dat nich! un echter Sommer kannst nahfragen, wat't farig is.« – »Hei möt doch en klauken Kopp hewwen, dat hei sick so wat utklüstern kann.« – »So? meinst du? – denn lat di seggen, utklüstern kann sick jeder Schapskopp wat; äwer maken, Vadder, maken, dat dat stimmt! – Süh, dat giwwt dreierlei[308] Minschen in de Welt: de weck verstahn't, känen't äwer nich maken, de weck verstahn't nich, känen't äwer maken, un de weck verstahn't nich un känen't ok nich maken, un tau de letzte Ort hürt hei«, un dormit smet hei wedder en Kil gegen de Dör, »un dor möt en Minsch sick mit afängsten?« – »Ja, Vadder, unbegriplich is hei man. Hei säd doch dunn, wi süllen man ümmer drist tau em kamen un em seggen, wenn uns wat fehlen ded; na, ick gung ok nah em hen un säd em wegen dat Tüftenland, dat ick mihr hewwen müßt, dunn säd hei mi äwersten, hei wüßt dor nich recht mit Bescheid, hei wull mit unsen Ollen doräwer reden. – Ja, wenn de dor irst mang kümmt, denn kann 'ck mi wat malen laten, denn de weit jo, dat ick dat mit dat Hacken verpaßt heww.« – »Lat mi den Ollen taufreden! Hei is so, as hei is; hei seggt tau mi: Flegel, hau hei mi de Hakenbred' ut, un denn dauh ick dat, un hei seggt: Flegel, de Räd' möten uplöpt warden, un denn löp ick sei up, un för wider heww ick nix nich tau sorgen; äwer mit em ...! Du sallst seihn, Vadder, hei leggt in den Nettel, un wi leggen in den Nettel.« – »Dat's gewiß«, säd Kegel, »un mit dat Tüftenland heww ick all in den Nettel leggt.« – »Ja«, säd Flegel un slot de Schurdör tau un treckte den Kittel an, »äwer allens wat recht is! Dat du kein Tüften bugt hest, dor büst du sülwst an schuld, wat hackst du sei nich; un wenn de Entspekter di mihr Land giwwt, denn helpt di dat ok nich.« – »Dat's gewiß«, säd Kegel, smet de Schüpp äwer de Schuller un gung mit Flegeln af, »helpen deiht mi dat nich, taumal bi de velen Gören, äwer dat is doch, dat ick mi dormit helpen kann.«

De Lüd' seggen't, un't is ok wohr, dat en Loff ut Kinnermun'n un ut geringen Mun'n den Verstännigsten un den Vörnemsten ketteln deiht; äwer ebenso gewiß is't, dat en hart Urtel ut den sülwigen unbedarwten Mun'n weih deiht, un vör allen weih, wenn't en Minschen bedröppt, den wi leiw hewwen. – Un wat was't denn Grots? 't was en Daglöhnersnack, as hei dusendmal bi dämliche Minschen vörkümmt, äwer dat Lachen was ut de junge Fru ehre Ogen verswunnen[309] un hadd 'ne Verdreitlichkeit Platz makt. Ehren Mann sine Insichten un ok sin gaude Will, dat dörchtauführen, wat hei in sine Red' verspraken hadd, wiren in Twifel geraden, un't Ganze kamm dorup herut, dat hei de Sak nich wussen wir, de hei sick äwernamen hadd.

Sei was verstimmt, as sei taum Abendbrod kamm, un hei was upgerümt, un dat klingt all sowieso slicht tausam. – »So, liebe Frida«, säd hei, »nun sind wir schon so ziemlich eingewohnt, nun, denke ich, wär's wohl Zeit, wenn wir unsere Visiten in der Nachbarschaft abmachten.« – »Ja, Axel, aber bei wem?« – »Nun, ich denke zunächst bei unsern Feldnachbarn.« – »Doch vor allem bei unserm Prediger.« – »Jawohl, bei dem auch – später.« – »Wer ist außerdem dann noch vorhanden?« frog de junge Fru un rekente in Gedanken nah, »der Gutsbesitzer Herr Pomuchelskopp und der Pächter Nüßler.« – »Liebe Frida«, säd Axel, un hei würd en beten irnsthaft utseihn, »mit dem Pächter Nüßler ist's wohl bloß dein Scherz; mit Pächterleuten werden wir doch wohl keinen Umgang haben können.« – »Hier bin ich mit dir verschiedener Meinung«, säd Frida ruhig, »ich sehe mehr auf den Menschen als auf seinen Stand. Es mag hier anders sein als bei uns im Preußischen; aber in meines Vaters Hause waren wir doch mit mehreren Pächterfamilien eng befreundet, warum nicht hier? Die Nüßler soll eine sehr brave Frau sein.« – »Die Schwester meines Inspektors. Der kann ich keinen Besuch machen; das paßt sich nicht.« – »Aber dem Gutsbesitzer Pomuchelskopp?« – »Natürlich; der Mann ist Gutsbesitzer, ist reich, ist Landstand so gut wie ich ...« – »Und ist in der ganzen Gegend verrufen, und seine Frau noch mehr. Nein, Axel, dort mache ich keinen Besuch.« – »Mein liebes Kind ...« – »Nein, Axel, ich glaube, du siehst das Verhältnis nicht durch. – Wenn nun der Pächter Nüßler das Gut Gürlitz gekauft hätte, wäre er dann ein anderer, und würdest du ihm dann deinen Besuch gemacht haben?« – »Das sind Annahmen, die gar nicht hierher gehören. Bei dem Pächter mache ich keinen Besuch«, säd hei argerlich. – »Und ich nicht bei[310] dem Gutsbesitzer, die Leute sind mir zuwider«, set'te Frida ok ehren Trumpf dorup. – »Frida!« bed Axel. – »Nein, Axel«, säd sei fast, »ich fahre morgen mit dir nach Gürlitz, steige aber beim Pastor ab.«

Dat was de Sluß; dat würd just kein Strid un kein Vertürnen; äwer jedwerein blew doch up sinen Kopp bestahn. Un wo licht un wo girn hadd Frida woll nahgewen, hadd sei sick nich mit dat unheimliche Gefäuhl tau dat Abendbrod dalset't, Axeln fehlten de Insichten, 'ne Sak dörchtauseihn, un de Fastigkeit, sei dörchtausetten; un wo licht un wo girn hadd Axel nich nahgewen un wir von Pomuchelskoppen wegblewen, wenn em nich ümmer infollen wir, Pomuchelskopp wir en riken Mann, un den müßt hei warm hollen, de künn em mal nütten; wo licht un wo girn hadd hei nich bi de Pächterlüd' en Besäuk makt, wenn em nich de Krims-Krams von Ansichten, de hei bi dat Rrrrment insagen hadd, in den Nacken stött hadd.

