Was mit dem Beißkopf und in der religion für ordnung gemacht worden.
"Endlich aber zun sachen tat
Fürst Morz und folgt dem weisen rat
Des mantiers, das ich vor genant,
Am Weißenberg sein schüler fand;
Schaft, das durch bitt und ernst da kamen
Des Beißkopfs freund und feind beisamen,
Und ließ ihnen semtlich anzeigen,
Auch zugleich ausfürlich bezeugen,
Das der Elbmarx nicht unrecht sagt,
Wenn er über den Beißkopf klagt.
Man nent unbillig gottes man,
Der gottes wort nicht leiden kan,
Unbillig nenne man alte ler,
Die wider got erfunden wer.
Der quelbrunn selbst ist rein und schon;
Je weiter das wasser fleußt davon,
Je mer es annimt dreck und sand
Von fremden zuflüssen und land.
Also ist gottes wort auch gut,
Wenn man nichts drab oder zutut;[103]
Wenn mans aber nach leng der zeit
Auch meistert und ausdenet weit,
Sein eigen fürwitz henget dran,
Wie denn der Beißkopf hat getan,
So ists nicht alles lauter klar,
Was der gröst hauf achtet für war.
Es ist nicht alles gut und reine,
Das andr odr ich herzlich gut meine.
›Mich dünkt‹, ›ich wen‹, ›ich mein‹, ›ich halt‹
Tut oft der warheit groß gewalt.
Gedeon meint auch got zu eren,
Zu opfern und sein wort zu leren
In dem leibrock, den er gemacht
Vom raub, so war zusamenbracht,
Als er durch götlichen beistand,
Die fremde feind schlug aus dem land.
Wie auch Saul meint, besser zu sein
Der feinde ochsen opfern fein,
Denn sie mit ihrem stall verbrennen;
Got abr wolts nicht für recht erkennen,
Dieweil hierin ein jeder tate,
Was ihm got befolen hatte,
Und sprach: Vergeblich sie mich eren
Mit menschensatzungen und leren. –
Darauf solt man vornemlich sehen,
Was mit der warheit kan bestehen
Und was ein lügen ist und tand,
Das wir vor got nicht bestehn mit schand.
Denn was got ordnet, das ist gut;
Nicht was der aberglaube tut,
Odr was man böslich ist gewont.
Bös gewonheit endlich bös lont.
Wer auch auf gottes wegen gehet,
Der hat ein orden, der bestehet,
Der leßt vom bösen, folgt dem guten,
Solt ihm gleich der kopf drum bluten.
Denn fried on warheit ist ein gift,
Das nichts denn gotteslestrung stift[104]
Und die selen zur hellen fürt,
Das zu gedulden nicht gebürt.
Was man auch got gibt und verert,
Das bleibet billig unverkert;
Was aber gotlos bösewicht
Uns abstelen durch ihr gedicht,
Als wenn es got gegeben wer,
Und brauchens selbst zu ihrer er,
Zur pracht, zur unzucht, saufen, fressen,
Zu der schutz, die ihrn eid vergessen
Und dem könig zu widerstreben
Ires eigen mutwillens leben:
Das man das, sag ich, ihnen laß
Und noch mer zugeb über das,
Ist got so großer wolgefall,
Als wenn man auch den dieben all,
Was sie gestoln, behalten ließ
Und doch mer dazu stelen hieß.
Da sols hin, da es her ist kommen,
Der sols haben, dems ist genommen,
Wie got und die natur gebeut
Und Zacheus exempel deut.
Wie Moses auch das kalb aus gold
Nicht got zu eren sparen wolt,
Ob es gleich got gegeben war,
Sie mustens wieder saufen gar;
Wie Jacob vor auch tat dergleichen,
Vergrub die götzen für der eichen;
Wie Gedeon und ander mer
Was gestift war zu Baals er
Namen, verbranten und zerrissen,
Machten sich davon kein gewissen.
Denn weltlich gut, herschaft und er
Ist nicht der grund der rechten ler,
Sondern ist ihr verretergeld,
Davon sie ins verderben fellt.
