3.

[167] Zu Roding ziert die Hebamme den Täufling aufs schönste, legt ihn in die schönsten Windeln, setzt ihm ein Häubchen mit rothen Maschen auf, hüllt ihn in eine mit Bändern und Spitzen besetzte, abgenähte Decke, streckt ihn auf das Kissen aus und deckt alles mit dem Tauftuche von Musselin, voll Falten, Maschen und Bändern zu. So aufgeputzt wird das Kleine zur Taufe getragen, und während des Ganges vom Thurme, Rath- oder Wirthshause heraus angeblasen, auch angeschossen, zum Zeichen der Freude den Aeltern, der Ehre dem neuen Weltbürger und den Gevattern.

An anderen Orten, wie zu Treffelstein, Falkenstein, wird die Taufe angeschossen, so wie die Gevatterleute anlagen, mit drey Schüssen, wenn es ein Knabe, mit zwey, wenn es ein Mädchen ist. Eben so bey der Rückkehr von der Taufe. Hienach gilt ein Knabe mehr als ein Mädchen: kurz sey gesagt, daß schon im mittelalterlichen Rechte der Werth des Mannes höher stand als der des Weibes, wogegen die alten Germanen oder doch die meisten Stämme derselben in ihrer hohen Achtung des weiblichen Geschlechtes das Weib viel höher, ja um das Dreyfache mehr wertheten als den Mann.

Weniger Umstände macht man um Waldthurn. Die Hebamme oder das Ammwei wickelt das Kind in ein Kissen und drüber in ein Tuch, die Gevatterin huckt es über die Schultern und nun geht es fort zur Taufe,[167] auch bey Sturm und Wetter, bey Schnee und grimmiger Kälte, und im Pfarrorte angelangt, auf dem nächsten Weg ins Wirthshaus zu einem kleinen Schluck.

Quelle:
Franz Schönwerth: Aus der Oberpfalz. Sitten und Sagen 1–3, Band 1, Augsburg 1857/58/59, S. 167-168.
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