852. Kloster Marienstein bei Eichstädt.

[382] Mündlich.


In diesem Jungfrauenkloster wird ein uraltes anmuthiges Cruzifixbild aufbewahrt, welches, wie die Schwestern beständig vorgaben, mit einer ihrer Mitschwestern vor hundert Jahren geredet und sich dieß folgendergestalt zugetragen habe.

Als man im ganzen Kloster drei Tage lang den Geruch und Rauch einer Feuersbrunst verspürte, und doch Niemand wußte, wo sie verborgen sei, suchten jene Schwestern, denen die Feuerstätten, als Bäckerei, Brauhaus und dergleichen Orte anvertraut waren, überall nach, konnten aber nirgends verborgenes Feuer entdecken. Alle waren deßhalb in Sorgen. Eine unter ihnen, so ihren heiligen Gehorsam in der Küche versah, trat nicht ohne sonderbare Eingebung Gottes zu vorbemeldtem Cruzifix und suchte göttliche Hilfe und Rath, fiel nieder auf die Knie und betete inbrünstig zu Gott, seine Dienerinnen nicht zu verlassen. Und siehe, das Cruzifix fing an zu reden und den Ort, wo das Feuer verborgen war, mit diesem Wort anzuzeigen: »Gehe hin in das Kohlhäuslein, auf dem Kasten wirst du das Feuer finden,« und also ist es gefunden worden. Eben dasselbe Cruzifixbild soll, wiewohl es sehr trocken gestanden, im Jahre 1633 den 23. Juli Abends 9 Uhr häufig Zähren vergoßen und am ganzen Leib[382] geschwitzt haben, so daß die hellen Wassertropfen in großer Menge herabgelaufen und das Kreuz sammt dem Stocke befeuchtet wurde. Dieß bezeugten alle Schwestern, die es mit eigenen Augen gesehen und die ganze Nacht dabei im Gebete verharrten. Dieß ist für ein gewisses Zeichen und Vorbedeutung des großen Unheils so dem Kloster begegnet, gehalten worden, da 1634 am 7. Februar die schwedischen Reiter das Gotteshaus und Kloster, so sie für Rebdorf ansahen, in Asche legten.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 382-383.
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