Ostern

[231] Ostern, Ostern, Frühlingswehen!

Ostern, Ostern, Auferstehen

Aus der tiefen Grabesnacht!

Blumen sollen fröhlich blühen,

Herzen sollen heimlich glühen,

Denn der Heiland ist erwacht.


Trotz euch, höllische Gewalten!

Hättet ihn wol gern behalten,

Der euch in den Abgrund zwang.

Konntet ihr das Leben binden?

Aus des Todes düstern Gründen

Dringt hinan sein ew'ger Gang.


Der im Grabe lag gebunden,

Hat den Satan überwunden –

Und der lange Kerker bricht.

Frühling spielet auf der Erden,

Frühling soll's im Herzen werden,

Herrschen soll das ew'ge Licht.
[231]

Alle Schranken sind entriegelt,

Alle Hoffnung ist versiegelt,

Und beflügelt jedes Herz;

Und es klagt bei keiner Leiche

Nimmermehr der kalte, bleiche

Gottverlaßne Heidenschmerz.


Alle Gräber sind nun heilig,

Grabesträume schwinden eilig,

Seit im Grabe Jesus lag.

Jahre, Monde, Tage, Stunden,

Zeit und Raum, wie schnell verschwunden!

Und es scheint ein ew'ger Tag.


Quelle:
Max Schenkendorf: Gedichte, Leipzig o.J, S. 231-232.
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