Das III. capitel.

Der frösche könig bittet den meusekönig zu gast.


"Also hab ich dir nun gesagt

Alles, was du mich hast gefragt.

Damit du aber in der tat

Anschauest meine majestat,

Auch wie die historien all

Gemalet sein in meinem sal

Und was sonst hernach ist geschehen,

Gar wunderbarlich anzusehen,

So far mit mir in meinen tron.

Du solt sein als mein lieber son,

Ich will dich begaben und eren

Als wol geziemt eim solchen herren;

Damit du auch habst kein gefar,

Wil ich dich selber füren dar

Und ganz frei sicherlich geleiten,

Auf meinem rücken solt du reiten,

Wie die Europa unverletzt

Vom Jupiter ward übrgesetzt.

Mer ich mich nicht erbieten kan

Gegn einem unbekanten man." –

Bröseldieb antwort: "Ich bin erfreut,

Das ich erlebt hab diese zeit,

Das die glückliche stund ist kommen,

In der eur lieb mich angenommen

In solch ihr herrliche kundschaft,

Ja in ihr großmechtig freundschaft,

Mir ihres reichs wunder erzelt,

Dergleichen vielleicht in der welt

In keinem königreich geschehen,

Daraus viel exempel zu sehen,[108]

Und dank eur lieb, das unbeschwert

Sie mich damit gnedig verert.

Doch ist mir leid, das auf mein fragen

Eur lieb so große mühe getragen

Und der abred so viel gemacht;

Ich hab die sach so nicht bedacht.

Jedoch hat mirs so süß geschmeckt,

Als wenn man den milchram ableckt,

Als wenn man rosinberlein beißt,

Das eim der wein den bart abfleußt,

Als wenn man aus dem wachsheuslein

Aussaugt den neuen honigseim.

Ich wils auch rümen jederman,

So lang ich werd das leben han. –

Das eur lieb abr sich hören lest,

Sie wollen mich in ihre fest

Selbst persönlich durch den see füren,

Will sich keinesweges gebüren.

Denn ich bins wassers ungewont

Und bleib damit gar gern verschont,

Und wenn mich jemand tragen wolt,

Der diener es wol schaffen solt.

Insonderheit ist mir nicht eben,

Das ich mich solt in gefar geben,

Um ein malzeit mein leben wagen,

Die ich nicht aß bei meinen tagen;

Denn rettig, munz, kol, kürbsen, reis,

Petersilg, würmlein rot und weiß,

Der krebs und fischlein im gerör,

Bienen, mücken und feist gemör,

Davon ihr wasserherren zert,

Sind bei meinem geschlecht unwert.

Ich eß was die menschen gern schmecken,

Die mürben dreigebacken wecken,

Schleirküchlein mit schwaden durchmengt,

Ein stück schinken im rauch gehengt,[109]

Kalbsleberlein im weißen hemd,

Frisch kes mit milch überschwemt,

Gut honigkuch bleibt unvergessen,

Als die engel selbst möchten essen,

Und was die köch sonst zum wolleben

Bereiten und zu essen geben

Mit zucker, rosin, würz und wein,

Davon hab ich alzeit das mein.

Darum, halt ich, wird niemand raten,

Das ich mit gefar such ander braten,

Oder das ich mein junges leben

Um der ganzen welt schetz solt geben." –

So warf er die gastung gar weit;

Das böse ahnt uns zuvor alzeit.
[110]

Quelle:
Georg Rollenhagen: Froschmeuseler. Zwei Theile, Teil 2, Leipzig 1876, S. 108-111.
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