Das 88. Capitel.
Wer zu Marckte ziehet / und borget die erste Lösung weg / der verborget sein Glück.

[138] Man pflegt zu sagen: Wie einer glaubt, so geschicht ihm. Mancher verborget den ersten Hand-Kauff nicht, und wenn er gar keinen Dreyer marcken solte, und also machens abergläubische Leute täglich im Handel und Wandel; ich bin aber gantz anderer Meynung /und achte es vor nichts schädliches, wenn einer den Handkauff weg borget, und halte ich den, der borget, vor unglücklicher, als den, der verborget. Denn ein Kramer oder Handwercksmann wird so leichte keinem etwas borgen, wenn er nicht weiß, daß der andere ihn auch gewiß werde bezahlen können. Und wenn nun ein Kramer was verborget, schlägt er es allezeit höher an, als wenn er baare Zahlung bekömmt, der andere muß es auch höher annehmen, oder bekömmt keinen Credit: muß aber doch endlich die[138] Zahlung davor thun / und hat alsdenn der Verkauffer seine Waare, die ihm vielleicht sonst wohl noch über dem Halse läge, mit Ziehung der Kauff-Gelder, samt der Interesse verthan. Das ist zwar wohl gewiß, daß, wenn man den ersten Handkauff, oder wie es insgemein ausgesprochen wird, Hanckff, einem verborgen wolte, von dem wenig Zahlung zu hoffen wäre, so würde einer freylich einen unglücklichen Marckt halten; denn ob er gleich hernach ziemliche Waare für baar Geld vertrieb, würde es doch wohl mißlich seyn, ob der profit von allen so viel austragen würde, als was er bey dem ersten Wegleihen verlohren hat. Und solcher Gestalt, oder mit solcher condition findet dieser Articul bey mir auch Glauben, aber in keinem abergläubischen Verstande.

Quelle:
Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken- Philosophie. 2 Bände, Chemnitz 1718 (Bd. 1), 1722 (Bd. 2), [Nachdruck Weinheim; Deerfield Beach, Florida 1987]., S. 138-139.
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