Die Entführung

[632] Oft war sie als Kind ihren Dienerinnen

entwichen, um die Nacht und den Wind

(weil sie drinnen so anders sind)

draußen zu sehn an ihrem Beginnen;
[632]

doch keine Sturmnacht hatte gewiß

den riesigen Park so in Stücke gerissen,

wie ihn jetzt ihr Gewissen zerriß,


da er sie nahm von der seidenen Leiter

und sie weitertrug, weiter, weiter...:


bis der Wagen alles war.


Und sie roch ihn, den schwarzen Wagen,

um den verhalten das Jagen stand

und die Gefahr.

Und sie fand ihn mit Kaltem ausgeschlagen;

und das Schwarze und Kalte war auch in ihr.

Sie kroch in ihren Mantelkragen

und befühlte ihr Haar, als bliebe es hier,

und hörte fremd einen Fremden sagen:

Ichbinbeidir.


Quelle:
Rainer Maria Rilke: Sämtliche Werke. Band 1–6, Band 1, Wiesbaden und Frankfurt a.M. 1955–1966, S. 632-633.
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