Actus 5.

[167] HERR TRISTRANT gehet ein, redt mit ihm selber und spricht.

Wie kaumb bin ich dem bad entrunnen!

Wer ich nit gwest so wol besunnen,

Mit list die köngin abgericht,

So lebt unser zwey keines nicht.

BRANGEL, DIE HOFJUNGKFRAW kumbt und spricht.

Herr Tristrant, köng Marx schickt mich her

Und ist sein hertzliche beger,

Solt widerumb nein gehn hoff kumen,

Ewr unschuld hab er wol vernumen,

Er hab fort an euch gar kein mangel.

HERR TRISTRANT spricht.

Ja, willig geren, liebe Brangel!

Uns het verlassen alles glück,

Doch scheint es wider in dem stück.


Sie gehen beide ab.


DER KÖNIG geht ein, setzt sich unnd spricht.

Nun steht alle sach wider wol,

Das ich gar billig loben sol,

Weil ich Tristranten wider hab.

Den klaffern ich mein ohren gab.

Dasselbig will ich nit mehr thon,

Weil ich den grund erfaren hon.

HERZOG AUCTRAT kombt mit den zweien graffen und spricht.

Herr könig, es ist auß dem berg

Widerumb kumen der künsten zwerg,

Sagt, wie ir seit mit list betrogen.

Es sey warhaft und unerlogen,

Ir solt herr Tristrant zeigen an,

Ein reiß auff sieben tag zu than,

So wird er es nit künden lassen,

Sich mit der köngin hertzen dermassen

Deß nachts, wann er frü auff soll sein.

Da magst du wol verhüten sein

Der köngin kamer, wenn drein gangen

Herr Tristrant, das er werd gefangen.

Wo das nit gschicht, thut der zwerg sagen,[168]

So soll man im den kopff abschlagen.

KÖNIG MARX.

Ich will euch folgen noch ein mal.

Felt ir, so wert ir groß unfal

Euch selber umb den hals bringen.

Darumb schaut selbert zu den dingen!

Bestelt die hut selb, wie ir wölt!

Die schuld ir mir nit geben sölt.


Sie gehen alle ab.


HERTZOG THINAS geht, ein, redt mit im selber und spricht.

Ich möcht wol wissen, was bedeut,

Das heint so vil gerüster leut

Stehn umb die kamer der köngling frawen.

Ich glaub, das sie hüten und schawen,

Ob Tristrant heimlich zu ihr wolt,

Das er gefangen werden solt.

Ich will den frumen helt gehn warnen,

Auff das er entrinn iren garnen.


Hertzog Thinas will abgehn; so kumbt Curnefal, spricht.


Ach weh, weh! ubel ißts zu-gangen.

Herr Tristrant, mein herr, ist gefangen

Sambt Isalden, der königin.

O, wo sollen wir fliehen hin?


König Marx kombt mit hertzog Auctrat, die zwen graffen.


ER setzt sich unnd spricht.

Bringt den bößwicht und die falsch frauen,

Den ich des beiden nit thet trawen,

Auff das man in ein urtheil fell,

Wie man sie beide richten söll!


Der hencker fürt sie beide gebunden her.


KÖNIG MARX spricht.

Auctrat, fell urteil, weil man sie hat

Ergriffen frey an warer that,

Darmit mein mayestat ist verletzt!

HERTZOG AUCTRAT spricht.

Ist mir das urteil heim gesetzt,[169]

So thu ich herr Tristrant zu-sprechen,

Als einen mörder zu radbrechen,

Und das darbey die königin

In hochflamenden fewr verbrinn,

Weil sie mit ir schendtlichen that

Haben verletzt dein mayestat.


Hertzog Thinas, Curnefal, hoffmeister, und Peronis, fallen dem könig zu füssen.


HERTZOG THINAS spricht.

Herr könig, wir bitten umb gnad.

Solch schmehen todt nit auff sie lad!

Ihr beider grosse trew bedenck!

Hab acht der falschen klaffer renck!

Leg auff ein monat sie gefangen,

Biß dir der zoren sey vergangen!

Es möcht dich kurtzer zeit gerewen.

KÖNIG MARX spricht.

Thut mir mein hertzlaid nit vernewen

Und geht mir nur bald auß den augen!

Die that ist klar on alles laugen.

Für sie so hilfft kein fürbit schlecht.

Führ sie hin! thu in ihre recht!


Der hencker führt sie beide hin.


CURNEFAL geht ein, wind sein hend unnd spricht.

Ach Gott, meins frumen lieben herrn!

Ich will da zu-sehen von fern.

Ich hoff, er werd mit listing sachen

Sich von dem hencker ledig machen.

Ich hab der ding besorget langst,

Er werd kumen in diese angst.

TRISTRANT kumbt, hat den strick noch an armen und spricht.

Komb! laß uns geben bald die flucht!

Ich hab all meine list versucht.

Dem hencker ich ein schenck verhieß,

Das er mich in die cappeln ließ,

Welche dort liget an dem see,

Mein sünd Gott zu beklagen eh.

So beschlussens nach mir die thür[170]

Und warten mein alle darfür.

Also ich in ein fenster stieg,

Meins lebens mich wol halb verzieg,

Sprang in wütenden see hinauß

Und bin glücklich geschwumen auß.

Also ich darvon kumen bin.

CURNEFAL spricht.

Kombt eilendt! so wöll wir dahin,

Das ir nit werd angriffen noch.