Wie man sagt, das religion
Geboren hab ein tochter fron,[105]
Die tochter hab ihr mutter gefressen,
Bei reichtum sei der ler vergessen.
Die fürstentum sind kol und braten,
Die opfer und altar verraten;
Die solt Beißkopf ihrn herren lassen,
Sich keins weltlichn gebiets anmaßen.
Unterdes ist es auch nicht recht,
Das man verachtet gottes knecht,
Oder das sie in armut leben;
Man sol ihn erlich notdurft geben
Für sie, für ihr weib, für ihr kind,
Wie man bei den Leviten findt.
Man sol auch schuln und schüler neren,
Die uns dienen zur not und eren.
Aber königreich und fürstentum,
Wie gesagt, gehörn nicht in den rum,
Sondern zu den weltlichen herren,
Die sollen sie selbst für herren eren,
Für ihr ammen und schutz erkennen
Und sie gnedige herren nennen,
Aber nicht für fußschemel halten,
Wie der Beißkopf getan den alten. –
Darum ob man nicht stopft itzund
Dem Beißkopf seinen fressigen mund,
Ob man ihm seinen schild nicht nimt,
Darunter er so sicher schwimt:
So ist doch not, das man ihm wer,
Das er nicht unsern see auszer.
Er bleib im Südersee und mer
Und far um beid Indien her
Bei denen, die von got nicht wissen,
Sonn und mond um beistand begrüßen,
Laß unsern könig, fürsten und herren
Mit kron, scepter und schwert geweren. –
Und weil obrigkeit helt in hut
Aeußerlich zucht, er, leib und gut,
Die seel aber und ihr anschlege
Vernemen mag in keinem wege,[106]
Ja weil niemand die herzen kan
Mit gwalt zum glauben richten an,
Sie müssen sich freiwillig geben
Zu heiliger ler, glauben und leben:
So wollen wir auch niemand zwingen,
Von des Beißkopfs glauben abdringen,
Er bleib wie er zvor ist gewont,
Nur das er die obrigkeit schont. –
Hinwider woln wir nicht gestehen
Oder lenger mit geduld ansehen,
Das der Beißkopf und seine rot
Ihres gefallens beißen tot
Die es mit ihn nicht halten wollen,
Sondern das beid teil frei sein sollen.
Wer von got ist, der höret sein wort,
Wer nicht, der far zum teufel fort!
Weltlich aber sollen beide teil
Erlich friedlich leben dieweil
Und Beißkopf im Südersee lassen
Was seine vorfaren besaßen,
Bis got erweckt ein heldenman,
Der ihn mechtig bezwingen kan,
Rettn von seiner lügen die welt,
Warheit zuletzt den platz behelt. –
Dies ist nun auch also geschehen
Und bleibt bis auf den tag bestehen
Mit unsers königs guten willen.
Ob man Beißkopf gleich nicht kan stillen,
Got wird ihm seinen lon wol machen,
Dem befelen wir alle sachen.
Das war der abscheid dazumal,
Dem fielen bei die andern all.
On das Beißkopf viel protestieret,
Mit list und gewalt practicieret,
Das er den bescheid macht zu nicht,
Sein tun und lassn er dahin richt,
So helt doch wider seinen trutz
Got der herr seinem heuflein schutz[107]
Und steht bei unser obrigkeit.
Ihm sei lob, dank in ewigkeit!"
[108]
Ausgewählte Ausgaben von
Froschmeuseler
|
Buchempfehlung
Der lyrische Zyklus um den Sohn des Schlafes und seine Verwandlungskünste, die dem Menschen die Träume geben, ist eine Allegorie auf das Schaffen des Dichters.
178 Seiten, 9.80 Euro
Buchempfehlung
Im nach dem Wiener Kongress neugeordneten Europa entsteht seit 1815 große Literatur der Sehnsucht und der Melancholie. Die Schattenseiten der menschlichen Seele, Leidenschaft und die Hinwendung zum Religiösen sind die Themen der Spätromantik. Michael Holzinger hat elf große Erzählungen dieser Zeit zu diesem Leseband zusammengefasst.
430 Seiten, 19.80 Euro