Der teufel mit dem alten weib

[195] In der rebenweis Hans Vogels.


30. merz 1546.


1.

Ein evolk dreißig jar

fritlich lebet, an allem ort,

mit werk und wort;

verdroß den teufel gar,

all sein list war umsunst,

in frid sie unvernecket bliben.

Er verhieß ein par schuch

einem uralten weib, verste!

wo sie die e

möcht fellen in ebruch,

dardurch sie aus ungunst

zu einem mort würden getriben.

Die alt hex nam den handel an,

sprach zu der frauen: »euer man,[195]

der treibet heimlich bulerei;

wölt ir es innen werden frei,

so stoßt in euer bet

ein meßer unter euer haubt,

darnach, gelaubt,

wan er von euch aufstet,

so werd ir durch die kunst

erfaren, secht, wen er tut lieben.«


2.

Auch die alt kuplerin

sprach heimlich zu der frauen man:

»was habt ir tan?

euer weib wil euch hin

richten heint; in dem bet

hat sie ein scharf meßer verborgen.«

Der man erschrak der wort,

als er zu bet sich niderlegt

gar hart bewegt;

sein frau auch an dem ort

lag zornig ungeret,

iedes tet auf das ander sorgen.

Der man fur auf ergrimet tief,

das meßer unterm küß ergrif,

schnit seinem weib die kelen ab.

zuhant groß trauren in umgab

und sich erst recht bedacht

der frauen lieb, gunst unde treu.

ob der nachreu

verzweifelt er die nacht

und sich selb henken tet,

an seines weibes gürtel tet erworgen.


3.

Frü kam das alte weib

und bannt den teufel in ein kreiß;

vor sorgen heiß

wart im und sprach: »da bleib[196]

im kreiß!« und ein stab schelt,

daran tet er die schuch ir langen.

Sie fraget, warum er

den stab schelt? da sprach er: »du bist

vol arger list!

wan du möchtst kriechen her

dar zwischen, das ich quelt

würt von dir, bunden und gefangen!

Wan solcher böser weiber drei

fingen im felt den teufel frei.

erger dan ich so ist dein munt.

du bist wol des teufels jaghunt!«

hiebei ein evolk merk

und gelaub keinem bösen maul,

in geschwetz faul,

sunder in treu sich sterk

und bleib in frid erwelt,

so sint sie vil unglücks entgangen.

Quelle:
Hans Sachs: Dichtungen. Erster Theil: Geistliche und weltliche Lieder, Leipzig 1870, S. 195-197.
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