Das II. capitel.

Die frösche bitten got um einen könig.


"Also ward bestellet aufs best

Zum gebet das dreitegig fest;

Die fürsten, grasen und freiherren

Und die von edlem stamme weren

Beschlossen in dem see ein ring,

Damit sonst keiner hinein gieng.

Darnach hielt der gemeine hauf

Hinter ihnen an dem umlauf,

Gleichwie im feld zur kriegeszeit

Zusam in kreis treten die leut,

Bis ihr herzog reit in die mitt

Und, was sie tun sollen, gebiet. –[61]

Da hett man gehört ein gebet,

Das die ganze gemeine tet,

Das erfüllet wasser und wald

Und bis an den himmel erschallt;

Als wenn im herbst die hagelstein

Aus den wolken fallen herein

Und auf die schindeltecher klecken,

So ward da ein krachen und gecken.

Sie baten um einen frommen rex

Nicht mit einerlei stimm und lex,

Ob die meinung gleich einig war.

Die glerten riefen hell und klar:

Jehu, lonu, ten, eth, maeleck,

Gibbor, schaddick, vezad, deckdeck!

Gib ein könig unserm geschlecht,

Der stark sei, glückhaft und gerecht!

Die andern brachten mit darein

Ebreisch, griechisch und latein

Und nanten vielfaltig die man,

Deren sie wolten einen han:

Kachs, Koachs, Wreck, Uky, Kekechs,

Kökere, Kekechs, Kerachs, Kerechs,

Kacke, Kicke, Kackokera,

Mortz, Marquard, Marx, Morquetera,

Qwoard, Morard, Quadroquor, Amor.

Ihr viel riefen auch laut empor:

Telle, Relel, Trillil, Relil,

Utu, Culotu, Loculil,

Utrunk, Corunk, Klunkerlekunk,

Das der könig kem stark und jung! –

Dies hört mit an frau nachtigal,

Und ob sie gleich die namen all

Nicht kont vernemen offenbar,

Verstand sie doch die meinung klar,[62]

Das sie um einen könig baten,

Das sie ihn gern het widerraten.

Dieweil aber damals ihr wort

Ganz und gar nicht ward angehort,

Rief sie doch was sie rufen kunt

Zu nacht und an der morgenstund:

Kybbutz, David, David, Vedod,

Kitzeach, Urih, Zir, Merickod!

Fromm was David, ihr lieben leut;

Er töt Urias, macht wenig freud.

Gefar bei der verendrung steht:

Seht, das euch nicht dergleichen geht! –

Der kuckuck bracht auch sein kuckhu

Und lacht ihr im finstern dazu:

Ist euch zu wol in euerm dreck,

Ihr nerrischen Geckre, Kekeck? –

Drauf schloß die wachtel ernstiglich:

Ich warn, hüte dich, hüte dich!

Sieh für dich, treue ist ser mislich,

Das Reuel nicht auch beiße dich! –

Wie dies gebet die dritte nacht

Nun erlanget mit ihrer wacht

Und sie von dem geschrei und fasten

Wolten weder ruhen noch rasten,

Sahen sie spet das abenteur:

Die sonn gieng unter wie ein feur

Und warf die stralen immerfort

Wie spieß und ruten hin nach nord,

Als strich durch ein nebel ihr glanz,

Oder macht ein cometenschwanz,

Wie man am himmel findet stehen,

Wenn zank und krieg sollen ergehen,

Verendern regiment und recht,

Weil man gottes zorn achtet schlecht.

Sie wurden auch am himmel klar

Zu nacht dies wunderzeichen gewar:[63]

Das jeder stern viel größer schien

Und funkelt wie ein flam am kien,

Der eselstern nach mitternacht

Blieb allein mit dunkeln vermacht;

Nicht weit davon der schöne mon

Rötlich stand wie ein gülden kron,

Und ob er gleich nur halb voll war,

So schloß ihn doch der cirkel gar,

Und er gieng fort mit einem zittern,

Gleichwie die espenbletter flittern,

Insonderheit ihn weit umfieng

Ein großer weißrötlicher ring,

Als wer von mel ein regenbogen

Ganz rund durch rotfarben gezogen,

Der doch endlich an seinem rand

Sich hin nach westnorden zertrant,

Mit mon und sternen sich verlor,

Weil finster wolken traten vor. –

Dies gesicht zu derselben zeit

Also erklerten weise leut,

Das in ihrem beschlossen kreis

Der könig kem mit er und preis.

Darum rief jetzt wer rufen kunt:

Kom, könig, kom zu guter stund,

Kacks, Koachs, Wreck, Uky, Kekechs,

Nun laß dich schauen, frommer rex!

Darauf erfolgt das hanenkreien

Und der enten platzen und schreien,

Das alles in der finstern nacht

Gar wunderlich zusamen kracht. –

Bis endlich auch durch berg und tal

Sich erhub ein rauschen mit schall

Und von blettern und espenwoll

Der see schwamm allenthalben voll,

Denn es stund mehlig auf ein wind

Und kam hernach an so geschwind,[64]

Das die beum brachen im sausen

Und die wasser sprungen mit brausen,

Als wenn ein schrecklich donnerwetter

Alles zerschlüg mit eim geknetter,

Und sichs nicht anders ließ ansehen,

Als wolt himmel und erd vergehen,

Das auch kein frosch behielt sein stand,

Sondern ward geworfen ans land. –

Da fiel etwas ser lang und groß

Mit einem wunderbaren stoß

Aus der lust, wie sie alle sahen,

Als sie zitternd am ufer lagen,

Mitten im see, das sich die wellen

Anfiengen über sich zu schnellen

Und aus schrecken so hoch aufstießen

Als wolten sie gen himmel gießen,

Als wenn ein großer elephant

Ins wasser absprüng von dem land

Und das wasser für hoch zurück,

So weit ihm brecht der fall ein druck.

Und damit ward auch alzuhand

Im wind und wetter stillestand

Und folget darauf ein regengoß,

Das berg und tal vol wasser floß,

Das warhaftig die ganze gemein

Nun merkt, es müst der könig sein,

Der mit so viel wunder und pracht

Von got in sein reich wer gebracht."
[65]

Quelle:
Georg Rollenhagen: Froschmeuseler. Zwei Theile, Teil 2, Leipzig 1876, S. 61-66.
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