Äwer dat was vörbi, doran let sick nicks mihr ännern, de irsten Anfäng' von den Unfreden wiren rin in dat Hus, un de Dör was halfapen stahn blewen, dat dat En'n folgen kunn; denn de Unfreden süht ut as de Swanz von en Draken, wo de Kinner mit spelen, lang is sin Faden un doran sitt Finzel an Finzel, un wenn jeder Finzel ok nicks wider is as 'ne Packadell, 't ward doch en ganzen Loppen, wenn't up einen Hümpel kümmt, un keiner sall en utenanner wiren, denn dor's kein Anfang un En'n in tau finnen.

Den annern Nahmiddag gungen sei nah Gürlitz – dorin hadd Axel Frida'n nahgewen, de leiwer gahn as führen wull – un Axel bröchte sine Fru bet vör dat Pasterhus un versprok, sei nahsten wedder aftauhalen; hei sülwst gung up den Hoff.

Bi Pomuchelskoppen was grad de Koffetid tau En'n, un Philipping un Nanting un de annern Lütten wiren grad noch bi't Utputzen un stunnen üm den Disch as Fahlen an de Röp un stippten Stuten in den Zichurenkoffe un smeerten sick de Gesichter in un manschten mit Teelepel un Fingern in de Tassen[311] in den upweikten Stuten rümme un schrewen ehren hübschen Namen »Pomuchelskopp« mit äwerspölterten Koffe un Melk äwer den Disch heräwer un schuppsten un stödden sick un keken denn unschüllig ehr leiw' Mutting an, as wiren sei't nich west; denn Häuhning satt in ehren tagen Swarten mit an den Disch un höll't Regiment uprecht. – 't was en schönes Fomilienbild vull hüsliches Glück, Stutenkräumels un Zichuren, un Pomuchelskopp lagg in de Eck von den Sofa un rokte Toback. – Hei was mit sinen Koffe all prat, denn Vating drunk vörweg ut 'ne besondere Kann reinen Koffe; äwer't was ok man Swindel, denn Malchen un Salchen, de ümschichtig dat Koffemaken hadden, drunken Vating ümmer den Vörsprang af un füllten de Zichuren ut de Fomilienkann wedder tau. – Hei satt also in de Sofaeck un hadd dat linke Bein äwer dat rechte slagen, ganz nah Herzog Adolf von Klewe sine Verordnung: »So ein Richter zu Gericht sitzet, soll er das linke Bein über das rechte schlagen« usw., un wenn hei in desen Ogenblick ok nich Richter was, so was hei noch en ganz Deil mihr, denn hei was in desen Ogenblick Gesetzgewer un dacht an den ditjöhrigen Landdag, den hei abslutemang besäuken wull.

»Häuhning«, säd hei, »über Jahr reis' ich hin nach dem Landtag.« – »So?« frog de Ollsch, »hest woll süs kein Gelegenheit, Geld uttaugewen?« – »Mein Klucking, es wird von mir verlangt; ich muß mich zeigen, und kostbar wird mir das nicht. Über Jahr ist der Landtag ganz dichting bei, zu Malchin, un wenn ich mir denn 'ne Kiepe mitnehme ...« – »So? un ick sall hir woll wildeß in din Stäweln in den deipen Dreck up den Hoff rümmer waden un de Döschers visentieren?« – »Mein Kücking, dazu ist ja Gustaving hier, und wenn ich nötig bin, kann ich ja zu jeder Stunde wieder hier sein.« – »Aber, Vating«, säd Malchen, de af un an von de ganze Gesellschaft allein mal in de Rostocker Zeitung kek un deßwegen un wil sei ümmer wüßt, wo de Großherzog un de Fru Großherzogin sick för den Ogenblick befunnen, för hellschen stark in de Politik hollen würd – denn Pomuchelskopp[312] les' blot de Kurnpris' un de Geldkurs' – »aber, Vating«, säd sei, »wenn nun mal was Wichtiges vorkommt, z.B. wegen der roten Röcke, ob ihr bürgerliche Gutsbesitzer auch rote Röcke tragen dürft, oder wegen der Klosterfrage, denn kannst du doch nich fort.« Denn sei hadd dat mäglicher Wis' all in't Gefäuhl, dat de Klosterfrag' mal ehr Frag' warden künn. – »Na, du meinst doch wohl nicht«, säd Pomuchelskopp un stunn up un gung mit grote Schritten in de Stuw' up un dal, »daß dein Vater sich so gemein machen und mit den übrigen bürgerlichen Gutsbesitzern in eine Kerbe hauen wird und da groß mit abstimmen und sein Hauswesen versäumen? Nein, wenn hier was los ist, denn schreibst du, dann komm' ich, und wenn ich den roten Rock haben will, dann weiß ich einen bessern Weg – jeder sorge für sich selbst – und es ist ehrenvoller für mich, wenn ich allein ihn kriege und nicht mit Lumpen zusammen, die vielleicht ein paar tausend Taler haben, und wenn ich dann einst zurückkehre und sage: Malchen, ich allein habe ihn gekrigt!, dann kannst du stolz sein auf deinen Vater«; un dorbi strampelte hei in de Stuw' rümme un pust'te sine unschülligen Gören Tobacksrok in de Ogen, dat sei utsegen as Posaunengel in Wulken, de blot dat Mundstück antausetten brukten, üm sinen taukünftigen Ruhm uttautrumpeten. – »Kopp, büst du narsch worden?« frog sine leiwe Fru. – »Laß mich, Häuhning! Ümmer nobel! Sage mir, mit wem du umgehst, und ich sage dir, wer du bist. Wenn ich mit den Edelleuten stimme und ...« – »Mi dücht, du hest von de Eddellüd' all naug Näsenstüwer kregen.« – »Häuhning ...«, säd Pomuchelskopp, kamm äwer nich wider, denn Salchen, de an't Finster sticken ded, Sprung up: »Herre Gott, da kommt der Herr von Rambow auf den Hof.« – »Häuhning!« säd Pomuchelskopp noch mal, un en groten Vörwurf lagg in sine utdrucksvullen Ogen, »siehst du, der Edelmann kommt zu mir. – Aber nun, raus! raus!« dreihte hei sick nah sine Nahkamenschaft üm un jog un schücherte sei ut de Dör. – »Malchen, das Kaffeezeug weg! Salchen, ein Wischtuch! Und Häuhning«,[313] hei folgte ordentlich de Hän'n, »nun geh auch hin und zieh dir einen andern Rock an!« – »Wat?« säd sei, »kam ick tau em, oder kümmt hei tau mi? As hei mi dröppt, ward ick em woll gaud naug sin.« – »Häuhning«, bed Pomuchelskopp von Himmel bet tau Irden, »ich bitt dich, du verdirbst mir mit dem schwarzen Morgenrock die ganze Szene.« – »Muchel, büst du ganz unklauk?« frog sei un rögte sick nich von den Platz, »glöwst du, hei kümmt um di un üm mi? Hei kümmt, wil hei uns bruken deiht, un för'n Snurrer is de swart Äwerrock gaud naug.« – Muchel bed noch ümmer – vergews. Malchen un Salchen wutschten ut de Dör, üm sick en beten uptaumutern, de Ollsch blew sitten, stiw as en Pahl.

