Kapittel 27

[401] Sei müßt sick freuen; un drei Minschen trösten sick bet dorhen, wenn de Sommermetten teihn. Nah de Frugenslüd' ehre Fitzelbän'n un Schörtenbän'n kann der Deuwel en Hus bugen. – Rut – rut! – Worüm sünd de Lüd' gebild't, de en Fahlen upfäuden känen, un de ungebild't, de en Minschen upfäuden känen? – Fritz Triddelfitz fangt ok an, Erfindungen tau maken, un woans Hawermann em dat dankt. – Paddocks.


Dat Johr 1845 was in't Land rückt, un de Welt was ehren ollen scheiwen Gang wider gahn un hadd sick dreiht. Dag un Nacht un Freud un Leid hadden mit enanner wesselt, grad so, as't sörre de Tid ümmer west was, sörre de uns' Herrgott Dag un Nacht fastset't un den Minschen inset't in den Paradisgoren un em wedder dorute drewen hadd. Wovel Dag' un Nacht', un wovel Freud un Leid! De Dag schint äwer jeden, un de Nacht kümmt äwer jeden; dor is kein Unnerscheid.[401] Äwer is't mit Freud im Leid ebenso? Sünd de ebenso gerecht utdeilt? – Ick mein doch! Den Herrn sine Hand reckt sick äwer jeden, un ut sine Hand föllt Glück un Unglück, Trost un Bangen in'n Gliken äwer de Welt, un jeder hett sin Deil doran; äwer de Minschen sünd nich dornah, sei willen dat Unglück in Glück verkihren, un dat Glück seihn sei för Unglück an, den Trostbeker schuwen sei von sick, as wir ehr Gall inschenkt, un dat Bangen lachen sei sick weg.

De Minschen, von de ick in dit Bauk schrewen heww, wiren ok nich beter, as sei all sünd, sei makten't grad so as all de äwrigen; äwer twei Ding' hett uns' Herrgott ein för alle Mal as Glück un Unglück in de Welt streu't, ut dat ein lett sick kein Gall sugen, un dat anner lett sick nich weglachen, dat is Geburt un Graww, Anfang un En'n. Un ok in mine lütte Welt was Anfang un En'n, Geburt un Graww; in Pümpelhagen satt de schöne, junge Fru un weigte en lütt Kindting, en lütt Döchting, up ehren Schot un hadd de Dör tau ehren Harten wid upreten, dat de hellige Dag von unsern Herrgott herinne schinen kunn. Sei kunn nich anners. De Schatten von de Nacht, de üm ehr rümmer trecken deden, kunn sei nich in't Og' faten, sei müßt sick freuen! Sei müßt sick freuen! – Un vör den Pasterhus' tau Gürlitz, dor lagg dat Graww; un twei swarte Wesen gungen still hen un kemen still wedder, un as dat Frühjohr kamm, dunn plant'ten sei Blaumen dorup; un as de Lind' vör den Hus' ehr Low hadd un as de Fleder bläuhte, dunn seten sei tausam up de Bänk un warmten sick an enanner as dunntaumalen, as Fru Pastern de lütte Lowis' in ehren Ümslageldauk mit inknöpt hadd. Nu was't äwer ümgekihrt, nu slog Lowise ehren Dauk üm de lütte Fru Pastern. Un so seten dese twei Minschen tausam un segen räwer nah den Kirchhof, un wenn Hawermann dortau kamm, denn wiren't ehre drei, un leten gedüllig de Nacht äwer sick kamen, äwer den Trostbeker schowen sei nich taurügg, un wenn sei utenanner gungen, hadd ehr de Abendstirn lücht't.

