Sonntagsfrühe

[241] Gottesstille, Sonntagsfrühe,

Ruhe, die der Herr gebot!

Meine Seele, wach' und glühe

Mit im hellen Morgenroth.


Könnt' ich in dem Zimmer bleiben,

Wann das Volk zur Kirche wallt?

Könnt' ich Alltagswerke treiben,

Wann der Glockenruf erschallt?


Wo die holden Worte weilen,

Die der Herr auf Erden sprach,

Lasset auch das Brod mich theilen,

Das er seinen Jüngern brach.
[241]

O das nenn' ich sel'ge Stunde,

Wo man dein, o Herr, gedenkt,

Wo man mit der frohen Kunde

Von dem ew'gen Heil uns tränkt.


Neues Leben, neue Stärke,

Reiner Andacht frische Glut

Zu dem frommen Liebeswerke

Schöpf' ich aus der Gnadenflut.


Und von göttlichen Gedanken

Einen reichen Blütenstrauß

Trag' ich heimwärts, Gott zu danken

In dem kleinen stillen Haus.


Erde weit und ohne Grenzen!

Himmel drüber ausgespannt!

Reich an Sternen und an Kränzen

Scheint ihr mir ein heilig Land.


Laß die Flamme stets mir brennen,

O mein Heiland Jesu Christ!

Laß es alle Welt erkennen,

Daß mein Herz dein Altar ist.


Quelle:
Max Schenkendorf: Gedichte, Leipzig o.J, S. 241-242.
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