576. Der Thorschmid von Neumarkt.

[127] Von B. Strauch.


Was blitzen die Bajonette von der weißen Mauer so hell,

Was knattern die Rottenfeuer vom Deininger Berge so grell,

Was blasen die Tirailleure vom Weichselsteine herein,

Was zieht sich am Waldessaume hervor in langen Reih'n?


Das sind die Musketiere der kaiserlichen Armee,

Die Weißröck' leuchten vom Walde wie aus dunklen Wolken der Schnee! –

Was rasseln in Neumarkts Straßen die Geschütze mit tobender Wucht,

Was drängt sich zum unteren Thore hinaus in wilder Flucht? –
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Was heulen im Sturme die Glocken, was schlagen die Trommeln Allarm? –

Fort zieht mit seinen Colonnen Jourdan im langen Schwarm;

Erzherzog Karl der Tapfre, drängt eiligen Schrittes herbei, –

Ha freut euch Bürger Neumarkts, er macht von den Franken euch frei! –


Doch Eisenstangen und Balken verrammen das obere Thor,

Vorm Rathhaus steht todesmuthig noch Jourdans Schützenkorps,

Sie decken den Rückzug des Heeres, bereit zum feurigen Gruß

Wenn durch die zertrümmerten Pforten hereindrängt der feindliche Fuß.


Jetzt pochen mit mächtigen Schlägen des Kaisers Sappeure an's Thor, –

Da schreitet mit seinen Gesellen der wackere Thorschmied hervor;

Sie schlagen mit kräftigen Hämmern die eisernen Banden entzwei,

Rings pfeifet um ihre Köpfe der Chasseure tödtendes Blei.


Sie schlagen mit Kolben und Aexten und nervigten Fäusten darein, –

»Laßt pfeifen Gesellen die Kugeln und sollten des Todes wir sein!« –

Schweißtriefend hämmert der Meister mit riesigen Armen drauf los, –

Da ächzen die Stangen und Angeln, es öffnen sich Riegel und Schloß.


Im hastigen Zuge nun stürmen des Kaisers Soldaten zur Stadt,

Es jubeln die Bürger und rennen, was Mund und Beine nur hat;

Die fränkischen Leichtfüß' sie machen sich eiligen Schritts auf die Flucht,

Nachdrängen des Erzherzogs Schaaren dem Feinde mit drückender Wucht.


Sie jagen die luftgen Franzosen vor sich über Kopf und Hals,

Rein ist in wenigen Tagen gefeget die obere Pfalz!

Doch wer war der wackere Thorschmied, ihn preise jegliche Zung',

Sein denke die späteste Nachwelt! – Er hieß Veit Joseph Jung.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 127-128.
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