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Im Norden zu singen
Auf der Berge freien Höhen,
In der Mittagsonne Schein,
An des warmen Strahles Kräften
Zeugt Natur den goldnen Wein.
Und noch niemand hats erkundet,
Wie die große Mutter schafft;
Unergründlich ist das Wirken,
Unerforschlich ist die Kraft.
Funkelnd wie ein Sohn der Sonne,
Wie des Lichtes Feuerquell,
Springt er perlend aus der Tonne
Purpurn und kristallenhell.
Und erfreuet alle Sinnen,
Und in jede bange Brust
Gießt er ein balsamisch Hoffen
Und des Lebens neue Lust.
Aber matt auf unsre Zonen
Fällt der Sonne schräges Licht,
Nur die Blätter kann sie färben,
Aber Früchte reift sie nicht.
Doch der Norden auch will leben,
Und was lebt, will sich erfreun;
Darum schaffen wir erfindend
Ohne Weinstock uns den Wein.
Bleich nur ists, was wir bereiten
Auf dem häuslichen Altar;
Was Natur lebendig bildet,
Glänzend ists und ewig klar.[422]
Aber freudig aus der Schale
Schöpfen wir die trübe Flut,
Auch die Kunst ist Himmelsgabe,
Borgt sie gleich von irdscher Glut.
Ihrem Wirken freigegeben
Ist der Kräfte großes Reich;
Neues bildend aus dem Alten,
Stellt sie sich dem Schöpfer gleich.
Selbst das Band der Elemente
Trennt ihr herrschendes Gebot,
Und sie ahmt mit Herdes Flammen
Nach den hohen Sonnengott.
Fernhin zu den selgen Inseln
Richtet sie der Schiffe Lauf,
Und des Südens goldne Früchte
Schüttet sie im Norden auf.
Drum ein Sinnbild und ein Zeichen
Sei uns dieser Feuersaft,
Was der Mensch sich kann erlangen
Mit dem Willen und der Kraft.
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Gedichte (1789-1805)
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