Das 72. Capitel.
Wenn ein Weib Butter rühren will / soll sie ein drey-creutzig Messer an das Butter-Faß stecken / so geräth die Butter bald.

[116] Was vor albere Gauckel-Possen unter denen Bauers-Weibern / bey dem Butter- und[116] Käse machen, Küh melcken und dergleichen, vorgenommen werden, wird einer nicht wohl auf eine Küh-Haut schreiben können. Unter diesen ist auch eines, daß sie zu der Zeit, wenn sie Butter rühren, ein dreycreutziges Messer an das Butter-Faß stecken. Da ich nun einsmahls ein Bauer-Weib um die Ursach dessen fragte, wurde ich berichtet: Es wäre der Gebrauch so, sie wüste es selbst nicht, was es zu bedeuten hätte. Andere aber haben mir gesagt, es geriethe die Butter eher, als sonst, wenn man ein drey-creutzig Messer an das Butter-Faß steckte. Weil denn nun die Weiber selbst nicht die rechte Ursach zu sagen wissen, so möchten sie es lieber unterwegens lassen; denn es thut doch ein verständiger Mensch nicht gern etwas, da er nicht weiß, warum es geschicht. So es aber ja soll darzu dienen, daß die Butter desto eher gerathe, so müssen die Weiber erst ausmachen, ob die Krafft von den drey Creutzen, oder vom Messer komme? Wollen sie sagen, die Krafft komme von den drey Creutzen, so antworte ich ihnen mit dieser Frage: Warum denn diese drey Creutze eben auf einem Messer seyn müssen / und nicht so wohl auf einem Löffel oder gar auf dem Futter-Faß? Sagen sie aber / das Messer habe die Krafft, (und zwar vielleicht unter der albern Meynung, weil man mit einem Messer eine Sache zertheilen könne, so zertheile sich hier auch Butter und Molcken, oder Butter Milch, um des am Fasse steckenden Messers willen) so frage ich sie hinwiederum: Warum es denn eben ein drey-creutziges Messer seyn müsse?[117] Ich habe zwar zu weilen auch wohl gesehen, daß sie ein gemein Messer ohne Creutze am Butter-Faß stecken gehabt, welches eben auch dergleichen Würckung haben solte; ich kan aber hieraus nur so viel schliessen, daß der Weiber Meynung solcher gestalt ein sehr schwach fundament haben müsse, und sind in ihren Glaubens-Puncten so ungewiß, daß sie ohne Sorge eine Kuhe und eine Ofen-Gabel vor ein Ding achten, weil iedes zwey Hörner forn naus hat. Wer Butter machen will, und hat guten Raam, und stösset fleißig zu, der bekömmt bald Butter, ohne ein drey-creutzig Messer; wer aber nicht fleißig stösset, der mag 10. drey-creutzige Messer um das Butter-Faß stecken, so wird davon keine Butter werden. Oder wenn iemand ein Stück Zucker zum Possen in Raam geworffen hätte, so würde so bald auch keine Butter zu hoffen seyn.

Quelle:
Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken- Philosophie. 2 Bände, Chemnitz 1718 (Bd. 1), 1722 (Bd. 2), [Nachdruck Weinheim; Deerfield Beach, Florida 1987]., S. 116-118.
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