499. »Wo gehts Bobingen zu?«

[38] Mündlich.


Drei Stunden südlich von Augsburg an der sogenannten Hochstraße liegt das große und schöne Dorf Bobingen. Da ist es aber nicht gut fragen: »wo geht es Bobingen zu?« und gar Manche haben darob nicht selten blutige Köpfe heimgetragen; zum mindesten wird Einer mit Schimpf und Spott und den lästerlichsten Reden traktirt, er mag nur fragen, wen er immer will. Dieß kommt nun daher. Es war einmal vor langer Zeit ein Bursche von Bobingen zu Gericht belangt, welchen eine Dirne als Vater ihres Kindes angegeben hatte. Der Beklagte wendete sich an einen Advokaten in Augsburg, der im Rufe stand, daß er Alles »durchfechten« könne. Dieser gab ihm den Rath, sich vor Gericht blödsinnig zu stellen und auf jede an ihn gerichtete Frage die Antwort zu geben[38] »Bobingen zu,« und dabei mit der rechten Hand unter der Nase von der rechten nach der linken Seite zu zeigen. Er that genau wie ihm gerathen war, und wurde, da weder ein Eingeständniß noch etwas Anderes aus ihm zu bringen war, vom Gerichte entlassen. Nach einiger Zeit kommt er Geschäfte halber in die Stadt und begegnet dem Advokaten, der ihn neugierig um den Ausgang fragte. Nachdem er den glücklichen Erfolg gehört, sagte er: »Nun ist's aber an dir, mich für diesen Rath zu belohnen; ich verlange für meine Bemühung nur zwei Karolin.« Der Bursche aber warf dem Verblüfften ein »Bobingen zu« hin, bog um das Straßeneck und läßt seit der Zeit den Advokaten auf seinen Lohn warten.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 38-39.
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