De irste, heftige Gram hadd Afschid von den Pasterhus' namen, äwer sine Spuren wiren noch dorin tau seihn, schöne[402] Spuren, as sei de Dodesengel up Minschengesichter drückt. Lowise hadd hei bi den Afschid up de klore, hoge Stirn küßt, un de Kuß blew dorup liggen un lücht'te dorvon herünner as en irnsten Gedanken; de lütte runne Fru Pastern hadd hei bi den Afschid rundting ümfat't un hadd ehr binah all dat quicke eigene Lewen namen un ehr dorför dat lewige Andenken an ehren Paster in de Seel gaten. Dorin lewte sei blot noch, un allens müßte so bliwen, as dat tau sine Tid west was; in sine Studierstuw' stunn de Lehnstauhl vör den Schriwdisch, de letzte Predigt, de hei makt hadd, lagg dorup, un de Fedder dorbi, un de Bibel ut sine Kinnerjohren lagg upslagen bi den Krünkel, den sei in sine Dodesstun'n dorinne makt hadd. Alle Morgen gung sei tauirst mit ehren Wischdauk in de Stuw un wischte un ded un bröchte de Stuw' in Ordnung un stunn denn lang' in Gedanken un kek nah de Dör, as müßte hei 'rinne treden in sinen Slaprock un ehr en Kuß geben un seggen: »Ich danke dir, liebe Regina.« Un des Middags deckte Lowise för drei, un ehren Paster sin Stauhl stunn an sine Städ', un ehr was't denn, as wir hei gegenwärtig un red'te mit ehr in sine munterste Ort, un wat de irste Gram von eigenen quicken Lewen in ehr laten hadd, dat kamm denn taum Vörschin, denn den Trostbeker schow sei nich taurügg. – Äwer wo lang' kunn dat noch wohren? De Parr müßt wedder beset't warden, un denn müßt sei ut den Hus', ja sei müßt ut dat Dörp, müßt von dat Graww scheiden, denn en Witwenhus was nich dor, un Pomuchelskopp wull kein bugen laten, denn hei hadd't jo nich nödig. – Taum letzten Mal sach sei de Awtböm bläuhen, de ehr Paster plant't hadd, taum letzten Mal satt sei unner den bläuh'nden Fleder, wo sei so glücklich mit em seten hadd, taum letzten Mal kamm dat Frühjohr un wünn sinen Kranz üm ehr glücklich Dack, taum letzten Mal streu'te de Sommer sinen goldnen Segen doräwer. »Luise, wenn im Herbste die Sommermetten ziehen, dann ziehen wir auch«, säd sei trurig, un ehr was tau Maud', as süll noch ein Mal en Starwen äwer sei kamen.

Hawermann was ehr tru'ste Fründ, un sei gaww sick ganz[403] in sine Hand, wat hei ded, dat müßt gaud sin. Hei sünn un sünn, äwer wat hei ok sinnen ded, dat Scheiden kunn hei ehr nich sporen; äwer lichter wull hei't ehr maken. Kopmann Kurz hadd en gerümiges Nebenhus mit en Goren dorachter, dat let sick in richten, dat let sich so inrichten, as dat Pasterhus was. Un Lowise müßte heimlich in den Pasterhus' herümmer meten, wo grot de Stuw' un wo lang de Wand, un führte mit ehren Vader 'rinne nah Rahnstädt, un de Timmermeister Schulz müßt kamen un süll en Plan teiken nah Lowise ehre Vermetung, wull äwer nich. »Denn« – säd hei – »das könnte ich nicht: nach Frauensleute ihre Ansläge von Fitzelbän'n un Schürzenbän'n könnte ich keinen Plan zeichnen, aber das täte ja auch nicht nötig; Planzeichnen ist Planzeichnen, ich bin nicht für das Planzeichnen, ich hätte meine Plans in den Kopf.« – Un Kurz säd, wenn't anners makt würd, denn würd dat vel beter; äwer Hawermann blew dorbi, so süll't sin, un wenn't nicht so makt warden süll, denn blew de Sak nah, un Timmermeister Schulz säd: »Das hätte ja auch gar keine Gefährlichkeit, un wenn es nu einmal so eingericht't werden soll, denn käme ich heraus un mieße mir die Verhältnisse selbst aus.« – Dat würd denn nu annamen, un de »Zimmerling« Schulz – as hei sick sülwst up Hochdütsch näumen ded – met vor Dau un Dag', as de Fru Pasturin noch slep, dat Hus ut un red'te dorbi vel mit sick sülwst: »Säben – säben – fiwuntwintig – fiwuntwintig – Kurz – Hawermann – Kurz – Hawermann – unklauk – unklauk! – hir möt en verzahnten Dräger – tau grote Spannung – en Bolten dörchtreckt – so, so – allens in Richtigkeit – so, nu rut! rut!«, un dormit gung hei rute nah sinen fulen, brunen Ponyx un führte sachten nah Hus mit den schönsten Buplan in den Kopp, den sick äwerall en Minsch maken kann. – Dat Bugen gung nu los, un Hawermann, de flitig revidierte, was dormit ok in'n ganzen sihr taufreden, blot mit den verzahnten Dräger was hei nich inverstahn, gaww sick äwer dorin, as hei marken ded, dat sick de »Zimmerling« Schulz dägern in den »Verzahnten« verbeten hadd, un as hei tau weiten kreg, dat sin Bumeister noch seindag'[404] kein Gebüd' upführt hadd, wo hei nich en »Verzahnten« anbröcht hadd. – Kurz gaww sick ok dorin, un so was de Äwergang wenigstens so licht makt, as hei sick äwerall maken let.

