Das III. capitel.

Die frösch verachten den könig.


"Wie nun dies erschrecken und sorgen

Also weret bis auf den morgen,

Das wind und wasser stille ward,

Die vöglein sangen mancher art,[65]

Die morgenröt auch brach herfür

Und öfnet der sonnen die tür.

Da sie heraus fürt ihren wagen,

Sobald es nur anfieng zu tagen,

Da floß etwas da als ein bloch,

Hat in eim jeden arm ein loch,

Und an dem hals ein großen mund,

War an dem leib dick, grau und rund,

Als wenn es wer ein weinfaß groß,

On alle kleider, nackend, blos,

On kron, on scepter und on zier

Wie ein unbekant wundertier.

Und durft niemand treten hinan,

Den neuen könig sprechen an,

Schauten das wunder nur von fern,

Ob sie gleich auch hinfüren gern.

Etlich zogen ein wenig fort,

Kerten doch bald widr an ihm ort,

Andre unterm wasser hinschlichen

Und bald widr zurück abwichen,

Als wenn ein kind versucht das licht

Und darf das feur doch greifen nicht.

Furcht dreuet alzeit mer gefar,

Denn sonst am handel selber war. –

Bis endlich ein ser junger degen

So mutig ward und so verwegen,

Das er sein leben wolt dran wagen,

Für andern die er davon tragen,

Schoß vom ufer gleichwie ein pfeil

Und satzt hinan in großer eil.

Und wie er itzund hinzu kam,

Sein hütlein er züchtig abnam,

Zum dritten mal sittig sich neigt,

Sein hendlein aus dem wasser beugt

Und mit eim kuß dem könig bot,

Zu verdienen das botenbrot,[66]

Das er allein zuerst wer kommen

Und den könig het angenommen.

Aber da war nichts, das sich reget,

Oder ein ederlein beweget,

Das darauf sagt bös oder gut.

Das macht dem fröschlein einen mut,

Das es mit seinen henden auch

Den könig griff an seinen bauch

Und endlich gar saß oben auf

Und rief: Jeder sicher anlauf!

Ihr dürft euch nicht fürchten so ser,

Es ist ein bloch und gar nichts mer! –

Da zog hinan die ganze schar,

Gleich wie sie da versamlet war,

Und hüpften auf dem bloch herum

In die quer, leng und in die krum,

Und spotteten des armen gecken,

Der auch nicht kont ein frosch erschrecken

Und solte große feind bestreiten.

Jeder wolt auf den könig reiten;

Quad, quad, sprachen sie, quad, quad, quad,

Bei solchem könig ist kein rat! –

Das war der dank, den got bekam,

Als der bloch die herschaft annam."
[67]

Quelle:
Georg Rollenhagen: Froschmeuseler. Zwei Theile, Teil 2, Leipzig 1876, S. 65-68.
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