Das 97. Capitel.
Es ist nicht gut / daß man sich Feuer oder Licht durch einen Fremden lässet aus dem Hause tragen.

[151] Ich kenne Leute, welche dermassen in diesen närrischen Wahn ersoffen sind, daß sie auch eher was anders zugäben, als geschehen liessen, daß iemand Fremdes, oder auch ihrer Nachbarn einer, nur zum wenigsten ein Licht bey ihnen anzündete, und aus ihrem Hause trüge, und wenn sie zuweilen gesehen, daß des Abends ein und anders, denen der Wind die Lichte in denen Laternen ausgelöschet gehabt, ihre Lichte in meinem Hause wieder angezündet haben, so haben sie sich verwundert, daß ich solches zugegeben, und dabey gesagt: Sie liessen es nicht geschehen. Wenn ich gefragt habe, was es denn schaden könne? Ist erstlich die Antwort gewesen; Es sey nicht gut, und da ich auf eine genauere Antwort gedrungen, so ists endlich folgende gewesen; Es würde einem mit dem Feuer die Nahrung aus dem Hause getragen. Allein wenn ich solcher einfältigen Leute ihre Nahrung betrachtet habe, so ist sie noch schlechter gewesen, als bey andern, die auf keinen solchen albern Aberglauben iemahl etwas gehalten haben. Es ist auch gemeiniglich mit solchem abergläubischen Thoren also beschaffen, als wie mit denen, von welchen man zu sagen pfleget: Sie haben ihre Nahrung mit Schauffeln zur Thüre hinaus geworffen, und nun wollen sie sie mit Nadeln wieder zum Fenster hinein scharren. Es kan auch nicht anders seyn; denn wer seine Gedancken nur auf solche Possen richtet, und das Hertz dran hänget, der lässet hingegen das schuldige Vertrauen zu GOtt,[151] fahren, so entziehet hernach GOtt billig seinen Seegen, und heist hernach: Sie wollen des Seegens nicht, so wird er auch ferne von ihnen bleiben.

Quelle:
Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken- Philosophie. 2 Bände, Chemnitz 1718 (Bd. 1), 1722 (Bd. 2), [Nachdruck Weinheim; Deerfield Beach, Florida 1987]., S. 151-152.
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