Axel kamm herinne un begrüßte dat Pörken, un de olle swarte Äwerrock kreg gaud so vel Höflichkeit as de gräun karrierten Hosen, denn de jung' Herr wüßt sine gaude Lewensort so tau rechter Tid un Gelegenheit antaubringen, dat Pomuchelskopp rein weg was äwer de Fründlichkeit un Gnedigkeit von den jungen Eddelmann un Häuhning sogor so munter un fidel würd, dat sei ehren leiwen Mann »Pöking« nennte; ja, sülwst de olle, tage Swarte schämte sick äwer sine eigene Dummdristigkeit, dat hei in all den Sünnenschin von Höflichkeiten sülwst in de Pomuchelskoppen ehre Ogen ganz vossigrod würd. Un nu kamm Salchen rinne un ded, as hadd sei wat vergeten, un nahsten kamm Malchen un ded, as hadd sei wat tau besorgen, un Pomuchelskopp stellte sei vör, un ut dat höfliche Gespräk würd nu en gebild'tes äwer Salchen ehre Stickeri, un as Malchen de Rostocker Zeitungen tau Hand namm, dunn würd dor en politisches ut. Un Philipping kamm rinne un stellte sick in de Eck achter Mutting, un Nanting kamm un stellte sick bi Philipping, un de annern Lütten kemen all, ümmer enzeln, un stellten sick bi de beiden, bet Häuhning utsach as uns' oll swart Kluck, achter de de Küken krupen, wenn de Häwk in de Luft is. Un as Mutting nu den Lin'nschapp-Slätel ut den Korw namm un rute gung – denn, hadd sei tau sick sülwst seggt, bi so vel Höflichkeit möt einer wat dauhn –, folgte ehr de ganze Schauw, denn in dat Lin'nschapp[314] würden de Schörtkauken uphegt, de Häuhning dat Johr äwer in Vörrat höll un tweimal frisch backen ded. Un dese Schörtkauken wiren ümmer sihr schön, blot dat sei mit de Tid en beten nah gräun Seep smecken würden, indem dat sei den Gesmack von dat Linnentüg annemen; äwer schad't nich! ehr Ort was hartfraatsch un was an den Gesmack von lütt up an gewennt, un wenn Axel nich up Pomuchelskoppen hadd hüren müßt, denn hadd hei woll dat Bidden un Gungeln buten hüren kunnt: »Mutting, mi! – Mutting, mi ok!« – Äwer Pomuchelskopp hadd em in Beslag namen un was dorbi, em 'ne gaude Meinung von sick un sine leiwe Fomili bitaubringen: »Sehn Sie, Herr von Rambow«, säd hei, »Sie finden hier eine höchst einfache Familie, ich bin sehr einfach, meine Frau« – hier kek hei sick üm, wat Häuhning ok noch begäng' was – »ist höchst einfach, wie Sie gesehen haben, meine Töchter, meine übrigen Kinder sind höchst einfach erzogen. Wir machen gar keine Ansprüche, wir leben bloß für uns in einem glücklichen Familienverhältnisse. Jeder Umgang sagt uns nicht zu; Gott sei Dank, wir sind uns selbst genug, aber«, set'te hei hentau, un sin Wesen namm so wat ihrwürdig Patriarchalisches an, »jeder muß auch seinen Strang ziehen, jeder hat seine bestimmte Beschäftigung, die er verrichten muß – muß, sag' ich, wenn er sie einmal übernommen hat, und dann bleibt auch der Segen Gottes nicht aus.« – Axel säd höflich, hei glöwte, dat wir 'ne vörtreffliche Inrichtung. – »Ja«, säd Pomuchelskopp un kreg Philipping, de den Mund vull achtunnägentig Prozent Schörtkauken un twei Prozent gräun Seep hadd, bi den Kragen un presentierte em den jungen Herrn, »Philipping, mach' dein Komplimang! – Sehn Sie diesen kleinen Burschen, er hat das Eiersuchen, wenn nämlich die Hühner vorbeilegen; für das Dutzend Eier kriegt er einen Schilling, das Geld wird in die Sparkasse gelegt. Philipping, wieviel hast du schon zusammen, mein Söhnchen?« – »Sieben Taler, dreiundvierzig Schilling«, säd Philipping. – »Siehst du, mein Sohn«, säd Pomuchelskopp un kloppte sinen leiwen Sähn up den Kopp, »Gottes Segen[315] bleibt für den Fleißigen nicht aus. Und so« – wendte hei sick wedder an Axeln – »hat Nanting das alte Eisen, Nägel, Hufeisen und so was, das kriegt er pfundweise bezahlt, und Mariing und Heining und Stöffing haben die Äpfel und Birnen und Pflaumen, d.h. Fallobst; 's sind meistens noch lauter Külpen, schad't ihm aber nicht, die Städter kaufen's doch. Und sehn Sie, Herr von Rambow, so hat jedes von meinen Kindern seinen eigenen Appartement.« – Axel grifflachte en beten bi dese Wendung, un Malchen un Salchen keken sick an un bückten sick dal un lachten heimlich äwer den Swupper von Vating, denn Pomuchelskoppen passierte so wat ebenso gaud as Bräsigen; äwer't was en groten Unnerscheid tüschen de beiden. Bräsig wüßt recht gaud, dat hei allerlei dummes Tüg mit de Frömdwürd' anrichten ded, äwer hei hadd't sick einmal anwennt, kunn't nich laten, hadd sin Plesier doran un scherte sick wider üm de Welt nich; Pomuchelskopp äwer wull sine Red' dormit upposamentieren, un wenn hei markte, dat hei wat Dämliches seggt hadd, denn würd hei verlegen. As hei nu sine beiden leiwen Döchter äwer sick lachen sach, wüßt hei Bescheid, un en Glück was't, dat eben sin Häuhning rinne kamm mit 'ne Buddel Win un en Teller vull Schörtkauken un tau sine Freud' ahn den Swarten, mit en gelbunt siden Kled un 'ne mächtige Fladdus' up den Kopp. – »Häuhning«, säd Pomuchelskopp, »nicht von dem Wein! Wenn wir solchen hochgeehrten Besuch haben, dann ümmer von's beste Ende!« – »Denn bestell du em«, säd de Ollsch hart. – Dat geschach, un Pomuchelskopp namm den Faden wedder up: »Ja, und meine beiden ältesten Töchter haben auch jede ihren besondern Zug, Salchen ist mehr für die Kunst, mit Sticken und Klavierspielen, und Malchen mehr für die Zeitungen und Politik.« – Axel säd, hei müßt sick doräwer wunnern, dat Malchen an Dingen Gefallen fünn, üm de sick de Damen süs nich vel kümmern deden, un Malchen antwurt'te em, einer in den Hus' müßte sick doch; dorüm kümmern, denn Vating ded't nich; un wenn Vating doch einmal Landstand wir, denn müßt hei doch ok weiten,[316] wat up den Landdag utmakt wir, un grad, as de Herr von Rambow kamen wir, hadden sei dorvon redt, dat Vating dit Johr ok nah den Landdag süll. – »Ja, Herr von Rambow«, säd Muchel, »ich will auch mal hin; nicht wegen der Geschichten, die meine bürgerlichen Kollegen da angerührt haben, die gehen mich nichts an, und ich weiß den Unterschied zwischen Adlig und Bürgerlich recht gut – nein! ich will bloß einmal hin und will die Leute zeigen, daß ich der Mann bün!« – Axel frog nu, üm wat tau seggen, wat Pomuchelskopp keinen Ümgang mit de Landlüd' up de Neg' hadd. – »Mit wem sollte ich umgehen?« frog Pomuchelskopp, »mit dem Pächter in Rexow? – Das ist ein Schafskopf. Mit den Inspektoren? – Das paßt sich nicht für mich. Und weiter gibt's hier nichts ringsherum.« – »Dann verkehren Sie also wohl bloß noch mit dem Pastor?« – »Nein, auch mit dem nicht. Der Mann hat sich von Anfang an nicht so gestellt, daß ich mit ihm zu tun haben möchte, er hat Umgang mit Leuten, die mir nicht passen, er hat auch die Tochter von Ihrem Inspektor Hawermann angenommen, und das wäre mir doch nicht lieb, wenn meine Töchter mit der in ein Verhältnis kämen.« – »Ich meine, das soll ein liebenswürdiges Mädchen sein«, säd Axel. – »Oh, ja, das glaub ich«, säd Pomuchelskopp, »und ich will auch nichts Böses von dem Mädchen reden – sehn Sie, Herr von Rambow, ich bin ein alter einfacher Mann – aber Hawermann kenne ich von früher, ich will nicht sagen, daß er mich damals betrogen hat, aber ... Nein! die Art und Weise konnte mir denn doch nicht gefallen, wie sie mit dem jungen Herrn von Rambow von ihrem eigenen Vater und den Pastorleuten zusammengebracht wurde.« – »Mit meinem Vetter Franz?« frog Axel. – »Ja, er heißt ja wohl Franz? Den meine ich, der hier bei Hawermann in der Wirtschaft war. Ich kenne ihn nicht, denn mein Haus hat er nicht betreten. Ist mir auch recht lieb nach dem, was die Leute sich erzählen.« – »Hei schriwwt jo ok noch ümmer an ehr«, säd Häuhning. – »Nein, Mutter«, säd Malchen, »das kannst du nicht sagen, seine Briefe sind immer an[317] den Pastor. Unser Postbote bringt nämlich immer die Briefe für den Pastor mit«, set'te sei för Axeln hentau. – »Dat's ganz egal«, säd Häuhning, »up den Sack slag ick, un den Esel mein ick.« – »Das ist das erste, was ich von der Sache erfahre«, säd Axel un kek gewaltig ebendrächtig de Näs' lang. – »Ja«, säd Pomuchelskopp, »das weiß ja die ganze Gegend. Sie ist ihm unter dem Vorwand, ihren Vater und Ihre Fräulein Schwestern zu besuchen, ja immer auf Schritt und Tritt nachgelaufen, und wenn mal was dazwischen gekommen ist, denn haben Hawermann und die Pastorsleute es wieder ins Gleiche gebracht.« – »Nein, Vating«, rep Salchen, »der Hauptkanal ist der alte Bräsig gewesen, der hat immer die Apporten von einem zum andern getragen.« – »Wer ist eigentlich dieser alte Bräsig?« frog Axel, nu all sihr argerlich. – »En Snurrer is hei!« rep Häuhning. – »Das ist er«, säd Pomuchelskopp un blos' sick up, »und hat 'ne kleine Pension von dem Herrn Grafen gekriegt und hat nun Gott in der Welt nichts weiter zu tun, als von einem zum andern zu laufen und die Leute schlecht zu machen, und dann ist er dabei ...« – »Nein, Vating«, föll Malchen in, »das will ich sagen. Herr von Rambow, der alte Kerl ist – ein Demokrat, durch und durch ein De-mo-krat!« – »Das ist er«, föll Pomuchelskopp nu wedder in, »und mich soll wundern, ob der Halunk nicht noch einmal ein Brandstifter wird.«

Un dit nichtswürdige Subjekt hadd Axel an sinen eigenen Disch hatt, un wer was doran schuld? – Hawermann. – Dese Unnerhollung hadd den jungen Herrn nu naug Arger in dat Blaud drewen, un de Schörtkauken lockten em grad ok nich sihr, hei namm Afschid, un Pomuchelskopp gaww em äwer den Hoff dat Geleit bet an den Dur. – »Ist das mit meinem Vetter wirklich wahr?« frog Axel, as sei buten tausam gungen. – »Herr von Rambow«, säd Pomuchelskopp, »ich bin ein alter einfacher Mann, und in meinen Jahren bekümmert man sich nicht um solche Geschichten, ich sage bloß, was die Leute sagen.« – »Nun, es ist wohl so eine vorübergehende Sponsage: aus den Augen, aus dem Sinn?« – »Das glaube[318] ich nicht«, säd Pomuchelskopp sihr bedenklich, »so wie ich Hawermann kenne, ist er ein alter überlegter Schleicher, der einen bestimmten Zweck im Auge behält. Ihr Herr Vetter ist geangelt.« – »Der Junge ist ja wohl rein toll«, säd Axel, »aber er wird Vernunft annehmen müssen. – Leben Sie wohl, Herr Nachbar! Ich danke Ihnen für die Mitteilungen und hoffe Sie bald bei mir zu sehen. Adieu!«, un dormit bögte hei rechtsch in den Weg. – »Bitte«, rep Pomuchelskopp em nah, »Sie gehen falsch; hier links geht's nach Pümpelhagen.« – »Ich weiß«, säd Axel, »ich muß nur noch zum Pastor, um meine Frau abzuholen. Adieu!«

