I, 3.

[24] FAUSTINE.

Weh', du entschwandst und ließt nur schwachen Trost

Zurück! Doch ich muß voll Gewißheit haben!

Es schüttelt mich, als ob ein tück'scher Frost

Zum andernmal zerstörte mir die Gaben.

So bleib' ich kalt, da mir die Gluth zu nichts

Gefruchtet, eisigkalt; und jetzt beschwöre

Den stärkern Geist ich: Waltender, erhöre

Den starr'sten Sinn, der je im Schein des Lichts

Verlangen trug, der keiner Schranke weicht,

Die trennend zwischen dir und ihm gezogen!

Zum Marmorbilde bin ich schon erbleicht,[24]

Versteint, vergeistert und dir zugewogen:

In der Gestaltung hab' ich dich erreicht.


Quelle:
Schäfer, Wilhelm: Faustine, der weibliche Faust. Tragödie in sechs Aufzügen nebst einem Vorspiel und Prolog, Zürich 1898, S. 24-25.
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