Das 11. Capitel.
Wer aus einer Kanne oder einem Kruge getruncken hat / soll solchen nicht mit der Hand über den Deckel anfassen / daß solcher hierdurch überspannet werde /denn es ist dem andern schädlich / der daraus trincken soll.

[33] Worinnen mag wohl der Schaden bestehen? Antwort: Wer daraus zum erstenmahl trincket / der bekömmt das Hertzgespann, sagen viel thörichte Weiber / als auch weibische Männer. Aber sagt mir doch erst, wie das Ding soll zugehen, daß erst das Hertzgespann in die Hand, von dar in Krug oder ins Bier, von Biere in des andern Leib solle fortgepflantzet werden? Das Hertzgespann ist eine Magen-Kranckheit, wenn nehmlich der Magen aufschwillet, daß es unter[33] denen Rippen gantz dicke und geschwollen wird. Wenn nun einere ein Trinckgeschirr überspannet, so kan der andere nicht ehe daraus trincken, es setze denn jener den Krug erst nieder, denn sonst gehet ja der Deckel nicht auf, oder aber, wenn einer also daraus trincken wolte, so müste er durch einen Strohhalm / den er unter den Deckel in Krug stecken könte, trincken, und würde also den Magen nicht jehling erkälten, und solcher gestalt desto weniger das Hertzgespann dadurch erwecken. Es haben zuweilen solche Weiber, welche auf diesen Aberglauben viel halten, und aus keinem überspannet gewesenen Kruge trincken wollen, den Krug, so überspannet gewesen / mir geben müssen, worauf ich getrost getruncken, aber niemahls das Hertzgespann davon bekommen haben ergo, ist es eine thörichte Einbildung.

Quelle:
Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken- Philosophie. 2 Bände, Chemnitz 1718 (Bd. 1), 1722 (Bd. 2), [Nachdruck Weinheim; Deerfield Beach, Florida 1987]., S. 33-34.
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