»Ah«, säd Pomuchelskopp, as hei äwer den Hoff taurügg gung, »dit is jo sihr nett, dit is jo nüdlich! De gnedige Fru is bi den Herrn Paster! Oh, worüm nich? För den jungen Herrn bün ick gaud naug; äwer för de gnedige Fru? – Kinder!« rep hei, as hei nah de Dör rinne kamm, »die gnädige Frau ist bei dem Herrn Pastor, wir sind ihr wohl zu schlecht.« – »Dat hägt mi ordentlich, Pöking«, säd de Ollsch, »dat de Eddelmann di wedder so 'ne schöne Brill von Schauhsahlen upset't hett.« – »Ist es möglich!« rep Salchen. – »Ja woll ist es möglich«, säd Vating, »es ist gewiß«, un gaww Nanting un Philipping, de flitig dorbi wiren, den Rest von de Schörtkauken tau musen, eins an den Dätz. »'raus mit euch, Bagage!« Un smet sick in de Sofaeck un slog sick mit de Fleigen; un de Ollsch, de prickelte nu an em rümmer mit allerlei Redensorten von vörneme Bekanntschaften un Snurrers un Eddellüd' un säd: »Salchen, drag mal de Buddel von den düren Win in den Keller; dor's noch wat in, dor kann Vatting noch mal einen hochverihrten Fründ mit traktieren.« – Un nah 'ne Wil rep sei: »Vatting, kumm doch mal an't Finster! Kik, dor geiht din vörneme Fründ mit sine gnedige Fru – de Botteralf! – un wen hewwen sei bi sick? – Dinen Brandstifter, den ollen Bräsig!«

Un so was dat: Bräsig gung mit de beiden nah Pümpelhagen hentau, un dat em Axel ganz links liggen let un em sogor allerlei snöde Antwurten gaww, makte em wider nicks ut,[319] denn hei hadd sine Freud' an de junge gnedige Fru, de hei bi den Paster drapen hadd un de em hüt noch vel schöner geföll as bi dat Middageten von vördem.

Un sei kunn em ok woll gefallen, kunn jeden Minschen woll gefallen, as sei so fründlich un tautrulich in Fru Pastern ehre Stuw' rinne kamen was, wo hei bi den ollen Herrn Paster satt, de halw swack un halw krank up den Sofa lagg; as sei den ollen Herrn, de sick bi den Besäuk uprappeln wull, dorvon taurügg hollen hadd un de beiden Hän'n up de lütte Fru Pasturin ehre Schullern leggt, sei mit de kloren Ogen ankeken un fragt hadd, wat de oll lütte Fru ok woll en Bichtkind annem, dat hir frömd wir un gauden Rat brukte, un as sei dunn up Bräsigen taugahn was un em drist de Hand schüddelt hadd as en ollen Bekannten. – Un dünn was Lowise rinne kamen, un de junge Fru hadd sei ok begrüßt as 'ne olle Bekannte, hadd sei äwer ümmer wedder anseihn, as wir ümmer wat Niges in ehren Gesicht tau lesen, un was dorbi nahdenklich worden as einer, de en schönes Bauk lest un dat Blatt nich ihre ümsleiht, ihre hei't ordentlich verstahn hett. Un de junge Fru hadd hir vel Bläder ümtauslahn, un up jeden Blatt stunn wat Schöns un wat Verstännigs; up den Paster sine Siden stunn de Erfohrung un de fründliche Minschenleiw', un up de Fru Pastern ehr stunn de Wirtschaftlichkeit un de Lewenslust un de truhartigste Gaudmäudigkeit krus dörchenanner, un up Lowise ehr stunn de bescheidene Sinnigkeit un de Freud', mit 'ne Fru tau dauhn tau hewwen, de jennen Namen drog, de ehr mal so leiw worden was; un up Bräsigen sine Siden stunnen twors blot man Anmarkungen tau dat Ganze, äwer sei hürten dortau un makten de Sak düdlich, un de junge Fru las dese Anmarkungen mit ebenso'n Häg' as wi Slüngels vördem de Eselsbrüggen ad modum Minellii unner'n Cornelius Nepos. – Un all dit stimmte so schön un so unschüllig tausam, un't was so vele Leiw' un Fröhlichkeit dorin, dat de junge gnedige Fru tau Maud' würd, as stünn sei bi en Hümpel smucker Kinner, de in en schönen Goren unner den käuhlen Schatten von olle Böm[320] Kringelkranz danzten, un in den Ring stunn Lowise un reckte ehr de Hand entgegen un säd: »Kumm, nu möst du mi aflösen!«

