1287. Die Minne des heiligen Emeram trinken.

[282] Coelestin Ratisb. polit. p. 471. – Ueber das Wort Minna in dieser Bed. s. Schmellers bayr. Wörterb. II., 593.


Von dem heiligen Macarius ist erzählt worden (Sagenb. I. 242) daß ihm sein Bischof befohlen, »zu Ehren des heiligen Kilian zu trinken.« Dieser Brauch, (am bekanntesten als Johannissegen) kam nicht selten vor, wie denn der Abt Cölestin von St. Emeram Nachgehendes aus der Geschichte seines Klosters berichtet.

Auf eine Zeit, als Kaiser Otto hieher nach Regensburg kommen, hat er sich vor seiner Abreis selbsten in unserm Kloster zu Gast geladen. Der Bischof so dazumalen auch noch die Abtei verwaltete, schätzte sich dies für eine besondere Gnad' und sparte keine Unkosten, den Kaiser nach Möglichkeit zu tractiren. Fürsten und Bischöf' samt andern hohen Standespersonen saßen bei der Tafel und Alles war fröhlich und wohlauf, insonderheit der Kaiser, daher er sich auch vor dem End der Mahlzeit mit diesem Sächsischen Sprüchwort vernehmen lassen: »Dessen Brod ich isse, dessen Liedl ich singe. Der heilige Bischof und Martyrer Emeramus hat uns anheut von seinen Gütern wohl gespeiset und getränket; so[282] gedunket es mich, billig zu sein, daß wir auch diese Mahlzeit in der Liebe des heiligen Emeram vollenden.« Befahl darauf, einander den Friedenskuß zu geben und aus dem darzu verordneten Gesundheitsbecher die Liebe des heiligen Martyrers zu trinken. Alle kamen dem Befehle des Kaisers mit Freuden nach bis auf einen einzigen Grafen, welcher, da ihm die Kraft des Weines schon den Verstand geschwächet, in diese Lästerung ausgebrochen: »Was! mit Nichten thu ich diesen Bescheid; Emeram hat nicht mehr Platz in meinem Bauch, denn Speis und Trank ist ihm vorkommen.« Diese Wort hatte der trunkene Graf nicht sobald ausgesprochen, als ihm von unsichtbarer Hand eine so ergiebige und wohlgemessene Maulschelle versetzet worden, daß er samt dem Sessel, darauf er an der Tafel gesessen, in den Saal gefallen. Worüber der Kaiser samt allen hochadeligen Gästen von Herzen erschrocken und sogleich nachfragen lassen, warum dies geschehen sein möchte. Als ihm aber einer seiner Diener die Ursach erzählet, hat er gleich Befehl ertheilet, alle Glocken in der ganzen Stadt zusammen zu läuten und solches Wunder jedermänniglich zu erzählen, dem heiligen Martyrer aber die Lästerung abzubitten, und noch selbigen Tages ein herrliches Te deum in der Klosterkirche zu halten. Von dieser Zeit an ist bei uns die löbliche Gewohnheit aufkommen, vor dem End' der Mahlzeiten die letzte Gesundheit mit diesen Worten zu trinken: »Es lebe Alles, was Sanct Emeram liebt und ehret!«

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 282-283.
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