In Pümpelhagen – heww ick all seggt – was grote Freud: de kloren Ogen von Frida legen up ehr lütt Döchting, un äwer dese kloren Ogen hadd de Mutterleiw' so'n lichten, säuten Sleuer wewt, as müßt sei nah buten hen för de Mutter de Taukunft von dat lütte Wesen verhüllen, dat sei nah binnen so recht ungestürt wirken un schaffen künn. Un wat süs gor nich in ehre Ort lagg: ein glücklich Drom jagte den annern; un denn mal wedder slog de helle Dag ut ehren Harten Axeln entgegen, wenn sei em in selige Lust dat Kindting entgegen höll. – Axeln sin Hart was ok vull Freud', hei kamm un kamm ümmer wedder, sick nah Mutter un Kind ümtauseihn; äwer't hadd doch en lütten Haken bi em: hei hadd sick en Sähn wünscht, en Stammholler von sin oll Geslecht. – 't is doch scheußlich in de Welt, dat so'n lütt unschüllig Gör von den irsten Ogenblick an, wo em de Dag schint, mit anner Lud' ehren ungerechten Wunsch un mit ehr Vörurdeil tau striden un dorför tau liden hett. – Wenn einer Axeln dit seggt hadd, denn wir hei bös, sihr bös worden, denn hei hadd sick würklich freu't trotz den lütten Haken, hei hadd sick ok glik henset't un hadd dat »erfreuliche Ereignis« an alle sine Bekannten, sülwst Pird-Bekanntschaften un Pomuchelskoppen, mellt; blot drei Lud' hadd hei absichtlich vergeten: sinen Vetter Franz – »den dummen Jungen« –, de Fru Pasturin in Gürlitz – »die Gelegenheitsmacherin« – un de Fru Nüßlern – »die alte ungebildete Person«. – Un as hei nu up dat Bedd von de Wöchnerin de Anzeig'-Breiw' leggt hadd un sei sick wunnern ded, dat dese drei Lüd' dorbi vergeten wiren, säd hei kolt, hei gew sick mit so 'ne Lüd' nich af, wenn sei't dauhn wull, müßt sei't up ehren eignen Schalm dauhn.