Un in desen schönen Freden kamm Axel nu rinne, verdreitlich äwer dat, wat em in de Uhren blasen was, un argerlich doräwer, dat hei hir ut so 'ne Gesellschaft sine Fru afhalen müßt, un as em nu noch taum Äwerfluß Bräsig mit: »Guten Tag, Herr Leutnant«, begrüßen ded, würd sine Lun dordörch grad nich beter, un hei wendte sick kort af an den Paster un redte en poor Würd' mit em von Befinden un von Weder, äwer kolt, dat sin Wesen as en Istappen in dat warme Hart von sine Fru föll un sei rasch upsprung, Afschid tau nemen, dat man nich mihr Küll de warme Fründlichkeit as en Hagelschuer bi Sommertid verklamen laten süll.

Sei gungen, äwer Unkel Bräsig gung mit, den jungen Herrn sine Unhöflichkeit treckte em nich an; hei hadd em nicks dahn un hadd en gaud Gewissen, un dorbi hadd hei noch äwerdem 'ne gaude Meinung von sine Kunst, de Minschen tau unnerhollen un sei, wenn sei verdreitlich wiren, up anner Gedanken tau bringen. Hei stapeiete denn also gegen den Herrn Leutnant up un vertellte von dit un von dat, ahn dat em dat gelingen wull, den jungen Herrn sine korten un snöden Antwurten in fründliche tau verkihren. As äwer de jung' Herr dor, wo de Kirchstig mit den Landweg tausamen drop, still stunn un em frog, weckern Weg hei gahn wull, schot em dat mit einem Mal dörch den Kopp, de verdammte Kirl künn glöwen, hei wull sick bi em andrängen. – »Hören Sie mal, Herr Leutnant«, säd hei un stunn ok still, »dieses ist mich wunderbar. Schanieren Sie sich vielleicht, mit mir auf der Landstraße zu gehen? Dann lassen Sie sich sagen, ich geh eigentlich gar nicht mit Ihnen, ich gehe bloß mit Ihrer geehrten, gnedigen Frau Gemahlin, indem daß sie freundlich gegen mich ist. – Im übrigen will ich nicht inkommandieren«, un makte de junge Fru en deipen Diener un gung dwas äwer de Rappstoppel up Hawermannen tau, de dor in de Neg 'ne Mit von Rappstroh setten let.[321]

