6. Auftritt.

[53] Vorige. Gollwitz durch die Mitte.


STERNECK erschrocken. Der Professor.

GOLLWITZ. Ah, Herr Sterneck! – Was machen Sie denn hier?

STERNECK. Ich – ich habe einen Brief an den Doktor Neumeister abzugeben.

GOLLWITZ. So, so!

PAULA. Mein Schwager ist in seinem Zimmer.

STERNECK. Dann erlaube Sie, das ich mich empfehle. Die Sache hat große Eile. Mit Verbeugung. Mein Fräulein – Herr Professor! – Ab durch die Mitte.

PAULA. Papa, ich finde es sehr unrecht von dir, daß du vor mir Geheimnisse hast.

GOLLWITZ. Wie?

PAULA. Du weißt doch, daß ich immer zu dir halte.

GOLLWITZ. Aber Kind!

PAULA. Gib dir keine Mühe, ich weiß alles. – – Du hast ein Theaterstück geschrieben und willst es hier aufführen lassen.[54]

GOLLWITZ. Um Gottes willen, Paula, nicht so laut. Wenn Mama uns hörte. Denke dir, sie hat seit vier Tagen noch kein freundliches Wort mit mir gesprochen.

PAULA. Wie wir dich aber auch angetroffen haben bei unserer Rückkehr.

GOLLWITZ. Hat sie mit dir darüber noch gesprochen?

PAULA. Keine Silbe.

GOLLWITZ. Eine unheimliche Frau. Siehst du, das trägt sie nun so tagelang mit sich herum, und da geht man immer in der Angst neben ihr her, und plötzlich, wenn man es sich am wenigsten versieht, bricht das Donnerwetter los. Tu' mir den einzigen Gefallen und laß mich so wenig als möglich mit ihr allein.

PAULA. Papa – – ist der »Markus« in deinem Stück eine schöne Rolle?

GOLLWITZ. Der »Markus«? Natürlich, der hat eine wunderschöne Rede im zweiten Akt. Im dritten ersticht er sich.

PAULA. Da kommt er also nachher gar nicht mehr vor?

GOLLWITZ. Aber Paula, wenn er sich doch erstochen hat.

PAULA. Ach, wie schade.

GOLLWITZ. Ich war gestern heimlich auf der Probe.[55]

PAULA. Und wie hat es dir gefallen?

GOLLWITZ. Kind, das weiß ich eigentlich nicht, denn ich kann dir sagen, ich habe vor Aufregung nichts gesehen und nichts gehört.

PAULA. Du hast wohl rechte Angst?

GOLLWITZ. Freilich, ich schlafe schon keine Nacht mehr und gehe herum wie im Fieber und doch, wenn ich daran denke, daß noch etwas dazwischen kommen könnte – ich zittere bei der Idee.

PAULA. Sage mir doch, ob der »Markus« – – –

GOLLWITZ. Pst! Da ist die Mama. Zu Friederike, die durch die Mitte eintritt. Nun, meine liebe Friederike –


Quelle:
Franz und Paul von Schönthan: Der Raub der Sabinerinnen. Berlin 10[o.J.], S. 53-56.
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