Un sei ded't; un nah einigen Dagen kamm Lowise, üm in den Namen von de Fru Pastern tau gratulieren, un Axel[405] kamm in de Stuw' herinne, un as hei de Inspektor-Dochter sach, säd hei: »Ah, Mamsel Hawermann! Bitte um Entschuldigung«, un gung rasch ut de Dör. – Un wedder nah en por Dagen kamm Fru Nüßlern mit Krischanen un dat Phantom up den Hoff tau führen, un Axel gung feldin, as hei sei sach; un as hei wedder kamm un von Daniellen hürte, dat Fru Nüßlern noch bi de gnedige Fru was, rep hei heftig: »Ich begreife meine Frau nicht, wie sie an solchem ungebildeten Umgang Vergnügen finden kann!« – Dat was recht snurrig von em, dat hei dit säd, denn hei hadd vör etzlihe Wochen noch in 'ne Gesellschaft von Pirdtüchters sinen Fründ, Herr von Brülow up Brülowshof, för en sihr gebild'ten Mann von Kenntnissen erklärt, un as en jungen Doktor, de taufällig taugegen was, hadd fallen laten: mit de Bildung un de Kenntnis wir't woll grad nich wid her, was Axel upstahn un hadd äwer de Schuller räwer tau den vörluden, jungen Mann seggt: wenn einer in jichtens eine Richtung so'n Erfolg hadd, as de Herr von Brülow in de höhere Pirdtucht un namentlich in de Behandlung von Fahlen, so müßte em de grasgräune Afgunst sülwst den Namen von en gebild'ten un kenntnisriken Mann laten, un wenn hei ok süs gor nicks wider verstünn, denn de Sak wir denn doch tau wichtig för de Welt. Un nu was in sine Ogen de gaude Fru ungebild't, de mit wollmeinende, verstännige Ratsläg' sine Fru an de Hand gung, dat sei dornah en junges Minschenleben hegen un plegen süll, sin eigen lütt Kindting. – Ok Pomuchelskopp was kamen in den blagen Liwrock mit de gollenen Knöp un in de Kutsch mit dat Wapen un de vir Brunen un hadd sine Gratulatschon anbröcht. – Dat was wat anners, dat was doch en gebildten Uptog! – Un hei was sihr fründlich von Axeln upnamen un hadd mit em Vesperbrod eten müßt, en nahher hadd em Axel sine Vullblaudstauten mit de Fahlen wis't, un Pomuchelskopp hadd sick sihr doräwer freu't un hadd em de Hand so recht indringlich up den Arm leggt un em so uprichtig in de Ogen seihn un hadd seggt: »Alles sehr schön, Herr von Rambow, der Anfang ist sehr schön, aber wenn Sie wirklich etwas Tüchtiges in der[406] Vollblutzucht leisten wollen, denn müssen Sie Paddocks einrichten. Das junge Tier will naturgemäß in der freien Luft erzogen sein. Freiheit, Freiheit, Herr von Rambow! Das ist die erste Bedingung, wenn überall etwas Tüchtiges geleistet werden soll. – Und, sehen Sie, Sie haben hier die schönste Gelegenheit; wenn Sie hier hinter dem Park für Ihre vier Vollblutstuten vier Paddocks abnehmen lassen und lassen bis an den Berg hinauf den Acker mit Gras- und Kleesamen besäen statt mit Sommerkorn – unten fließt der Bach, und Sie haben die schönste Tränke –, denn kann was draus werden. – Natürlich«, set'te hei hentau, as Axel en beten nahdenklich worden was, »Ihr Inspektor wird nicht dran wollen.« – »Mein Inspektor hat nichts zu sagen, wenn ich etwas befehle«, fohrte Axel up. – »Das weiß ich«, begäuschte em Pomuchelskopp, »er versteht auch nichts davon.« – »Aber der Schlag wird mir zu klein, wenn ich diese Ecke des besten Bodens davon abnehme«, säd Axel. – »Ja«, säd Pomuchelskopp un treckte mit de Schuller, »Sie müssen doch eine Änderung mit den Schlägen treffen, denn zu diesem haben Sie ja bisher den Predigeracker geschlagen, und der fällt ja so wie so aus der Pacht; und dann kann's auf ein bißchen mehr oder weniger nicht ankommen.« – »Das ist wahr«, säd Axel tägerig, denn wat hei mal in 'ne Not verspraken hadd, dat rückte em nu verdreitlich tau Liw', un't verstimmt en Minschen ümmer, wenn hei wat missen sall, woran hei vördem Vurtel un Freud' hatt hett. – Äwer Pomuchelskopp was so fründlich, so wollmeinend un uprichtig; hei gaww em so vele gaude Ratsläg', un – dit säd hei so bilöpig: wenn't an den Besten fehlen ded, hei wir ümmer tau Hand –, dat Axel em bi de Afreis' de Hand schütteln ded un sick in Gedanken in sine Stuw' setten ded, den ganzen Kopp vull Paddocks.