»Axel«, säd Frida, »warum hast du den alten gutmütigen Mann so gekränkt?« – »Dein alter gutmütiger Mann ist nichts weiter als ein alter Unheilstifter und Gelegenheitsmacher.« – »Glaubst du das wirklich? Und glaubst du, wenn er das wäre, unser Hawermann würde mit ihm so genauen Umgang haben?« – »Warum nicht, wenn er ihm nützt?« – De junge Fru kek em halw verwunnert, halw bedräuwt an: »Axel, was ist dir? Du bist sonst so freundlich gegen jedermann und vertrauest jedem, was hat dich gegen diese beiden Leute eingenommen? Gegen diese beiden, die uns nur Freundlichkeit und Ehrlichkeit entgegengebracht haben?« – »Freundlichkeit? Warum nicht? – Ich bin ja der Herr auf dem Gute. Aber Ehrlichkeit? – Das wird die Zeit lehren, und was ich davon gehört habe, stimmt schlecht mit meinen Begriffen von Ehrlichkeit.« – »Was hast du gehört? Von wem hast du's gehört?« säd Frida hastig un indringlich. »Sag' mir's, Axel! Ich bin deine Frau.« – »Ich habe vielerlei gehört«, säd Axel mit spöttschen Ton, »ich habe gehört, daß unser Hawermann, wie du ihn nennst, schon einmal Bankerott gemacht hat; und das Schönste, was ich gehört habe, ist das, daß er seinen Einfluß, den er als Lehrmeister ausübte, dazu angewendet hat, seine Tochter mit Hülfe von den Pastorleuten und diesem alten Zwischenträger, den ich habe ablaufen lassen, an unsern Vetter Franz zu verkuppeln. Und«, set'te hei falsch un giftig hentau, »der dumme Klas hat sich angeln lassen!« – Nu bömte sick äwer in Frida en gewaltigen Wedderstand up, mit dese Niderträchtigkeit was nich blot dat arme Kind, de Lowise Hawermann, dor was ehr ganzes Geslecht bet in dat bindelste Hart rinne verwund't un tau Schan'n makt; ehre Ogen funkelten, as sei em an den Arm fot un em still stahn let: »Du bist in schlechter Gesellschaft gewesen und hast den nichtswürdigsten Einflüssen nachgegeben!« – Ehre Hän'n leten em los, de Zorn verflog, un 'ne deipe Trurigkeit kamm äwer sei. »Oh, Axel«, rep sei, »du bist ja sonst so gut, wie kann solche Einflüsterung dein ehrliches Urteil trüben?« – Axel verfirte sick äwer den Iwer, mit[322] den sine Fru de Sak upnamm, hei hadd girn wedder taurüggnamen, wat hei seggt hadd; äwer nu hadd hei't einmal seggt, un wenn hei nu lütt bigewen hadd, denn hadd hei in sinen eigenen Ogen as en lichtglöwigen, unäwerleggten Mann dorstahn, un hei wull doch en recht bestimmten vörstellen, hei kunn also nich taurüggtrecken un säd: »Frida, was hast du? Dagegen läßt sich ja doch nicht streiten. Daß mein alberner Vetter sich mit diesem Mädchen verplempert hat, weiß ja die ganze Gegend.« – »Wenn du diesen Teil deiner Nachricht anders ausdrücken willst, wenn du sagst, daß dein Vetter sich in das Mädchen verliebt hat, so will ich das gerne glauben, und dein Vetter, den ich noch nicht genauer kenne, wird mir darum um so lieber sein.« – »Was? Mein Vetter in einer reichen, unabhängigen Stellung sollte die Tochter meines Inspektors heiraten?« – »Das ist ja gerade der Vorteil einer reichen, unabhängigen Lage für einen jungen Mann, daß er frei wählen kann; und wahrlich! dieser hat nicht unwürdig gewählt.« – »Und ich sollte am Ende noch mit meinem Inspektor in eine Art verwandtschaftlichen Verhältnisses treten, und die Gelegenheitsmacher, die die Partie eingefädelt und geschürzt und geknotet haben, die sollten triumphieren? – Nie und nimmer werde ich dazu stillschweigen.« – »Sieh, hierin«, rep Frida, »in diesem Teil deiner Nachrichten steckt die Lüge und die Verleumdung, und wie ist es möglich, daß du einer so plumpen Verdächtigung Glauben schenkst? Wie kannst du – ganz abgesehen von der lieblichen Unschuld des Mädchens selbst – einem alten einfachen Manne, einem liebevollen Vater, der nur in dieser einen Tochter Glück sein eigenes findet, wie kannst du diesem ehrwürdigen Prediger und seiner treuherzigen Frau, ja wie kannst du auch nur diesem alten Manne, der uns soeben gekränkt verlassen hat und der in seiner Aufrichtigkeit manches unpassende Wort herausschlagen mag, wie kannst du diesen Leuten zutrauen, daß sie den Liebling ihres Herzens zum Gegenstand der Spekulation machen sollten?« – »Nun, das ist doch leicht begreiflich«, säd Axel, »sie wollten ihr Glück machen.« – »Oh«,[323] säd Frida irnst un trurig, »dann sind wir über den Begriff von Glück weit, weit auseinander. Mit solchen Mitteln schafft man kein Glück.« – »Ich spreche ja nicht von meiner Ansicht von Glück«, säd Axel, von den Vörwurf bedrapen, »ich meine nur, diese Art Leute hält das einmal für ein Glück.« – »Täusche dich nicht darin, Axel, um Gottes willen täusche dich nicht darin! Eine höhere Stellung im Leben mag der Einsicht einen freieren Blick in menschliche Verhältnisse gestatten; in der bescheidneren Lebensstellung waltet dagegen die Liebe, die auch über die Verhältnisse dieser Welt hinaus blickt und – die wir so oft entbehren müssen«, set'te sei langsam hentau un drögte sick 'ne Tran ut de Ogen, denn sei dachte an ehre jungen Johren, wo sei ahn Mutter, blot up einen Vader anwis't was, de kümmerlich sinen Stand uprecht erhollen kunn un sinen Trost för Mäuh un Not in de junkerhaften Vergnäugen funn.

So gungen sei nah Hus hentau, un Axel was in sine Gaudmäudigkeit fründlich tau ehr, un sei namm de Fründlichkeit so up, as sei baden was, un beide wiren wedder in Eintracht – von butwennig wenigstens –, denn äwer den Strid sülwst behöll jeder sine eigene Meinung.