HERR TRISTRANT spricht.

Ich komb nit weg, biß ich die hoch

Köngin, die aller-liebst, erlöß

Von diesen henckers-buben böß.

Da wöllen wir uns in den hecken

Nahendt bey der richtstat verstecken.


Sie gehen beide ab. König Marx geht ein mit hertzog Auctrat und zweien graffen.


KÖNIG MARX spricht.

Man sagt, Tristrant entrunnen sey.

Rüst euch bald auß auff zwo partey,

Auff das man im nacheile wider

Und in der flucht in lege nider!

DER EHRNHOLDT kumbt, spricht.

Gnediger herr, es hat Tristrant

Die köngin mit gwaltiger handt

Mit gwalt gnumen und reut darvon.

Derhalb biet bald auff iedermon,

Auff das man in beiden nach-eil!

Sie sind im wald fast auff ein meil.

KÖNIG MARX fehrt auff, spricht.

Als auff, was kolben und stecken trag,

Das man beiden eilendt nach-jag!


Sie gehen alle eilendt auß. Tristrant kombt mit fraw Isalden und Curnefal.


TRISTRANT spricht.

Nimb war, mein hertzliebe Isald!

Hie wöll wir bleiben in dem wald.[171]

Weil uns Gott darvon gholffen hat,

So wöll wir gleich an dieser stat

Weit hinden in dem wald beleiben,

Die zeit in der wiltnuß vertreiben,

Wurtzel essen, kreuter und graß,

Wann uns wird ie alhie nit baß.

FRAW ISALD.

Ich will mich willig geben drein,

Auff das ich nur bey dir müg sein;

Will leiden, was ich leiden kan.

HERR TRISTRANT.

Curnefal, komb! so wöll wir gan

Zwo hütten machen in dem wald,

Die ein für mich und fraw Isald,

Darinn wir wohn gedultigklich,

Die ander hütten mach für dich.


Sie gehen alle ab.


KÖNIG MARX kombt als ein Jäger unnd spricht.

Ich hab mich in dem wald verriten

Eim hirschen nach, nach jäger sitten.

Hab gfunden bey des mohnes schein

Tristranten und die frawen mein

Liegen im wald on all gefert.

Zwischen in lag ein bloses schwerdt.

Da dacht ichs zu erwürgen beide.

Dacht doch, es möcht mir werden leide,

Sie möchten noch unschuldig sein.

Da zog ich ab den hendtschuch mein,

Warff in auff ir deck, gieng darvon.

Weis nit wol, was ich fort soll thon.


Der könig geht ab.


TRISTRANT kombt mit Isalden und Curnefal und spricht.

O, könig Marx ist heint die nacht

Bey uns gewest. Als ich erwacht,

Fund ich sein hendtschuch auff der decken.

Hab sorg, er halt da in den hecken.

O Curnefal, die feldt beschaw![172]

Dem könig ich nit wol vertraw,

Das er nit komb und bring uns umb.

FRAW ISALD spricht.

Ach mein Tristrant, ich bit dich drumb

Zu Ugrim, des königs beichtvater,

Dem einsidl ein grosser wolthater,

Bekennen unser sünd und schuld,

Auff das er uns erlange huld

Bey dem könig, das er nach dem

In gnad mich wider zu im nemb,

Seit wir hie haben gehaust fürwar

In sorg und ellendt auff zwey jar.

Nun sichst ie: es hat kein bestandt

Mit diesem leben, mein Tristrant!

Voraus so uns der könig weiß

Alhie in dieser wildnuß kreiß.

HERR TRISTRANT spricht.

Wo wohnt Ugrim, liebe Isald?

FRAW ISALD.

Zu nechst alhie in diesem wald.

HERR TRISTRANT.

So wöllen wir gleich zu Ugrim,

Beichten und auch befelhen im,

Das er dem könig sagen söll,

Ob er zu gnaden wider wöll

Dich nemen, das er uns wissen laß.

Komb! so mach wir uns auff die straß.


Sie gehen alle drey auß.


KÖNIG MARX geht ein mit hertzog Thinas und spricht.

Ihr lieben getrewen, mein beichtvater,

Priester Ugrim, der heilig pater,

Will schaffen mir die köngin wider.

Ich bin nie frölig worden sider.

Ich hab sie funden vor eim monet

Im wald schlaffen, hab ir verschonet,

Wann ich dacht in dem hertzen mein,[173]

Sie möchten noch unschuldig sein,

Weil zwischen in lag ein bloß schwerdt.

HERTZOG THINAS spricht.

Ihr unschuld wird dardurch bewert,

Herr könig, und thust weißlich dran,

Das du sie wider nemest an.

UGRIM, DER EINSIDEL bringt Isalden, die königin, und spricht.

Herr könig, da hast du dein frawen.

Der magst fort alles guts zu-trawen.

Vergieb, das dir Gott auch vergeb!

Forthin mit ir gantz freundtlich leb!

Gott sey mitt euch! ich scheid darvon.

KÖNIG MARX beut der königin die handt und spricht.

Ja, mein Ugrim! das will ich thon.

Aber meinen vetter Tristrant

Den will ich wissen nit im landt,

Wann ich hett sein unehr und schandt.


Der könig führt die königin ab und gehen alle ab.


Quelle:
Hans Sachs. Band 12, Tübingen 1870–1908, S. 167-174.
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