Hawermann gung äwer den Hoff: Axel ret dat Finster up un rep em: »Herr Hawermann«, säd hei, as de oll Mann vör dat Finster stunn, »wie weit sind Sie mit dem Gerste-Säen hinter dem Park?« – »Ich denke, übermorgen werden wir mit dem Schlage fertig; morgen fangen wir hier hinten beim[407] Bach an.« – »Gut! Es soll jedoch bis an den Berg heran – das Nähere will ich Ihnen noch zeigen – Timothee, Raigras und weißer Klee unter die Gerste gesäet werden. Schicken Sie morgen Triddelfitzen nach Rahnstädt zu Daviden, daß er das Saatquantum dort abholt.« – »Aber nach der Gerste folgt ja kein Weideschlag.« – »Sie hören ja, ich will, daß dies Ackerstück zu Weide angesäet werden soll. Ich will da Paddocks für die Mutterstuten einrichten lassen.« – »Paddocks? Paddocks?« frog de oll Mann, as künn hei so en Stück sinen Herrn gor nich tautruen. – »Ja, Paddocks«, säd Axel un wull dat Finster taumaken. – »Herr von Rambow«, säd Hawermann un läd sine Hand up dat Finsterbrett, »dies ist der schönste Boden im ganzen Schlage, nehmen Sie den davon ab, so wird der Schlag zu klein. Deswegen gerade hat der selige Herr Kammerrat ja den Pastoracker dazu gepachtet.« – Hei säd dat Sülwige, wat Axel sülwst seggt hadd, un de jung' Herr wüßte recht gaud, dat de Inspekter recht hadd; äwer't is doch för en Herrn sihr empfindlich, sine Unnergewenen recht tau gewen. – »Ich pachte den Pastoracker nicht wieder«, säd de jung' Herr. – Den ollen Mann sackten de Hän'n an den Liw' dal: »Den Pastoracker nicht wieder?« säd hei, »Herr, der Acker hat uns so viel eingetragen ... ich habe besonders Buch darüber geführt ...« – »Ist mir ganz gleich! Sie hören ja, ich pachte ihn nicht wieder.« – »Herr von Rambow, das ist unmöglich ...« – »Sie hören's doch! Ich pachte ihn nicht wieder!« – »Herr, ich bitte Sie, bedenken Sie ...« – »Ei was!« rep Axel un smet dat Finster tau. – »Ein alter langweiliger Kerl!« rep hei, »ein alter Wichtigtuer!« un gung nah sinen Stauhl un smet sick dorinne un dacht an de Paddocks; äwer de schönen Biller, de hei sick dorvon vördem vörmalt hadd, wullen nich kamen, hei müßt sick irst den Gedanken wegleigen, dat hei wedder unrecht hatt hadd.

Un de oll Mann! – Wo bitter kränkt gung hei nah den Sommerslag tau! – Wo stred de olle Anhänglichkeit an den seligen Kammerrat un de Dankborkeit gegen den Schimp, den[408] hei so oft von sinen ollen Herrn sinen einzigsten Sähn liden müßt! – Un wat hülp dese Strid? – Wat hülp hei em? – Wat nützte bei den jungen Herrn? – Nicks! – Schritt för Schritt gung de Mann an sinen Afgrund neger, un sine Hand, de em redden kunn un so girn ok wull, würd wegstött, un sin Hart, wat bet baben vull Leiw' un Fründlichkeit för den jungen Herrn un sin ganzes Hus was, würd behandelt, as slög dat ful un trag in de Bost von en untruen Knecht, de blot an sinen Lohn denkt. – »Triddelfitz«, säd hei, as hei nah den Saatslag rute kamm, »dese Eck hir langs de Bäk bet an den Barg ruppe will de Herr mit Gras beseien laten; hei ward woll sülwst rute kamen un ward Sei dat genauer wisen; laten S' hir den Gasten en beten dünner seien.« – »Was will er denn damit aufstellen?« frog Fritz. – »Dat ward hei Sei woll sülwst seggen, wenn hei't för gaud insüht. – Dor kümmt hei ut den Goren«, säd de oll Mann un gung sinen Herrn ut den Weg'.

