Die liebe Stelle

[31] Ja, das ist die liebe Stelle,

Wo ich sie zuerst gesehn!

Wie so leis erklingt die Welle,

Wie so sanft die Lüfte wehn!


Jene Felsen, jene Büsche,

Jener Schatten Einsamkeit,

Jener Grotten duft'ge Frische

Mahnt mich an vergangne Zeit.


Alles mahnt mich, alles zeiget

Mir auf's Neu ein theures Bild,

Und die Seele still sich neiget,

Und der stumme Seufzer quillt.


Jene Felsen stehn gegründet

In der Erde tiefstem Schooß,

Doch der Sonnenglanz entschwindet,

Der mit Rosen sie umfloß.


Und so geht die Blüthe nieder,

Im Gesange nur erneut,

Ach, kein Sehnen bringt sie wieder,

Erste Liebe, sel'ge Zeit!

Quelle:
Otto Roquette: Gedichte, Stuttgart 31880, S. 31-32.
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