2.

[197] Dieses aber ist sönderlich in acht zunehmen / daß die erste Meinung / erster Vorschlag / oder was man sonst als eine Frage / Erzehlung / etc. vorzubringen hat / nicht weiter gehe / biß auf die Wiederkehrung /das ist bis zu mitten des Gedichtes / so lange nemlich die ausgelesenen Reimwörter aufeinander folgen: So bald aber die Reimwörter wiederkehren und rükweis gleichsam wieder hinauf steigen / alsdan muß auch die Beantwortung und Gegenrede sich anfahen / und mit eben den Reimwörteren gleichsam gegensetzlich antworten; in der letzten Reimzeile aber einen sonderlichen Spruch oder nachtrükliche Meinung haben /folget zur anzeige ein


Wiederkehr von vier Reimwörteren


1. Alle Welt ist Sorgen voll.

2. Niemand sorget wie er soll /

3. Jeder wünscht ein eignes wol /

4. (So zu reden) Sorgen toll.

Widerkehr


4/ Armer Mensch bist Sinnen toll

3. Leib und Seel hats nimmer wol /

2. Bis du lernest wie man sol

1. Recht sein Himmels-Sorgen voll.*


Anderes

Wiederkehr auf eines guten Freundes

Hochzeit:


1. Ist jetzt dan zeit / daß jhr euch Paarweis laßet sehen /

2. Vnd wolt / ohn zweiung zwei / für einẽ Mann bestehẽ?

3. Jetz / da der Krieg von sich leßt Feur und Wüte gehen /

4. Vnd da der Winterwind das Feld muß überwehen?[197]

5. Das Göttlein nicht so wol vermag dz Hertzen-Nehẽ /

6. Der Bienē Stachel kan nicht löchren machend blehen:

7. Der Hüner Mañ gesperrt / mag nit so freudig krehen /

8. Der Wetterhahn sehr kirrt und muß sich ofters drehẽ /

9. Den Ofen jedermann muß streichlen / lieben / flehen?

10. Herr Breutigam / das ist vieleicht nicht wol geschehen.

10. Ei doch was einmahl ist geschehen / bleibt geschehen /

9. Ihr / anderweit erhitzt bedürft kein Ofen-flehen:

8. Es mag nach Windesgang der Wetterhahn sich drehen;

7. Laßt euren Hüner Mann zu haus nur sicher krehen /

6. Vnd dz der Bienen Spies was gutes macht aufblehẽ.

5. Man sagt / durch Göttleins kunst / gescheh' ein Hertzennehen /

4. Wenn man die Seufftzer lest durch keuschen Wechsel wehen.

3. Laßt diesen Krieg nur fort in seinem Gange gehen /

2. Vnd laßt es also wol und ofte bey euch stehen /

1. Daß jhr zu rechter zeit ein kleines jhr möcht sehen.

Quelle:
Justus Georg Schottel: Teutsche Vers- oder Reimkunst. Lüneburg 1656, S. 197-198.
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