Das erste wunder

[209] Claus narr fieng an, sprach: auf mein treu,

erstlich wundert das groß geben,

so die barfußer münich tan

in irem kloster, das sie han

bauet so köstlich außn und innen,

sam solt ein fürst selb wonen drinnen,

mit stuben, küchen, kellr und brunnen,

mit bad künstlich und wol besunnen.[209]

das nimt mich heimlich großes wunder,

warmit sie doch bauen besunder,

dieweil sie ie kein gelt nicht han;

ir keiner rürt kein pfenning an,

solchs sie in ir profession

in gehorsam verlübet hon,

sich nur mit dem bettel zu neren.

was sie im kloster tun verzeren,

das muß der bettel als hertragen.

ir brüder auf die gart sie jagen

umb kes, eier, schmalz, fleisch und brot

und klagen ser vil hungers not.

derhalb mich großes wunder hat,

durch wen ir herlich bau aufgat;

und wenn mein Fritz ein bau wil fürn,

so muß er sein schatz weidlich rürn,

darmit er die werkleut bezal.

da wil nichts klecken überal;

schlegt er ein bau umb tausent an,

so muß er gwis zwei tausent han;

so vertrogen die werkleut sint,

machen mit gsehnden augen blint.

das nimt mich wunder überaus,

wie die münch mit in bauen haus,

weil sie han weder gelt noch pfant,

sint lauter bettler allesant;

das ist mir wunder über wunder.


Quelle:
Hans Sachs: Dichtungen. Zweiter Theil: Spruchgedichte, Leipzig 1885, S. 209-210.
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