Bräsig was up Hawermannen tau gahn, de bi dat Setten von de Strohmit stunn; hei was falsch, hellschen falsch; so wat was em blot von Pomuchelskoppen passiert, un sin Arger kunn blot von en annern Arger löscht warden, un hei sehnte sick ordentlich nah so en lütten Hawjungs-Arger. – »Gun Dag, Korl«, säd hei un pust'te an Hawermannen vörbi, höll den Kopp in den Nacken, treckte de Ogenbranen tau Höcht, kek ümmer de Mit an un gung in starken Schritten, ahn sick uptauhollen, um de Mit rümmer. – »Willst dich hier woll einen Pannkauken backen?« frog hei sinen Fründ, as hei rüm gahn was, un stellte sick patzig vör em hen. – »Ach, red' mi dor nich von!« rep Hawermann verdreitlich, »ick heww mi all naug doräwer argert. Ick segg gistern tau Triddelfitzen, hei sall mi de Mit mit twintig Schritt Dörchmeter anleggen, un hei leggt sei mi mit twintig Schritt Halwmeter an, un as[324] ick nu hüt rute kamm, steiht dat Undirt dor. Utenanner kunn 'ck sei doch nich wedder riten laten, dortau heww ick tau vel tau dauhn. – Na, lat sei taum Kuckuck stahn! – 't is blot Stroh, un wenn dat ok dörchregent; äwer argerlich is mi dat doch, dat up minen Fell'n so'n Klackeierkauken steiht.« – »Ja, Korl, un dein Nahwer Pomuchelskopp wird wohl seine Galossen darüber machen.« – »Lat em! – Äwer wat dat mit minen Triddelfitz heit, weit ick nich. Sörre de Tid, dat em de jung' Herr dat Pird verspraken hett, is hei tau Gott in der Welt nich tau bruken.« – »Na, du strakst ihn doch woll mal ab un an eins über?« – »Ach, wat helpt dat? Hei denkt an nicks anners as an de Mähren. Mi fröggt hei dor nich mihr nah, denn uns' jung' Herr hett em den Rat gewen, hei sall sick 'ne engelsche Mutterstaut anschaffen, un denn will hei em ümmer de Fahlen afköpen. Un hüt morgen heww 'ck en henschickt – 't is nich mihr uttauhollen –, hei sall endlich en En'n maken un sall sick de oll Staut halen!« – »Von Gust Prebberown die Voßstute, die Whalebonestute?« – »Ja, de sall't jo doch nu einmal sin!« – »Prächtig!« rep Bräsig, »wunderschön! Und auf dieser Stute will er rumexieren, wenn der Großherzog in Rahnstädt eintriumphiert? Korl, an desen Windhund hast du einen großen Schatz.« – »Ja, dat weit Gott«, säd Hawermann un kek sin Mit an. – »Ich sage nicht als Ökonomiker, Korl, ich sage bloß als plesierlicher Mensch, und wenn er sich mit deinem jungen Herrn zusammentut ...« – »Bräsig, von minen Herrn red' mi hir nich in Gegenwart von de Lüd'.« – »Dorin geb' ich dir Beifall, Korl, das paßt sich nicht; aber komm mal mit!« – Un as sei en En'nlang nah den Landweg hentau gahn wiren, stunn hei still un säd langsam un nahdrücklich: »Korl, dieser junge Mensch estimiert sich das for schanierlich, mit mich auf der Landstraße zu gehen. Was sagst nu? Er hat mich 'ne Thimothee in Gegenwart von seiner lieblichen Frau gegeben«; un nu vertellte hei de Sak, wobi Hawermann em den Zorn utreden wull. – Dat gelung em äwer nich ganz, denn Bräsig was tau argerlich. »Korl«, säd hei, »er hat in seiner Dämlichkeit diesen Pfeiler abgeschossen, aber zugespitzt hat[325] ihn Zamel Pomuchelskopp, denn bei den is er auf Vesite gewesen. Und du magst sagen, was du willst, Korl – dein junger Herr is man dämlich, und wenn du mal ausgereis't bist, denn mach ich mir den Plesier un komm hier mal rüber un stell mir oben auf den Barg, daß ich das Feld übersehen kann, und sehe zu, was dein Herr und dein Windhund zusammen for Anstalten betreiben.« – »Na«, rep Hawermann, »denn kannst du dor all weck tau seihn krigen! Kik dor mal eins räwer!« un wis'te den Landweg runner, an den sei taufällig achter'n Durnbusch stunnen. – Bräsig kek stiw un starr un kunn vör Verwunderung kein Wurd rute bringen; tauletzt säd hei: »Korl, dein Windhund hat übersnappt. Aptekers sollen männigmal übersnappen, und wenn sich das man nich auf die Kinder vererbt.« – Äwer't let würklich so, as hadd Bräsig recht: Fritz kamm up de berühmte Voßstaut antauriden, ümmer in'n sachten Schritt. Hei hadd den Haut von den Kopp reten un swenkte em vör Gewalt in de Luft un rep all wat hei kunn: »Hurrah! Hurrah!« un dat all up sine eigene Hand, denn de beiden achter den Durnbusch sach hei ogenschinlich nich, bet sei em mit en Mal entgegentreden un Hawermann em frog: wat hei denn nu rein verwurrn in den Kopp worden wir. – »Das sind lauter Lügen«, säd Fritz. – »Wat sünd Lägen?« frog Hawermann argerlich. – »Daß die Stute kein Hurrahrufen hören kann«, un dorbi fung hei wedder an »Hurrah!« tau schrigen. – »Sehn Sie«, un sprung runner von't Pird un bünn't an 'ne Wid un stellt' sick en En'nlang af un rep wedder: »Hurrah! – Sehn Sie, sie muckst sich gar nich. – Und Sie«, säd hei tau Bräsigen, de sick halw dod lachen wull, »Sie haben mir das gesagt; aber es ist alles nicht wahr.« – »Ja«, säd Bräsig un lachte mit Arm un Bein, »und es ist doch wahr. Was ich gesagt habe, habe ich gesagt: sie kann's nich hören, denn die oll Tanten ist sörre die fünf Jahren, daß ich sie gekannt habe, stockdow.« – Dor stunn Fritz Triddelfitz, de olle klauke, de olle pfiffige Fritz Triddelfitz, un hadd dat schapsdämlichste Gesicht von de Welt upset't. »Aber«, säd hei tauletzt, »Gust. Prebberow ist doch so[326] ein guter Freund von mir, und dies hat er mir ja gar nicht gesagt.« – »Ja«, säd Bräsig, »da müssen Sie sich nu schon an gewöhnen, in den Pferdehandel gilt kein Fründschaft.« – »Na, laten S' man sin, Triddelfitz«, säd Hawermann, den dat jammern ded, gaudmäudig, »mit en Dowen, dat geiht noch; häuden S' sick man för en Dummen.« – »Oh«, säd Fritz, nu all wedder baben up, »weiß Bescheid! – Sehn Sie aber einmal, was für eine Leiste von Pferd! – Vollblut – tragend vom Hektor – und die Füllen kauft mir Herr von Rambow alle ab, und wenn ich denn so ein drei oder vier Füllen verkauft habe ...« – »Denn kaufen Sie sich en Rittergut«, föll em Bräsig in de Red'. »Na, das kennen wir schon. – Nu reiten Sie man ruhig nach Hause und schmeißen Sie unterwegs nicht den Milchpott entzwei as jen'n Mäten – Korl, weißt woll noch? Von Gellerten.«

Un Fritz red af. – »Entfamter Windhund!« säd Bräsig. – »Je, ick weit nich«, säd Hawermann, »ick mag den ollen Bengel doch ümmer wedder girn liden, hei hett en gor tau taufredenes Gemäud.« – »Das macht die Jugend, Korl.« – »Ja, 't möt woll«, säd Hawermann nahdenklich, »dor ritt hei nu hen, ganz glücklich äwer 'ne olle dowe Fahlenstaut.«

Quelle:
Fritz Reuter: Gesammelte Werke und Briefe, Band 5, Rostock 1967, S. 306-327.
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