2. Morgenroth

[223] Und als in ihrer Fülle

Die Zeit vollendet war,

Da trat es aus der Stille

Für Alle hold und klar.


Die Jungfrau hat empfangen

Ein Pfand vom heil'gen Geist,

Und ist, von Haus gegangen,

Gen Bethlehem gereist.
[223]

Die Jungfrau war erkoren,

Sie sah nicht nach dem Stern,

Die Jungfrau hat geboren

Den Heiland, unsern Herrn.


Das war die Nacht der Nächte,

Da schien die Liebesmacht,

Die sterblichem Geschlechte

Nun Gottes Bild gebracht.


Der Heiland ist geschritten

Segnend durch alle Welt,

Er hat gelehrt, gelitten,

Und sich sein Reich bestellt.


Der Heiland ist gestorben,

Ein reines Opferlamm,

Hat uns das Heil erworben

Am blut'gen Kreuzesstamm.


Dann stieg er in die Erde,

Dann stieg er wieder auf

Mit himmlischer Geberde,

Zum Vater ging sein Lauf.


Ihn gab die Nacht der Nächte,

Ihn gab das Weihnachtsfest,

Ihn, der nicht vom Geschlechte,

Das er erlöste, läßt.


Quelle:
Max Schenkendorf: Gedichte, Leipzig o.J, S. 223-224.
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