Das 7. Capitel.
Wenn die Weiber Garn sieden / so müssen sie praff darbey lügen / sonst wird es nicht recht weiß.

[27] Wer von sieben redet, der leugt gern, und hier trifft es gleich so ein, daß das siebende Capitel von Lügen handelt. Es ist dieses ein vortrefflich Mittel zum Garn-sieden, daß es weiß wird, denn es kostet nicht viel, und kan iedes, wer darzu kömmt, etwas mit beytragen, weil nach der Schrifft alle Menschen Lügner sind, und der Teufel ist der Meister darunter. Nun aber ist[27] bekannt, daß der Teufel ein Tausend-Künstler ist / der aus schwartz kan gar leichte weiß machen. Wenn denn nun die Weiber bey ihren Garn sieden, dem Teufel zu Liebe praffe Lügen sagen, wäre es kein Wunder, daß dieser ihnen wieder den Gefallen erwiese, und das Garn weiß machte; allein weil es Lügen sind, so wolte ich bald sagen, es sey nicht wahr, daß davon das Garn weiß würde, iedoch kan es auf folgende Weise wohl eintreffen, nehmlich: Man pflegt im gemeinen Sprichwort zu sagen: Mit Dreck wäscht man sich nicht weiß; aber hierbey muß das Sprichwort zu einer Lügen werden, und heist vielmehr: Mit Dreck wäscht man weiß. Denn man bedencke, wie heßlich das Garn mit der Asche zugerichtet wird, wenn es damit eingeäschert und gesotten wird, und dennoch ist die Asche das Mittel, damit das Garn gereiniget wird. Ob nun aber dieses die rechte Ursach ist, warum die Weiber bey den Garnsieden Lügen sagen, will ich so gewiß nicht behaupten, und dahero noch ein paar Muthmassungen mit beyfügen, nehmlich: Erstlich zweiffele ich nicht, es habe etwan einmahl ein Weib das andere gefragt, oder auch die Kunst aufschreiben lassen / wie man das Garn schön weiß siede; da nun die Meisterin solche Wissenschafft schreiben wollen, daß gute Laugen das Beste müsse dabey thun, mag sie aus Versehenheit den Buchstaben a in dem Wort Laugen vergessen, und nicht mit in das Wort gesetzt haben, so hat es Lügen geheissen. Wenn nun die andere die Kunst mit Lügen und Laugen zugleich probiret[28] hat, und das Garn ist weiß worden, so hat sie denen Lügen die Krafft alleine zugeschrieben /und ist hernach zu einen Articul ihres Glaubens gemacht worden. Zum andern kan ich selbst Zeugniß geben, daß mit gewisser Condition diejenigen Weiber, welche wacker lügen können, weisser Garn machen, als die ehrlich- und aufrichtigen, nehmlich, ich erinnere mich, daß in Dreßden bey einem wohlhabenden Kauffmann die Magd Garn sotte; da nun das Garn ungewöhnlich schöne weiß wurde, und der Herr die künstliche Magd fragte: Was sie vor einen Handgriff hätte? antwortete sie mit einer klugen lächelnden Mine: Dieses wäre eine Wissenschafft, welche sie von eines Steuermanns Frau gelernet hätte / sie hätte ihr fast einen Eyd schweren müssen, daß sie es niemanden weiter sagen wolte, redete demnach ferner mit gantz leiser Stimme zum Herrn: Es bestände die gantze Wissenschafft darinnen, daß sie Asche von büchenen Holtze darzu nehme, und dieses glaubte der Kauffmann; es war aber eine Lügen, denn des Tages zuvor hatte ich der Magd einen gantzen Riegel Seiffe schaben gesehn, die sie zwischen das Garn mit eingestreuet hatte. Derowegen merckts, ihr haußhältigen Weiber, und bedient euch solcher Lügen, so werden sich eure Männer über euch verwundern. Probatum est.

Quelle:
Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken- Philosophie. 2 Bände, Chemnitz 1718 (Bd. 1), 1722 (Bd. 2), [Nachdruck Weinheim; Deerfield Beach, Florida 1987]., S. 27-29.
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