Dreizehnte Scene.

[22] ZSUPÁN.

Was gibt's – sind böse Geister los? –

BARINKAY ironisch.

Herr Schweinefürst – ich bin es blos!

CHOR der aus dem Haus kommenden Gruppe.

Was hat für wicht'ge Kunde

Er zu so später Stunde?

CARNERO, ARSENA, MIRABELLA.

Was gibt's für wicht'ge Kunde?

BARINKAY zu Zsupán.

Du wolltest ja zum Schwiegersohn ...

ARSENA, ZSUPÁN.

Einen Baron ...

BARINKAY.

Ich bin es schon!

Ja staunet nur – ich bin Baron!

CARNERO, SAFFI, ARSENA, CZIPRA Chor der Zsupán'schen Truppe.

Baron – Baron – er ist Baron!?

Ah – ah – er ist Baron.

BARINKAY auf die Zigeuner deutend.

Komm' her und schau' Dir die Leute an,

Sie alle sind mir unterthan, –

Ich bin ihr Woywode, bin ihr Baron,

Und mein ist der Zigeunerthron!

Ich bin an den Heimatherd

Endlich wieder heimgekehrt – –[22]

So nehmet Ihr alle die Kunde hin,

Daß ich ihr Baron, ja ihr Baron, –

Daß ich es bin!

SAFFI zu Barinkay.

Hier in diesem Land

Eure Wiege stand,

Ach, als Kind

Habt Ihr es nur gekannt –

Doch der Ungar

So treu mit Herz und Hand

Ist es zunächst

Dem schönen Vaterland!


Bei Seite.


Wie heiß ihm das Antlitz glüht,

Wie hell ihm das Auge sprüht!

Klinge du mein trautes Lied,

Das durch die Seele zieht!


Zu Barinkay.


Wir vertrau'n Euch blind,

Weil wir Euer sind.

Herr, o bleibt

In Treu' auch uns gesinnt!

Lass't mich mit Euch,

Die Euch ergeben dient.

Bin ja doch nur

Ein arm' Zigeunerkind!

BARINKAY bei Seite.

Wonnig und süß

Tönt ihr Sang,

Wonnig umrauscht

Mich ihr Klang, –

Milde Gewalt

Zieht mich hin

Hält im Bann' mir

Herz und Sinn!

CZIPRA bei Seite.

Wonnig und süß

Tönt ihr Sang,

Wonnig umrauscht

Ihn ihr Klang, –

Milde Gewalt

Zieht ihn hin –

Hält im Bann ihm

Herz und Sinn!

CHOR DER ZSUPÁN'SCHEN GRUPPE.

Woywode der Zigeuner – Hahaha!!!

BARINKAY zu Arsena.

Erhalt' ich wohl jetzt ihre Hand?[23]

ARSENA.

Haha! – das ist zu arrogant

Ein Adel von Zigeuners Gnaden!

MIRABELLA höhnisch.

Der Spott kommt mit dem Schaden!

ZSUPÁN zu Barinkay.

Du bist zu hitzig, lieber Freund –

So war es nicht gemeint! –

CHOR DER ZSUPÁNSCHEN GRUPPE.

So war es nicht gemeint!

BARINKAY Saffi aus der Menge holend.

Wie ich es meine, zeig' ich Dir!

Mein Weib – wird – diese hier! –

SAFFI.

O Herr, das ist ein böser Scherz!

BARINKAY zu Saffi.

Bei Dir find' ich ein treues Herz,

Zu dem vor dieser ich mich rette!

CHOR ZSUPÁN'S.

Er nimmt sich die Zigeunerin – hahaha!

BARINKAY zu Arsena.

Du, spröde Schöne, fahre hin!

CHOR.

Kaum ist es zu versteh'n,

Arsena zu verschmäh'n!! –

ARSENA zu Ottokar.

O, räche mich!

OTTOKAR bei Seite.

Kind – was fällt Dir ein?

ARSENA zu Barinkay.

Ihr wagt es so mit mir zu sprechen!


Zu ihren Leuten.


Er spottet mein,

Oh steht mir bei, die Schmach zu rächen.


Zu Barinkay.


Nehmt Euch in Acht, ich will Euch lehren

Hübsch artig sein,

Decent und fein

Euch zu erklären![24]

CARNERO.

Jetzt sagt er nein –

Sie wird nicht sein,

Da hilft kein Bitten und kein Schrei'n!

Ha, was fällt ihm ein –

Er läßt sie sein,

Um ein Zigeunerkind zu frei'n?

MIRABELLA.

Ich hör' den Hohn

Nach Rache schrei'n

Ihr sollt's bereu'n.


Zu Carnero.


Wir nehmen uns den Herrn zu leih'n!

Mir brennt der Zorn

Durch Mark und Bein–

Er soll's bereu'n

Er soll's bereu'n

Wir werden ihm das nie verzeih'n!

ZSUPÁN bei Seite.

Jetzt steck' ich noch viel tiefer drinn –

Mir scheint, daß ich ein Dummkopf bin!

Gott weiß, was aus der Sache wird,

Jetzt steh' ich da – compromittirt!

OTTOKAR für sich.

Nicht soll von Rache die Rede sein

Ich will des Glückes mich wohl erfreu'n,

Arsena mein!

Das räch' ich nicht

Nein, nein, nein, nein!

CARNERO zu Barinkay.

Die Kleine darf Euch folgen nicht,

Weil das der Sitte widerspricht –


Sucht ihm Saffi zu entreißen.


Ihr laß't sie hier!

BARINKAY Carnero zurückdrängend.

Sie kommt mit mir!

CARNERO auffahrend.

Du wagst es ...?


Carnero und Barinkay stehen sich drohend gegenüber.
[25]

ZIGEUNER-CHOR.

Droht dem Woywoden Gefahr,

So schützt ihn seine Schaar!

ZSUPÁN Carnero tritt beschützend zwischen diesen und Barinkay, wird aber von Barinkay fortgestoßen.

Oho! Oho!

Das geht nicht so

Ich rase – ich erstick'!

Ich könnt' ihn massacriren,

Kommt so ein Kerl zurück,

Um uns zu cujoniren?


Polternd.


Jetzt wird es mir zu dick!

Ich laß' mich nicht blamiren!

MIRABELLA zu Barinkay.

Um frech dem Uebermuth zu fröhnen,

Verletzet Ihr den Stolz der Schönen,

Uns Alle wagt Ihr zu verhöhnen –

Das werden wir Euch abgewöhnen!

ZSUPÁN, OTTOKAR, MIRABELLA.

Um frech dem Uebermuth zu fröhnen,

Verletzet Ihr den Stolz der Schönen,

Uns Alle wagt Ihr zu verhöhnen?

Das werden wir Euch abgewöhnen!

CARNERO, ZSUPÁN, MIRABELLA, OTTOKAR UND CHOR.

Man muß die saubern Herren

Mitunter mores lehren –

Auch dann, wenn sie sich dagegen wehren!

ZSUPÁN zu Barinkay.

Sie werden sich, wenn auch mit Grämen

Sie hier zu lassen wohl bequemen,

Ein Mädel gleich so mitzunehmen

Möcht ich mich doch ein Bischen schämen!

BARINKAY zu Saffi.

Laß' toben sie und schreien ...

SAFFI.

Ach, kaum kann ich es fassen –

Von ihr wollt Ihr lassen,

Um mich zu freien ...![26]

ZIGEUNER-CHOR.

Er wählet sich Saffi – so ehrlich ist Keiner

Er wählet zur Gattin ein Kind der Zigeuner!

BARINKAY.

Eure Ränke sind erkannt,

Nie erhält sie meine Hand.

ARSENA, MIRABELLA, ZSUPÁN CARNERO.

Ha, welche Sprache –

Das fordert Rache!

OTTOKAR bei Seite.

Er soll nur schrei'n –

Arsena mein!

CZIPRA bei Seite.

Ihr versagt er seine Hand!

SAFFI.

Mich hält gefangen

Süßes Bangen.

Ach, welches Glück!

ARSENA.

Dies Unterfangen

Zahl' ich ihm zurück!

MIRABELLA.

Das büße er!

CARNERO UND ZSUPÁN.

Das büßt Ihr schwer!

OTTOKAR.

Holt das Militär!

SAFFI, CZIPRA, ZIGEUNER-CHOR.

Fürchte nichts, o Herr!

CARNERO, ZSUPÁN.

Führt sie vor's Gericht!

BARINKAY.

Weg Du feiger Wicht!

BARINKAY, SAFFI, CZIPRA, ZIGEUNER-CHOR.

Halt – berührt sie nicht!

Wagt Euch nicht anher,

ZSUPÁN'S GRUPPE, ARSENA, MIRABELLA.

O welche Qual – welche Qual![27]

MIRABELLA.

O der Skandal – der Skandal!

ZSUPÁN, OTTOKAR, CARNERO.

Wir massacriren Euch ...

BARINKAY UND DIE ZIGEUNER.

Wagt Euch nicht heran –


Drohend.


Sonst wehrt Euch Mann für Mann!

ZSUPÁN'S GRUPPE.

Wir hau'n Euch windelweich!

BARINKAY UND SEINE GRUPPE.

Ach, der Streit ist arg und graus ...

ZSUPÁN'S GRUPPE.

Ha, Ihr fordert uns heraus ...

BARINKAY.

Laßt mich ruhig weiter zieh'n

Mit meiner Liebe ...

ZSUPÁN'S GRUPPE.

Ha, Ihr fordert uns heraus,

Ihr Kesselflicker – Pferdediebe!

SAFFI, CZIPRA, BARINKAY für sich.

Ach ich wußte ia

Daß das Glück uns nah

Seit ich ihn, (Seit ich »sie«)

Zum ersten Male sah

Nie vergess' ich

Wie mir um's Herz geschah

Was ich ersehnt,

Stand herrlich vor mir da! –

ZSUPÁN, ARSENA, CARNERO MIRABELLA, OTTOKAR.

Ha, wie frech sie sind ...

Ha, er verachtet mein Kind ...

Welch' ein Hohn, welch' ein Hohn

Ha, er soll büßen die That;

Ihn ereilet unser Grimm!

DIE ZIGEUNER zu Barinkay.

Deine Leute wissen

Dich zu schützen unverzagt,[28]

Ha – Ihr werdet's büßen müssen –

Wer gegen ihn sich wagt ...

Ja wir schützen Dich bei Tag und Nacht

Weh dem, der Dich zu berühren wagt!

BARINKAY, SAFFI, CZIPRA.

Habt Ihr auch Geld wie Heu

Uns ist das ganz einerlei –

Nimmer macht uns Geld und Gold

Allein das Leben hold! –

ZSUPÁN'S CHOR.

Wir vergelten Alles ihm

Wir rächen uns an Euch!

ZIGEUNER-CHOR.

Weh' dem, der Dich zu berühren wagt!

Wagt keinen Streich!

ALLE.

Da wir nun Euch erkannt,

Zieht nur, zieh'n wir miteinand

Fort von hier

Noch eh' der Kampf entbrannt –

Ha, die Zigeunerschaar

Uns (Euch) Allen widerstand

Wie Ihr's verdient.

Er reicht Euch uns're Hand!

(Nur wer's verdient

Dem reichen wir die Hand!)

ZSUPÁN'S CHOR.

Die Rache ist ihm ganz gewiß

Der freche Wicht entgeht uns nicht!

ZIGEUNER-CHOR zu Barinkay.

Nimm auf's Neue

Den Schwur der Treue

Gut und Leben

Ist Dir ergeben!

BARINKAY Von den Zigeunern auf die Schultern gehoben.

Das ist mein Thron

Weil ich Baron

Der Zigeuner bin!


Actus I.
[29]

Quelle:
Johann Strauß: Der Zigeunerbaron, von J. Schnitzer, Hamburg [o. J.], S. 22-30.
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