»Triddelfitz«, säd Herr von Rambow, as hei ran kamm, »dies Ackerstück bis an den Berg hinan wird mit Gras besäet, Sie sollen morgen den Samen von Daviden holen; ich will hier Paddocks anlegen.« – »Famos!« rep Fritz, »ich habe schon immer daran gedacht, ob wir hier nicht einmal Paddocks oder so was Ähnliches kriegten.« – »Ja, es ist notwendig!« – »Ja, woll, es ist notwendig!« rep Fritz ut vulle Äwertügung. Denn dat brukt keiner tau glöwen, dat hei en Glattsnacker was; hei meinte dat würklich so, as hei säd, un wenn hei wüßt hadd, wat för Utgawen un wat för en Elend an dese Paddocks bammeln deden, denn hadd hei gewiß nich so taustimmt; äwer – as ick all vördem seggt heww – in allerlei so'ne Hansbunkenstreich stimmte hei mit sinen Herrn von ganze Seel tausamen. – »Haben Sie eine Meßrute hier?« frog Axel. – »Eine Meßrute? Nein«, säd Fritz un lachte so'n beten verächtlich un dorbi doch so bescheiden un verschämt, »ich habe mir selbst ein Meßinstrument erfunden. – Erlauben Sie, ich will's Ihnen einmal zeigen«, un dormit lep hei nah den negsten Grawen un halte en groten Tunnenbägel[409] herute, de mit Bän'n verstrickt was; in de Mitt von dese Bän'n stek hei sinen Handstock as in de Naw von en Rad un let dat Geschirr ümlopen: »Der Umfang des Bügels ist grade eine Rute«, säd hei, »und hier dieser Hammer schlägt immer an das Brett, wenn eine Rute umgelaufen ist.«– »Sieh! Sieh mal!« rep Axel, bi den sine olle Lust tau Erfindungen lewig würd, »und das haben Sie so ganz aus sich selbst erfunden?« – »Ganz aus mir selbst«, säd Fritz; hei hadd äwer beter seggen künnt: sine Fulheit hadd dat erfunnen, denn hei müggt sick mit sin langen Liw nich girn bücken. – »Na, denn messen Sie mir das Land mal aus«, säd Axel un gung nah Hus un säd tau sick: Triddelfitz wir doch en düchtigen Wirtschafter un en upgeweckten Kopp; mit den let sick ihre wirtschaften as mit Hawermannen.

Nah einige Tid kamm de oll Entspekter wedder nah Fritzen sihr verdreitlich taurügg: »Triddelfitz«, rep hei, »wat sünd dat för Saken? Sei laten mi jo den Gasten vel tau dick seien.« – »Bewahre!« säd Fritz, »ich habe die Maschine grade so gestellt, wie Sie's befohlen haben, ich habe das Land selbst abgemessen.« – »Dat is nich mäglich!« rep Hawermann, »denn müßten mi min Ogen dreigen. Wo hewwen S' de Metraud'?« – »Eine Meßrute habe ich nicht«, säd Fritz, »brauch' ich auch nicht«, set'te hei trotzig hentau, denn de grote Anerkennung von den gnedigen Herrn was em tau Kopp stegen, »ich messe alles mit meinem Instrument.« Dormit wis'te hei up sine Erfindung, de in alle Unschuld tau sinen Fäuten lagg. – »Wat?« rep Hawermann, »wat is dit?« – »'ne Erfindung von mir«, säd Fritz un sach dorbi so stolz ut, as hadd hei de irste Dampmaschin upricht't. – »Ah, so rüm!« rep Hawermann, »nu nemen S' mal dat Bettel un meten S' mi mal teihn Raud' hir langs« – Fritz namm nu de Erfindung tau Hand un let dat Ding lopen, Hawermann gung nebenher un tellte: »Wo vel hewwen Sei?« – »Teihn Raud«, säd Fritz. – »Un ick heww nägen un twei Faut«, säd de Oll. – »Das ist nicht möglich«, säd Fritz, »dann haben Sie sich verzählt, mein Instrument geht richtig.« – »Fiw Schritt von min is 'ne mekkelnbörgsche[410] Raud'«, säd de Oll heftig, »äwer wil Sei dämlich sünd, verdarwen Sei mi den ganzen Slag Gasten. Wo känen Sei mit so en Bettel in de ruge Fohr meten, wat allenfalls up ganz eben Lan'n stimmen kann! Äwer de Fulheit – de Fulheit! – Glik gahn S' hen un halen S' sick 'ne ordentliche Metraud' rute!«, un dormit kreg hei sick en Metz ut de Tasch un sned Fritzen sine Erfindung in luter lütte Stücken; un gung dunn wedder nah de Maschin un stellt sei anners.

