275. Botenlauben.

[267] Von Franz Schmidt. – Jäger Gesch. des Klosters Frauenrod im Archiv d. hist. V.f.U.u.A.V., 57. L. Bechstein Geschichte u. Gedichte Otto's von Botenlauben S. 40. Dessen Sagenschatz S. 133. Vaterl. Mag. von Fr. Mayer, 1838, S. 356.


Wie sich die Blasenperle bebend

Drängt aus der Lebensquelle Schoos:

So ringt sich von des Sängers Herzen

Des Liedes Luftgebilde los.

Verzeiht, Ihr Freunde dieses Thales,

Daß sich ein Harfner Euch gesellt,

Und wenn Ihr ruht hier unter Ulmen,

Sich mit der Harfe zu Euch stellt!

Dort blickt herab die Botenlaube,

Einstmals ein stolzes Ritterhaus,

Zerstückt, zerstreut jetzt und zerstäubet,

Bewohnt nur von der Winde Saus.

Einst sah Beatrix, seine Herrin,

Herab auf ihren Saala grund,

Es maß das Gut ihr stolzes Auge,

Das unter ihrem Scepter stund.

Da weht ein Lüftchen an die Hehre –

Es sank ihr Schleier schnell zu Thal,

Sie sann erschreckt und ihr Geträume

Sank mit dem Schleier allzumal.

»Bin in der Hand des mächt'gen Glückes

Ich mehr wohl, als ein dünn Gespinnst:

Ein Hauch entfährt aus seinem Munde,

Was ich mir zählte zum Gewinnst.

Es baue nicht auf diese Erde,

Wer stille sel'ge Wonne sucht,

Denn zu Vergänglichkeit und Moder

Ist alles Erdengut verflucht.«

So sann die Gräfin in dem Fenster,

Aus dem der Schleier ihr entrann. –

Und wo der Schleier ward gefunden,

Stieg bald ein Kloster himmelan.

Dort stand die Gräfin auch am Fenster,

Und sann, wie reich sie sei zur Zeit,

Zwar nicht an Gütern nächst der Saale,

Doch an der Seelen Seligkeit.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 267.
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