[687] Alexandria. Ein Zimmer in Cleopatras Palast.
Demetrius und Philo treten auf.
PHILO.
Nein, dieser Liebeswahnsinn unsres Feldherrn
Steigt übers Maß. Die tapfern, edlen Augen,
Die über Kriegsreih'n und Legionen glühten,
So wie der erzne Mars, sie heften sich
Und wenden ihrer Blicke Dienst und Andacht
Auf eine braune Stirn: sein Heldenherz,
Das im Gewühl der Schlachten sonst gesprengt
Die Spangen seiner Brust, fällt ab zur Schmach,
Und ist zum Fächer worden und zum Blas'balg,
Die lüsterne Zigeun'rin abzukühlen.
Seht da, sie kommen!
Trompetenstoß. Antonius und Cleopatra mit ihrem Gefolge und Verschnittnen, die ihr Luft zufächeln, treten auf.
Bemerkt ihn recht, so seht Ihr dann in ihm
Des Weltalls dritte Säule umgewandelt
Zum Narren einer Buhlerin: schaut hin und seht! –
CLEOPATRA.
Ist's wirklich Liebe, sag mir denn, wie viel?
ANTONIUS.
Armsel'ge Liebe, die sich zählen ließe! –
CLEOPATRA.
Ich will den Grenzstein setzen deiner Liebe!
ANTONIUS.
So mußt du neue Erd' und Himmel schaffen.
Ein Bote tritt auf.
BOTE.
Zeitung aus Rom, Herr!
ANTONIUS.
O Verdruß! Mach's kurz!
CLEOPATRA.
Nein, höre sie, Antonius:[687]
Fulvia vielleicht ist zornig? Oder hat –
– Wer weiß es? – der dünnbärt'ge Cäsar
Sein Machtgebot gesandt: »Tu' dies und das!
Dies Reich erobre! Jenes mache frei!
Tu's gleich, sonst zürnen wir!«
ANTONIUS.
Wie nun! Geliebte!
CLEOPATRA.
Vielleicht – nein doch, gewiß
Darfst du nicht länger bleiben: Cäsar weigert
Dir fernern Urlaub! Drum, Antonius, hör' ihn! –
Wo ist Fulvias Aufruf? Cäsars meint' ich – beider?
– Die Boten ruft! – So wahr ich Königin,
Antonius, du erröt'st: dies Blut erkennt
Cäsarn als Herrn; wo nicht, zahlt Scham die Wange,
Wenn Fulvias Kreischen zankt. – Die Abgesandten! –
ANTONIUS.
Schmilz in die Tiber, Rom! Der weite Bogen
Des festen Reichs, zerbrich! Hier ist die Welt,
Thronen sind Staub: – die kot'ge Erde nährt
Wie Mensch, so Tier: der Adel nur des Lebens
Ist, so zu tun, wenn solch ein liebend Paar –
umarmt sie
Und solch Zwillingsgestirn es darf: worin
(Bei schwerer Ahndung wisse das die Welt!)
Wir unerreichbar sind.
CLEOPATRA.
Erhabne Lüge!
Wie ward Fulvia sein Weib, liebt' er sie nicht? –
So will ich Törin scheinen und nicht sein; –
Anton bleibt stets er selbst.
ANTONIUS.
Nur nicht, reizt ihn Cleopatra. Wohlan,
Zu Liebe unsrer Lieb' und süßen Stunden,
Nicht sei durch herb Gespräch die Zeit verschwendet:
Kein Punkt in unserm Leben, den nicht dehne
Noch neue Lust. Welch Zeitvertreib zu Nacht? –
CLEOPATRA.
Hör' die Gesandten!
ANTONIUS.
Pfui, zanksücht'ge Königin!
Der alles zierlich steht, Schelten und Lachen,
Und Weinen; jede Unart kämpft in dir,
Daß sie zur Schönheit und Bewund'rung wird. –
Kein Bote! Einzig dein, und ganz allein! –
Zu Nacht durchwandern wir die Stadt und merken[688]
Des Volkes Launen. Komm, o Königin,
Noch gestern wünschtest du's. – Sprecht nicht zu uns!
Antonius mit Cleopatra und Gefolge ab.
DEMETRIUS.
Wie! schätzt Antonius Cäsarn so gering?
PHILO.
Zuzeiten, wenn er nicht Antonius ist,
Entzieht sich ihm die große, würd'ge Haltung,
Die stets ihn sollte schmücken.
DEMETRIUS.
Mich bekümmert's,
Daß er bekräftigt den gemeinen Lügner,
Der so von ihm in Rom erzählt. Doch hoff' ich
Morgen auf ein verständ'ger Tun. – Schlaft wohl! –
Beide ab.
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Antonius und Cleopatra
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