Fritz stunn nu dor un kek em nah un kek denn mal wedder de Erfindung an, de nu in korten Stücken üm em lagg, – 't is würklich en swor Stück för en Minschen, de mal wat in de Welt bedüden will, wenn hei mit den irsten Anlop, den hei nimmt, ok glik so eklig up dat Achterdeil set't ward. – Hei hadd 't nu so gaud meint – natürlich tauirst mit sick sülwst, äwer denn doch ok mit all sine Kollegen, mit all de Schriwers in Land Meckelnborg, dat dat entfamte Bücken ut de Mod' kem, un nu lagg sine brave Absicht kortsneden tau sine Fäuten. – »De Metraud' möt ick halen«, säd hei, »dat helpt nu einmal nich; äwer dusendmal leiwer will ick mit den gnedigen Herrn wirtschaften as mit den ollen Hawermann.« Un as hei nah Hus gung, de Raud' tau halen, kamm 'ne grote Bitterkeit gegen Hawermannen äwer em, un hei verget allens, wat hei em mal in 'ne schöne Stun'n anlawt hadd, de schönste Stuw' up sinen Riddergaud, de beiden Wagenpird' un dat Ridpird. Un as hei en Ogenblick bi Marie Möllers vörspraken was, de nu wedder in sin unbegewenes Hart rinne treckt was, un von de hei hürt hadd, dat Hawermann mit den jungen Herrn von't Finster ut scharp tausamen kamen wir, was hei doch all wedder in de Hauptsak tröst't un gung von ehr furt, äwer den Puckel de Metraud' un in de Hand en lütten Kätel Wust un säd tau sick: »Ne, 't geiht nich mihr mit den Ollen; hei ward tau olt; för nige Ideen hett de Mann keinen Sinn.«

Quelle:
Fritz Reuter: Gesammelte Werke und Briefe, Band 5, Rostock 1967, S. 401-411.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Olle Kamellen
Olle Kamellen III; UT Mine Stromtid Erster Theil
Olle Kamellen. De meckelnbörgschen Montecchi un Capuletti oder De Reeis' nah Konstantinopel.: Hoch- und Niederdeitsche Ausgabe. Auf einem Blick
Olle Kamellen: III -V. Ut Mine Stromtid (German Edition)
Sämmtliche Werke: Bd. Schurr-Murr. Eine Heirathsgeschichte. Olle Kamellen Iii: Ut Mine Stromtid, 1. Theil (German Edition)
Sämmtliche Werke: Bd. Hanne Nüte. Olle Kamellen Ii: Ut Mine Festungstid. Gedichte (German Edition)

Buchempfehlung

Brachvogel, Albert Emil

Narziß. Ein Trauerspiel in fünf Aufzügen

Narziß. Ein Trauerspiel in fünf Aufzügen

Albert Brachvogel zeichnet in seinem Trauerspiel den Weg des schönen Sohnes des Flussgottes nach, der von beiden Geschlechtern umworben und begehrt wird, doch in seiner Selbstliebe allein seinem Spiegelbild verfällt.

68 Seiten, 8.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Hochromantik

Große Erzählungen der Hochromantik

Zwischen 1804 und 1815 ist Heidelberg das intellektuelle Zentrum einer Bewegung, die sich von dort aus in der Welt verbreitet. Individuelles Erleben von Idylle und Harmonie, die Innerlichkeit der Seele sind die zentralen Themen der Hochromantik als Gegenbewegung zur von der Antike inspirierten Klassik und der vernunftgetriebenen Aufklärung. Acht der ganz großen Erzählungen der Hochromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe zusammengestellt.

390 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon