Ausfahrt

[115] Die Straßen füllen sich auf's Neue,

Das Wandern hebt sich durch die Welt,

Hoch von des Himmels klarer Bläue

Weht Frühlingsluft durch Wald und Feld.

So rüst' auch ich die Schritte wieder,

Wohin es geht, mir einerlei!

Wenn nur für frohgestimmte Lieder

Das Herz mir und die Straße frei.


Und wer sich zu mir eingefunden,

Zu theilen meinen Wanderschritt,

Der sei mir für den Tag verbunden,

Bringt er die rechten Klänge mit.

Die Blüthenzeit in ihrer Schöne

Vereint zu schau'n, sei doppelt Lust!

Verbunden klingen erst die Töne

Mit vollsten Klängen aus der Brust.


Aus deiner Schale laß mich trinken,

Du Frühlingstag, mit durstgem Zug

Für alle Freuden, die mir winken,

Zu stärken Brust und Liedesflug![116]

Und wo es sei in allen Fernen,

Dahin mich Weg und Tag gebracht,

Ein letztes Lied den guten Sternen,

Den stillen Wandrern durch die Nacht!


Quelle:
Otto Roquette: Gedichte, Stuttgart 31880, S. 115-117.
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