Das 3. Capitel.
Wenn man etwas von Wäsche linck oder verkehrt anziehet / wird man nicht beschryen.

[16] Das trifft gewiß ein / und gestehe ichs selbst; Heh! Victoria! ihr Weiber habt recht; in diesem Punct stehe ich euch bey, biß an Scheiter-Hauffen, denn ich habe es selbst offt probiren müssen, wenn ich meine Wäsche auf einer Seite eingeschwärtzt gehabt, so habe ich zuweilen Hembd und Halß-Tuch umgewendet, und hernach aufs neue darinnen gepranget, als wie ein Bauer-Bräutigam. Und kan ich euch mit tausend Eyden attestiren, daß ich zu solcher Zeit niemahls bin beschryen worden. Aber sagt mir doch, ihr guten Weiber / (denn ich zürne nicht mit euch, sondern habs nur einen Unglauben an euren Wercken,) wie gehet es zu, daß man in verkehrter Wäsche nicht beschryen werden kan? Ich will euch sagen, was ich dencke, und weil ihr doch davor[16] haltet, daß man eine Sache glauben müsse, wenn es helffen soll, so will ich auch glauben, daß mich meine Gedancken nicht betrügen werden. Meine Gedancken aber sind folgende: Ich dencke, wenn ich gleich von Fuß an, biß auf den Kopff, neu angezogen wäre, und hätte alles recht an, so könne mich doch niemand beschreyen; nicht darum / daß ich so heßlich sey, weil man doch im Sprichwort sagt: Der oder diese wird schwerlich beschryen, denn er oder sie ist nicht schön. Ach nein, darum nicht; denn ihr alle mit einander seyd nicht so schön / als ich gern seyn möchte; sondern weil die Welt gestanden, ist niemand auf diese Art, als wie ihr haben wollet, beschryen worden. Und solchergestalt hat mich auch niemand beschreyen können, wenn ich gleich in lauter verkehrter Wäsche gestutzt habe. Ihr abergläubischen Affen, ey wolt ich sagen, ihr überklugen Weiber / sagt mir nur erst, was ihr denn durch euer Beschreyen eigentlich verstehet? soll es denn ein lautes Zetter-Geschrey seyn, oder soll es über die Gebühr gelobet oder gescholten heissen, oder wie soll es klingen? alsdenn will ich euch bald aus euerm Traum helffen. Ihr werdet mich zwar auf diese Frage gar flähmisch ansehen, und ohne Zweifel gar zu einem Duell auf den Kampff-Platz hinaus fordern, und sagen, ich dummer Kerl möchte nur kommen, ihr woltet mir weisen, was ich nicht wüste; werdet euch auch zu Wasser und Lande gegen mich ausrüsten. Zu Lande werdet ihr mich mit Feuer und Rauch, zu Wasser aber mit warmen Bädern zu bekriegen,[17] euch fürnehmen. Zu eurer Defension wird euch nicht schwer fallen, neunerley Holtz, damit ihr diese, welche ihr vor beschryen haltet, zu räuchern pfleget, zu einem guten Bollwerck und Pallisadirung aufzubringen, ihr werdet mich mit einem Nebel und Rauch zu verblenden, und mit Gestanck zu vertreiben suchen, wenn ihr Kehrich und andere stinckende Raritäten aufs Feuer werffet, daß ihr euch darhinter mit eurer Thorheit verbergen könnet. Aber nach diesen allen frage ich wenig, sondern hoffe im folgenden Capitel euch so viel vorzulegen, daß ihr mir ins künfftige einen reputirlichen Frieden willig antragen werdet.

Quelle:
Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken- Philosophie. 2 Bände, Chemnitz 1718 (Bd. 1), 1722 (Bd. 2), [Nachdruck Weinheim; Deerfield Beach, Florida 1987]., S. 16-18.
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