Der fuchs mit dem han

[210] In der gruntweis Frauenlobs.


7. juli 1546.


1.

Ein hungeriger fuchs nach speis ging ause,

hört bei eins bauren hause

auf einem baum zu nacht krehen ein han.

Der fuchs sprach: »wie tustu so frölich krehen?«

der han tet wider jehen

»ich merk und kre den künfting tage an.«

Der han kret fluchs,

da tanzt der fuchs;

der han der sprach:

»warum tanzstu?« der fuchs antworten tete:

»du götlicher prophete,

von deiner stim ich solche freud empfach,


2.

Weil du erkenst den hellen tag zukünftig,

den meldest so vernünftig,

so bistu aller vogel wol ein fürst;

Erkennest auch, wan sich verkert das wetter,

selig sint all dein vetter,

darum mich ser nach deiner freuntschaft dürst.

Ich bit, allein

laß mich doch dein

heiliges haubt

küssen als eines weissagen der grosen.«

dem schmeicheln und liebkosen

der töricht han leichtfertiklich gelaubt.
[211]

3.

Flog von dem baum, dem fuchs mit dem kopf gnappet,

wie balt der fuchs erschnappet

den han bei dem kragen und in erbiß

Und sprach: »ich hab on witz funden den weisen«,

und tet sich mit im speisen.

im buch der alten weisen fint man diß.

Hie merkt man bei,

das schmeichlerei

weis leut verfürt;

wer ein lobt so mit heuchlerischem liegen,

der begert ie zu triegen,

wie man das ietz in aller welte spürt.

Quelle:
Hans Sachs: Dichtungen. Erster Theil: Geistliche und weltliche Lieder, Leipzig 1870, S. 210-212.
Lizenz:
Kategorien: