Auf seines Bruders Tod

[96] Er focht in sieben Schlachten,

Er war ein deutsches Blut,

Gefahr hieß ihn verachten

Sein stiller Kriegesmuth.


Das Schwert an seiner Linken,

Er nannt es seine Braut;

Geneigter Blicke Winken,

Das schien ihm kaum so traut.


Bei Hochkirch ihn umfangen

Hab' ich mit Liebesgruß

Und ahnungsvoll empfangen

Den letzten heißen Kuß.


Es schlug die schöne Stunde,

Da ward sein Busen roth,

So blutet an der Wunde

Ein edler Hirsch sich todt.


Tragt nach den Riesenbergen

Den kranken Ritter nun,

Es darf ja nicht bei Zwergen

Der fromme Degen ruhn.


Der Väter freie Erde

Er sich erlesen hat,

Du Stadt des Hirsches werde

Für ihn die Ruhestadt.
[96]

Das schwarze Kreuz, das blaue,

Hängt auf dem Grabes-Baum,

Daß jeder Pilger schaue,

Wer träumt hier seinen Traum.


Fahr' Bruder wohl, Gespiele

In froher Kinderzeit,

Du schrittest vor zum Ziele,

Du Jüngerer, wie weit.


Die Hoffnung ließ mich kommen,

Ob ich dich lebend fänd'?

Doch, du warst aufgenommen

Ins reine Element.


Zeuch hin, wo Karl der Große,

Wo Gottfried, Balduin

Die Siegs- und Todesloose

Für Gottes Krieger ziehn.


Wol größ're Sünden büßen

Kann solch' ein Glaubenstod;

Den Vater magst du grüßen

Im ew'gen Morgenroth.


Quelle:
Max Schenkendorf: Gedichte, Leipzig o.J, S. 96-97.
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