Selige Ruhe

[26] Zu deinen Füßen will ich ruhn,

Und dir in's Auge schau'n,

Die blaue Nacht mag leise nun

Auf uns herniederthau'n.

Schon tauchet aus dem stillen See

Des Mondes Bild empor,

Und kühner streift das scheue Reh

Durch Wald und Wiesenmoor.


Mein Haupt laß ruhn auf deinem Schooß,

Da ruht es sanft und weich.

Wie ist der Himmel weit und groß,

Wie ist die Erde reich!

Der schönste Stern in blauer Nacht,

Der schönste Stern bist du,

In deines Lichtes sanfter Pracht

O gönne mir die Ruh!


An deinem Herzen laß mich ruhn

Nur kurze, sel'ge Zeit!

Kein Lauscher kündet unser Thun,

Die Welt ist traumgefeit.

Ach, laß mich ruhn an deinem Mund,

Eh noch die Nacht verglimmt,

Bis Himmel uns und Erdenrund

In Seligkeit verschwimmt!


Quelle:
Otto Roquette: Gedichte, Stuttgart 31880, S. 26-27.
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