Pfingsten

[232] Sind es Funken,

Die sich trunken

Wanden von den Sternen los?

Sind es Flammen,

Welche stammen

Aus der ew'gen Liebe Schooß?


Taubenflügel,

Ueber Hügel

Schwebend, über Thal und Meer,

Sanftes Wehen

Von den Höhen

Führet uns den Tröster her.


Die sich hassen,

Alle fassen

Jeder nun des Andern Hand.

Ketten brachen,

Die der Sprachen

Alter Zauber feindlich band.


Fern ist Keines,

All in Eines

Fließet aller Jünger Thun.

Sich erreichen

Und vergleichen

Will so Süd als Norden nun.


Was aus Gründen

Bahn zu finden,

Aus der Nacht zum Lichte ringt,

Stein' und Bäume,

Alle Räume

Wie ein Liebeston durchklingt;


Was mit Beben

Jedes Leben

Hat ergriffen, jeden Mann,[233]

Geist der Zeugen,

Der nicht schweigen

Und sein Heil verläugnen kann;


Was die Herzen,

Wie mit Schmerzen

So mit Wonnen, an sich reißt,

Lichterkoren,

Lichtgeboren,

Das ist Gottes heil'ger Geist!


Feuerzungen,

Die erklungen

Einst im frohen Liebesmuth,

Schlagt ihr Flammen

All' zusammen,

Werdet eine große Glut!


Quelle:
Max Schenkendorf: Gedichte, Leipzig o.J, S. 232-234.
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