Dritte Weise

[144] Wie sie auf und nieder wogen,

Gold'ne Töne, daß mein Herz

Bebt vor Lust und bebt im Schmerz,

Von den Tönen fortgezogen!

Ringend, kämpfend mit den Wogen

Muß ich matt und leise stöhnen,[144]

Mich fast sterbend doch versöhnen,

Wie im wunderhellen Klingen

Die Gedanken zu mir dringen:

Liebe denkt in süßen Tönen.


Vom melod'schen Hauch umfloßen

Blühet nun zum Preis und Ruhme

Herrlich auf der Liebe Blume,

Von der Kraft im Ton entsproßen.

Thränen, süß dem Aug' entfloßen,

Netzen nun die Pflanze gern,

Meines Lebens lichten Stern.

Kein Gedank' an ferne Trauer

Fährt noch durch die Brust mit Schauer,

Denn Gedanken stehn zu fern.


Wie die Blum' im leisen Schwanken

Zarte Liebe nun verhauchet,

So mein Herz in Wonne tauchet,

Daß mir alle Sinne wanken.

Knieend, weinend muß ich danken;

Himmelsblume, Erdenstern,

Rühren an des Herzens Kern

Von dem schönsten Wahnsinn trunken,

Und verstreu'n der Liebe Funken

Nur in Tönen mag sie gern.


Wie die Töne niederfließen,

Ist es bald ein goldner Schein,

Worin zarte Kinderlein

Spielend auf und nieder schießen,[145]

Neue Wonnen neu entsprießen,

Und die Seele selig krönen,

Sie der Erde zu entwöhnen:

Denn solch liebliches Gewimmel

Kann ihr zu der Himmel Himmel

Alles, was sie will, verschönen.

Quelle:
August Wilhelm von Schlegel: Sämtliche Werke Band 1, Leipzig 1846, S. 144-146.
Lizenz:
Kategorien: