[22] ZSUPÁN.
Was gibt's – sind böse Geister los? –
BARINKAY ironisch.
Herr Schweinefürst – ich bin es blos!
CHOR der aus dem Haus kommenden Gruppe.
Was hat für wicht'ge Kunde
Er zu so später Stunde?
CARNERO, ARSENA, MIRABELLA.
Was gibt's für wicht'ge Kunde?
BARINKAY zu Zsupán.
Du wolltest ja zum Schwiegersohn ...
ARSENA, ZSUPÁN.
Einen Baron ...
BARINKAY.
Ich bin es schon!
Ja staunet nur – ich bin Baron!
CARNERO, SAFFI, ARSENA, CZIPRA Chor der Zsupán'schen Truppe.
Baron – Baron – er ist Baron!?
Ah – ah – er ist Baron.
BARINKAY auf die Zigeuner deutend.
Komm' her und schau' Dir die Leute an,
Sie alle sind mir unterthan, –
Ich bin ihr Woywode, bin ihr Baron,
Und mein ist der Zigeunerthron!
Ich bin an den Heimatherd
Endlich wieder heimgekehrt – –[22]
So nehmet Ihr alle die Kunde hin,
Daß ich ihr Baron, ja ihr Baron, –
Daß ich es bin!
SAFFI zu Barinkay.
Hier in diesem Land
Eure Wiege stand,
Ach, als Kind
Habt Ihr es nur gekannt –
Doch der Ungar
So treu mit Herz und Hand
Ist es zunächst
Dem schönen Vaterland!
Bei Seite.
Wie heiß ihm das Antlitz glüht,
Wie hell ihm das Auge sprüht!
Klinge du mein trautes Lied,
Das durch die Seele zieht!
Zu Barinkay.
Wir vertrau'n Euch blind,
Weil wir Euer sind.
Herr, o bleibt
In Treu' auch uns gesinnt!
Lass't mich mit Euch,
Die Euch ergeben dient.
Bin ja doch nur
Ein arm' Zigeunerkind!
BARINKAY bei Seite.
Wonnig und süß
Tönt ihr Sang,
Wonnig umrauscht
Mich ihr Klang, –
Milde Gewalt
Zieht mich hin
Hält im Bann' mir
Herz und Sinn!
CZIPRA bei Seite.
Wonnig und süß
Tönt ihr Sang,
Wonnig umrauscht
Ihn ihr Klang, –
Milde Gewalt
Zieht ihn hin –
Hält im Bann ihm
Herz und Sinn!
CHOR DER ZSUPÁN'SCHEN GRUPPE.
Woywode der Zigeuner – Hahaha!!!
BARINKAY zu Arsena.
Erhalt' ich wohl jetzt ihre Hand?[23]
ARSENA.
Haha! – das ist zu arrogant
Ein Adel von Zigeuners Gnaden!
MIRABELLA höhnisch.
Der Spott kommt mit dem Schaden!
ZSUPÁN zu Barinkay.
Du bist zu hitzig, lieber Freund –
So war es nicht gemeint! –
CHOR DER ZSUPÁNSCHEN GRUPPE.
So war es nicht gemeint!
BARINKAY Saffi aus der Menge holend.
Wie ich es meine, zeig' ich Dir!
Mein Weib – wird – diese hier! –
SAFFI.
O Herr, das ist ein böser Scherz!
BARINKAY zu Saffi.
Bei Dir find' ich ein treues Herz,
Zu dem vor dieser ich mich rette!
CHOR ZSUPÁN'S.
Er nimmt sich die Zigeunerin – hahaha!
BARINKAY zu Arsena.
Du, spröde Schöne, fahre hin!
CHOR.
Kaum ist es zu versteh'n,
Arsena zu verschmäh'n!! –
ARSENA zu Ottokar.
O, räche mich!
OTTOKAR bei Seite.
Kind – was fällt Dir ein?
ARSENA zu Barinkay.
Ihr wagt es so mit mir zu sprechen!
Zu ihren Leuten.
Er spottet mein,
Oh steht mir bei, die Schmach zu rächen.
Zu Barinkay.
Nehmt Euch in Acht, ich will Euch lehren
Hübsch artig sein,
Decent und fein
Euch zu erklären![24]
CARNERO.
Jetzt sagt er nein –
Sie wird nicht sein,
Da hilft kein Bitten und kein Schrei'n!
Ha, was fällt ihm ein –
Er läßt sie sein,
Um ein Zigeunerkind zu frei'n?
MIRABELLA.
Ich hör' den Hohn
Nach Rache schrei'n
Ihr sollt's bereu'n.
Zu Carnero.
Wir nehmen uns den Herrn zu leih'n!
Mir brennt der Zorn
Durch Mark und Bein–
Er soll's bereu'n
Er soll's bereu'n
Wir werden ihm das nie verzeih'n!
ZSUPÁN bei Seite.
Jetzt steck' ich noch viel tiefer drinn –
Mir scheint, daß ich ein Dummkopf bin!
Gott weiß, was aus der Sache wird,
Jetzt steh' ich da – compromittirt!
OTTOKAR für sich.
Nicht soll von Rache die Rede sein
Ich will des Glückes mich wohl erfreu'n,
Arsena mein!
Das räch' ich nicht
Nein, nein, nein, nein!
CARNERO zu Barinkay.
Die Kleine darf Euch folgen nicht,
Weil das der Sitte widerspricht –
Sucht ihm Saffi zu entreißen.
Ihr laß't sie hier!
BARINKAY Carnero zurückdrängend.
Sie kommt mit mir!
CARNERO auffahrend.
Du wagst es ...?
Carnero und Barinkay stehen sich drohend gegenüber.
[25]
ZIGEUNER-CHOR.
Droht dem Woywoden Gefahr,
So schützt ihn seine Schaar!
ZSUPÁN Carnero tritt beschützend zwischen diesen und Barinkay, wird aber von Barinkay fortgestoßen.
Oho! Oho!
Das geht nicht so
Ich rase – ich erstick'!
Ich könnt' ihn massacriren,
Kommt so ein Kerl zurück,
Um uns zu cujoniren?
Polternd.
Jetzt wird es mir zu dick!
Ich laß' mich nicht blamiren!
MIRABELLA zu Barinkay.
Um frech dem Uebermuth zu fröhnen,
Verletzet Ihr den Stolz der Schönen,
Uns Alle wagt Ihr zu verhöhnen –
Das werden wir Euch abgewöhnen!
ZSUPÁN, OTTOKAR, MIRABELLA.
Um frech dem Uebermuth zu fröhnen,
Verletzet Ihr den Stolz der Schönen,
Uns Alle wagt Ihr zu verhöhnen?
Das werden wir Euch abgewöhnen!
CARNERO, ZSUPÁN, MIRABELLA, OTTOKAR UND CHOR.
Man muß die saubern Herren
Mitunter mores lehren –
Auch dann, wenn sie sich dagegen wehren!
ZSUPÁN zu Barinkay.
Sie werden sich, wenn auch mit Grämen
Sie hier zu lassen wohl bequemen,
Ein Mädel gleich so mitzunehmen
Möcht ich mich doch ein Bischen schämen!
BARINKAY zu Saffi.
Laß' toben sie und schreien ...
SAFFI.
Ach, kaum kann ich es fassen –
Von ihr wollt Ihr lassen,
Um mich zu freien ...![26]
ZIGEUNER-CHOR.
Er wählet sich Saffi – so ehrlich ist Keiner
Er wählet zur Gattin ein Kind der Zigeuner!
BARINKAY.
Eure Ränke sind erkannt,
Nie erhält sie meine Hand.
ARSENA, MIRABELLA, ZSUPÁN CARNERO.
Ha, welche Sprache –
Das fordert Rache!
OTTOKAR bei Seite.
Er soll nur schrei'n –
Arsena mein!
CZIPRA bei Seite.
Ihr versagt er seine Hand!
SAFFI.
Mich hält gefangen
Süßes Bangen.
Ach, welches Glück!
ARSENA.
Dies Unterfangen
Zahl' ich ihm zurück!
MIRABELLA.
Das büße er!
CARNERO UND ZSUPÁN.
Das büßt Ihr schwer!
OTTOKAR.
Holt das Militär!
SAFFI, CZIPRA, ZIGEUNER-CHOR.
Fürchte nichts, o Herr!
CARNERO, ZSUPÁN.
Führt sie vor's Gericht!
BARINKAY.
Weg Du feiger Wicht!
BARINKAY, SAFFI, CZIPRA, ZIGEUNER-CHOR.
Halt – berührt sie nicht!
Wagt Euch nicht anher,
ZSUPÁN'S GRUPPE, ARSENA, MIRABELLA.
O welche Qual – welche Qual![27]
MIRABELLA.
O der Skandal – der Skandal!
ZSUPÁN, OTTOKAR, CARNERO.
Wir massacriren Euch ...
BARINKAY UND DIE ZIGEUNER.
Wagt Euch nicht heran –
Drohend.
Sonst wehrt Euch Mann für Mann!
ZSUPÁN'S GRUPPE.
Wir hau'n Euch windelweich!
BARINKAY UND SEINE GRUPPE.
Ach, der Streit ist arg und graus ...
ZSUPÁN'S GRUPPE.
Ha, Ihr fordert uns heraus ...
BARINKAY.
Laßt mich ruhig weiter zieh'n
Mit meiner Liebe ...
ZSUPÁN'S GRUPPE.
Ha, Ihr fordert uns heraus,
Ihr Kesselflicker – Pferdediebe!
SAFFI, CZIPRA, BARINKAY für sich.
Ach ich wußte ia
Daß das Glück uns nah
Seit ich ihn, (Seit ich »sie«)
Zum ersten Male sah
Nie vergess' ich
Wie mir um's Herz geschah
Was ich ersehnt,
Stand herrlich vor mir da! –
ZSUPÁN, ARSENA, CARNERO MIRABELLA, OTTOKAR.
Ha, wie frech sie sind ...
Ha, er verachtet mein Kind ...
Welch' ein Hohn, welch' ein Hohn
Ha, er soll büßen die That;
Ihn ereilet unser Grimm!
DIE ZIGEUNER zu Barinkay.
Deine Leute wissen
Dich zu schützen unverzagt,[28]
Ha – Ihr werdet's büßen müssen –
Wer gegen ihn sich wagt ...
Ja wir schützen Dich bei Tag und Nacht
Weh dem, der Dich zu berühren wagt!
BARINKAY, SAFFI, CZIPRA.
Habt Ihr auch Geld wie Heu
Uns ist das ganz einerlei –
Nimmer macht uns Geld und Gold
Allein das Leben hold! –
ZSUPÁN'S CHOR.
Wir vergelten Alles ihm
Wir rächen uns an Euch!
ZIGEUNER-CHOR.
Weh' dem, der Dich zu berühren wagt!
Wagt keinen Streich!
ALLE.
Da wir nun Euch erkannt,
Zieht nur, zieh'n wir miteinand
Fort von hier
Noch eh' der Kampf entbrannt –
Ha, die Zigeunerschaar
Uns (Euch) Allen widerstand
Wie Ihr's verdient.
Er reicht Euch uns're Hand!
(Nur wer's verdient
Dem reichen wir die Hand!)
ZSUPÁN'S CHOR.
Die Rache ist ihm ganz gewiß
Der freche Wicht entgeht uns nicht!
ZIGEUNER-CHOR zu Barinkay.
Nimm auf's Neue
Den Schwur der Treue
Gut und Leben
Ist Dir ergeben!
BARINKAY Von den Zigeunern auf die Schultern gehoben.
Das ist mein Thron
Weil ich Baron
Der Zigeuner bin!
Actus I.
[29]
Buchempfehlung
»Es giebet viel Leute/ welche die deutsche poesie so hoch erheben/ als ob sie nach allen stücken vollkommen wäre; Hingegen hat es auch andere/ welche sie gantz erniedrigen/ und nichts geschmacktes daran finden/ als die reimen. Beyde sind von ihren vorurtheilen sehr eingenommen. Denn wie sich die ersten um nichts bekümmern/ als was auff ihrem eignen miste gewachsen: Also verachten die andern alles/ was nicht seinen ursprung aus Franckreich hat. Summa: es gehet ihnen/ wie den kleidernarren/ deren etliche alles alte/die andern alles neue für zierlich halten; ungeachtet sie selbst nicht wissen/ was in einem oder dem andern gutes stecket.« B.N.
162 Seiten, 8.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Michael Holzinger hat sechs eindrucksvolle Erzählungen von wütenden, jungen Männern des 18. Jahrhunderts ausgewählt.
468 Seiten, 19.80 Euro