Zweite Szene

[759] Alexandrien. Ein Zimmer im Palast.


Es treten auf Antonius, Cleopatra, Enobarbus, Cftarmion, Iras, Alexas und andre.


ANTONIUS.

Er schlug den Zweikampf aus, Domitius?

ENOBARBUS.

Ja.

ANTONIUS.

Und warum tat er's?

ENOBARBUS.

Er meinte, weil er zehnmal glücklicher,

Sei er zehn gegen einen.

ANTONIUS.

Morgen schlag' ich

Zu Meer und Land; dann leb' ich, oder bade

Die sterbende Ehre im Blute mir,

Das wieder Leben schafft. Wirst du brav einhaun?

ENOBARBUS.

Fechten und schrein: »Jetzt gilt's!« –

ANTONIUS.

Brav! Geh, mein Freund,

Ruf meine Hausbedienten! Diese Nacht

Seid fröhlich beim Gelag'! – Gib mir die Hand,

Du warst ehrlich und treu: und so auch du,

Und du, und du, und du: ihr dientet brav,

Und Kön'ge waren eure Kameraden.

CLEOPATRA.

Was soll das?

ENOBARBUS beiseit.

Solch seltsam Ding, wie Kummer sprossend treibt

Aus dem Gemüt.

ANTONIUS.

Und ehrlich bist auch du. –

Würd' ich in euch, die vielen, doch verwandelt,

Und ihr zusammen ausgeprägt zu einem

Antonius, daß ich euch könnte dienen,

So bündig, wie ihr mir!

DIENER.

Verhüt' es Gott!

ANTONIUS.

Gut denn, Kam'raden, heut bedient mich noch,

Füllt fleißig meine Becher; ehrt mich so,

Als wäre noch mein Weltreich eu'r Kam'rad,

Und folgsam meinem Ruf!

CLEOPATRA.

Was sinnt er nur?

ENOBARBUS.

Zum Weinen sie zu bringen.[759]

ANTONIUS.

Pflegt mich heut:

Kann sein, es ist das eure letzte Pflicht!

Wer weiß, ob ihr mich wiederseht, und tut ihr's,

Ob nicht als blut'gen Schatten; ob nicht morgen

Ihr einem andern folgt. Ich seh' euch an,

Als nähm' ich Abschied. Ehrliche, liebe Freunde,

Ich stoß' euch nicht von mir, nein, bleib' eu'r Herr,

Vermählt bis in den Tod so treuem Dienst. –

Gönnt mir zwei Stunden noch, mehr bitt' ich nicht,

Und lohnen's euch die Götter! –

ENOBARBUS.

Herr, was macht Ihr,

Daß Ihr sie so entmutigt? Seht, sie weinen,

Ich Esel rieche Zwiebeln auch: ei, schämt Euch,

Und macht uns nicht zu Weibern! –

ANTONIUS.

Ha, ha, ha! –

So will ich doch verhext sein, meint' ich das!

Heil sprieße diesem Tränentau! Herzfreunde,

Ihr nehmt mich in zu schmerzensvollem Sinn,

Denn ich sprach euch zum Trost: ich wünschte ja,

Daß wir die Nacht durchschwärmten; wißt ihr, Kinder,

Ich hoff' auf morgen Glück, und will euch führen,

Wo ich ein siegreich Leben eh'r erwarte,

Als Tod und Ehre. Kommt zum Mahle, kommt,

Und alle Sorg' ertränkt!

Alle ab.


Quelle:
William Shakespeare: Sämtliche Werke in vier Bänden. Band 4, Berlin: Aufbau, 1975, S. 759-760.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Antonius und Cleopatra
Antonius und Cleopatra.
Antony and Cleopatra/ Antonius und Cleopatra [Zweisprachig]
Antonius und Cleopatra (Theatralische Werke in 21 Einzelbänden, Bd.10)
Julius Cäsar /Antonius und Cleopatra /Coriolanus
Antony and Cleopatra / Antonius und Kleopatra: Englisch-deutsche Studienausgabe (Engl. / Dt.) Englischer Originaltext und deutsche Prosaübersetzung

Buchempfehlung

Platen, August von

Gedichte. Ausgabe 1834

Gedichte. Ausgabe 1834

Die letzte zu Lebzeiten des Autors, der 1835 starb, erschienene Lyriksammlung.

242 Seiten, 12.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Michael Holzinger hat sechs eindrucksvolle Erzählungen von wütenden, jungen Männern des 18. Jahrhunderts ausgewählt.

468 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon