69


[813] Nichts fehlt den äußern Gaben, die dem Licht

Du zeigst, das Menschenwitz verbessern könnte;

Wie aller Mund, durch den die Seele spricht,

Ja selbst dein Feind dies wahre Lob dir gönnte.

So wird für äußern Reiz dir äuß'rer Lohn;

Doch eben jener Mund, der, was dein eigen

Dir gab, zerstört dies Lob aus anderm Ton,

Und spüret weiter als die Augen reichen.

In deiner Seele Schönheit tauchen sie;

Die mißt Vermutung ab nach deinen Taten:

Kargmütig, augengütig hauchen sie

Auf deinen Blumenflor des Unkrauts geilen Schwaden.

Doch daß dein Duft nicht gleicht dem Augenschein,

Daran ist schuld: du machst dich selbst gemein.


Quelle:
William Shakespeare: Sämtliche Werke in vier Bänden. Band 2, Berlin: Aufbau, 1975, S. 813.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Sonette
The Sonnets/ Die Sonette [Zweisprachig]
The Sonnets / Die Sonette: Englisch/Deutsch
Sonette. Engl./Dt. Übersetzt von Tieck, Regis, u.a., Einleitung von Hanno Helbling.
Die Sonette: Zweisprachige Ausgabe
Shakespeares Sonette